Sarania - Das Vermächtnis der Magier (German Edition)
reinigen. Da der Hohlraum recht geräumig war, legte sie dort seit geraumer Zeit ihr wertvollstes Hab und Gut ab, abgesehen von ihrem Schmuck die Einnahmen aus den Geschäften mit Norful.
Milla erinnerte sich noch immer lebhaft an die erste Begegnung mit ihm. Vor fast einem halben Jahr hatte ihr einer der Köche der Akademie eine Schriftrolle überbracht. Damals hatte sie sich gefragt, wer derjenige war, der sie auf so mysteriöse Art und Weise kontaktierte. Die schnörkellose, mit schwarzer Tinte verfasste Nachricht war kurz und prägnant gewesen:
An die Bibliothekarin der Alanur-Akademie
Ich schlage Euch ein lukratives Geschäft vor. Euer Aufwand wäre gering, die Entlohnung dafür äußerst formidabel. Bei Interesse kommt beim nächsten Vollmond zum Stadttor, dort können wir alles Weitere besprechen.
Zunächst war Milla sich nicht sicher gewesen, ob sie tatsächlich zum besagten Treffpunkt gehen sollte, aber die Vergütung, von der in der Nachricht die Rede gewesen war, hatte sie schließlich überzeugt. Zwar verdiente sie als Bibliothekarin nicht schlecht, doch größere Sprünge konnte sie sich damit nicht gestatten; außerdem war es seit ihrer Jugendzeit ihr Lebenstraum gewesen, in einem eigenen Haus zu residieren, mit einer prächtigen Gartenanlage und Statuen aus Marmor. Sollte die Bezahlung so lohnend sein wie versprochen, war es unter Umständen möglich, diesen Traum eines Tages zu verwirklichen.
So war es dazu gekommen, dass sie d en undurchsichtigen, zu Überheblichkeit neigenden Norful kennen gelernt hatte. Sein Auftrag an sie war verblüffend simpel strukturiert gewesen: Milla sollte ihm Bücher aus der Akademie-Bibliothek beschaffen; alles Werke, die, das wusste Milla sogleich, der verbotenen Abteilung entstammten. Und alle kreisten um das Thema der magischen Barrieren. Sie persönlich litt nicht darunter, diese Schriften endlich loswerden zu können, schließlich genossen sie kein besonders hohes Ansehen, nein, man fürchtete sie sogar aufgrund von Zoranos Wirken in den letzten Jahren.
Norful hatte ihr als Anfangskapital hundert Dularen au sgehändigt und weitere tausend versprochen, sobald alle Bücher, die er begehrte, in seinen Besitz übergegangen waren. Dafür verlangte er äußerste Diskretion, es dürfe niemand bemerken, dass bestimmte Werke fehlen, deshalb sollte Milla nie zu viele auf einmal entwenden.
Seitdem traf sie sich bei jedem Vollmond mit dem unhei mlichen Hünen; sie hatte bereits dreitausend Dularen zusammen – mehr noch, als ihr damals versprochen worden war. Das nächste Treffen würde das letzte sein, Norful würde die verbliebenen Bücher erhalten und sie hatte mutmaßlich für den Rest ihres Lebens ausgesorgt. Mit Norfuls Geld und dem Arbeitslohn, den sie vom Akademieleiter erhielt, konnte sie sich zur Ruhe setzen. Die Leute würden nicht einmal munkeln, denn außerhalb der Akademie war sie nahezu unbekannt.
Nachdem Milla sich vergewissert hatte, dass der Betrag in dem Beutel stimmte, legte sie ihn zu den anderen Wertsachen ins Geheimfach, und hängte das Bild wieder so davor, dass es die geheime Öffnung verbarg.
Das Kanalsystem, welches sich wie ein zu groß geratenes Spinnennetz unter Alanurs Häusern erstreckte, war Norful mehr als vertraut. Er kannte die Wasserstraßen bestens, war er doch in Alanur geboren, und hatte den Großteil seiner Kindheit hier verbracht.
Als er aus dem Tunnel hinausschritt, der ihn wieder ins Freie geführt hatte, sog er di e frische Nachtluft ein. Er schaute sich um und prüfte mit allergrößter Sorgfalt, ob die Bücher sicher unter seinem Gewand verstaut waren; dann marschierte er zügigen Schrittes voran.
Ein langer und unwegsamer Marsch lag vor ihm. Sein Ziel, die Belfang´sche Hauptstadt Rivania, war einige Tagesmärsche von hier entfernt . Weil er vorwiegend nachts reiste, um keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen, musste er unbedingt so viele Meilen wie möglich hinter sich bringen, ehe die Morgendämmerung hereinbrach.
Er schwitzte und das Atmen fiel ihm schwer. Nur noch ein letztes Mal, dann würde er all die Bücher besitzen, die auch nur im Entferntesten magische Barrieren thematisierten. Und dann würde niemand in Sarania darüber Informationen einholen können und seinen Herrn, Lord Zorano, mit etwaigen Angriffsversuchen behelligen. Solange der Schutzwall, den sein Gebieter eigenhändig erschaffen hatte, existierte, würde Zorano von der Hand seiner Feinde gänzlich unangetastet bleiben; nichts sehnlicher
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