Sarania - Das Vermächtnis der Magier (German Edition)
ein bisschen mehr Verständnis angebracht.“
Norful grinste und strich sich durch das wilde, dunkelblonde Haar . „Spiel dich nicht so auf! Hast du die Ware?“, wollte er arrogant wissen.
„Selbstverständlich! Andernfalls wäre ich wohl kaum hier erschienen.“ Sie nickte in Richtung Stadttor, das sich wie ein bedrohlicher Riese als Silhouette im Mondlicht abhob.
Anschließend holte sie sieben Bücher hervor, die sie unter ihrer Robe mit sich getragen hatte. „Hätte ich mehr genommen, wäre es zu auffällig gewesen.“
Der Hüne bedachte sie mit einem süffisanten Schmunzeln. „Mach dir mal keine Gedanken, ich bin durchaus zufrieden mit deiner Arbeit.“ Er streckte seine rechte Hand aus und reichte der Bibliothekarin einen Beutel aus Leder. Milla musterte die knochige Hand mit den unnatürlich langen Fingern, die an große, bleiche Spinnen erinnerten, dann fragte sie: „Wie viel?“
„Fünfhundert Dularen, wie abgesprochen.“
Milla nickte. Norful betrog sie nicht, das hatte er bisher nie getan, auch wenn er ein Schuft sein mochte. Sie nahm den Beutel an sich und überreichte ihm die Bücher, die er unter seiner Kutte verschwinden ließ.
„Wie viele fehlen noch?“
„Insgesamt acht Werke; ich denke, dass ich sie beim nächsten Mal alle mitbringen kann – auch wenn mir schleierhaft ist, wieso jemand dermaßen hohe Summen für solche Schmöker ausgibt.“
Norfuls rötliche Augen fla ckerten jäh auf.
„Du weißt, dass dich das nicht zu interessieren hat! Gehorche mir einfach und du erhältst weiterhin deine Dularen. Sobald ich alle Bücher habe, hast du ausgesorgt. Mit dem Vermögen, das ich in dich und deine Arbeit investiert habe, könntest du dich absetzen und irgendwo ein angenehmes Leben führen. Lass diese schnöde Akademie hinter dir!“
Sie schaute ihn verächtlich an. „Ein angenehmes Leben? Wo soll das denn in Zukunft noch möglich sein? Zorano b eherrscht bald drei von vier Ländern Saranias. Ich kann froh sein, wenn ich hier in Alanur irgendein ruhiges Anwesen finde.“
Norful warf ihr einen geringschätzigen Blick zu und zuckte mit den Schultern. „Na ja, ist deine Angelegenheit, was du mit dem ganzen Geld anstellst. Die nächste Übergabe findet wieder bei Vollmond an gleicher Stelle statt.“
Sie nickte und Norful verschwand daraufhin geräuschlos , einem Schatten gleich, in der Dunkelheit, die ihn sogleich verschluckte.
Millas Weg zurück zur Akademie war geprägt von Vorsicht. Obgleich es unwahrscheinlich war, dass sie zu dieser späten Stunde jemandem auf den Straßen Alanurs begegnete, hegte sie nicht das Bedürfnis, unnötige Risiken einzugehen. Während sie durch zahlreiche, verwinkelte Gassen schlich, die an ein Labyrinth erinnerten, überdachte sie ihr Vorgehen. Es war schwierig gewesen, die Akademie zu verlassen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. In den Gängen, Hallen und Korridoren streifte immer irgendjemand herum, und sie konnte es sich nicht erlauben, gesehen zu werden, das würde zu peinlichen Fragen führen. Schließlich beschrieben die Bibliothekssäle der Zwillingstürme ihr Refugium, das sie nur selten verließ. Selbst das Zimmer, das sie innerhalb der Institution bewohnte, lag in unmittelbarer Nähe zur Bibliothek im rechten Zwillingsturm.
Als sie das Hauptportal erreicht hatte, atmete sie auf. Die Stadt hatte sie hinter sich gelassen, nun musste sie unbemerkt zu ihrem Zimmer gelangen. Zu ihrem Glück besaßen alle Bediensteten der Akademie, sie eingeschlossen, einen Schlüssel für das zweiflügelige Haupttor, das sie nun ohne Schwierigkeiten öffnete.
D ie weitläufige Eingangshalle war in fast völlige Dunkelheit getaucht, doch das hereinschimmernde Mondlicht erleichterte ihr die Sicht. Behutsam setzte sie ihren Weg fort, streng darauf bedacht, jeglichen Laut zu vermeiden, bis sie zu guter Letzt vor ihrem Zimmer angelangt war. Sachte entriegelte sie die Tür, schloss diese anschließend ab, und ließ sich auf ihr Bett sinken. Außer der Pritsche befanden sich ein kleiner Schrank und ein von Blattgold eingerahmtes Gemälde in ihrer Wohnstätte. Das Bild zeigte einen blutroten Sonnenuntergang vor der Kulisse eines Meeres, dessen Wellen sich an scharf aufragenden Klippen brachen. Weitaus interessanter jedoch war die Öffnung, die sich unmittelbar dahinter erstreckte und dementsprechend von außen nicht eingesehen werden konnte. Milla hatte sie schon vor Jahren entdeckt, als sie das Bild aus seiner Wandhalterung gelöst hatte, um seinen Rahmen zu
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