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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Änderungen vornehmen. Vielleicht sind wir halbkeltische Provinzler, aber wir können dennoch zivilisiert leben.
    Jetzt stürzte er sich mit einer solchen Hingabe in das neue Projekt – den Anbau von Räumen, die Erweiterung des Innenhofes, die Planung aller Einzelheiten mit Numex –, als handelte es sich um die großen Bäder von Aquae Sulis. Zu Maeves Ärger wurden ganze Fußböden herausgerissen, Wände entfernt, und monatelang war die Villa unbewohnbar, so daß sie und die Kinder in das alte keltische Gehöft ausquartiert wurden. Während des Grabens machte Numex eine Entdeckung. Zu seiner Überraschung traf seine Hacke unter dem Hauptraum des Hauses auf Stein, wo er nur Kalk oder Lehm erwartet hatte. Dies wiederholte sich, bis er feststellte, daß er die Steine in einem Kreis von etwa drei Metern Durchmesser entfernen mußte, um das Hypokaustum einzubauen. Er war auf Reste eines früheren Wohnhauses gestoßen. Der Steinkreis bereitete keine Probleme, aber auf einer Seite fand er einen Schutthaufen. Darin entdeckte er, eingebettet in eine dicke Tonschicht, zusammen mit drei Feuersteinpfeilspitzen, eine kleine Steinfigur, nicht größer als seine Faust, die offenbar eine nackte Frau darstellte. Es wäre ein Vergehen gewesen, sie wegzuwerfen, also säuberte er sie und brachte sie zu Porteus. Der Römer wendete die kleine Steinfigur in seiner Hand hin und her. Sie war primitiv geformt, dachte er, doch irgendwie hatte der plumpe, großbrüstige Torso etwas sehr Anziehendes. Er überlegte, wen die Figur darstellen könnte.
    »Ich glaube, es ist eine Figur der Göttin Sulis«, sagte Numex. Porteus untersuchte sie noch einmal. Vielleicht hatte Numex recht. »Wenn es die Göttin Sulis ist«, erklärte Numex, »ist sie heilig und muß in einem Schrein stehen. Laß mich einen neben dem Badehaus bauen.« Es belustigte Porteus, daß der Kelte dieses primitive Figürchen für eine Gottheit hielt. »Nun gut«, lachte er, »die Göttin Sulis Minerva soll ihren Tempel neben unserem Bad haben.«
    Numex errichtete einen Schrein an der Westseite des Badehauses. Er maß nur einen Meter zwanzig im Quadrat. Auf dem kleinen Altar stellte er sorgfältig den kleinen Torso auf.
    So erhielt die kleine Figur von Akun, der Frau des Jägers, nachdem sie fast zweitausend Jahre in der Erde geruht hatte, wieder ein Zuhause. Im nächsten Sommer war die Villa vollendet.
    Als Porteus Tosutigus das Ergebnis vorführte, strahlte dieser vor Stolz. Beidseitig des Hauses zogen sich Seitenflügel vor. Einer enthielt das Badehaus. Dahinter befand sich ein großer Hof mit Kopfsteinpflaster, an allen vier Seiten von eleganten Arkaden umgeben. Die Böden des Hauses waren jetzt aus Stein, der Hauptraum war mit Marmor ausgelegt; unter allen Böden liefen Numex’ Warmluftkanäle, die die Hitze aus einem Ofen im hinteren Teil des Anwesens herleiteten. Im Badehaus gab es ein hübsches Mosaik, an dessen Rändern auf Porteus’ Wunsch die stattlichen Fasane dargestellt waren, die er auf dem Gut eingeführt hatte. Zu Tosutigus’ Entzücken schmückte den Hauptraum ein Fenster aus dickem grünem Glas, das das Sonnenlicht filterte. An römischen Maßstäben gemessen, war es ein Bauernhaus, für Sarums Verhältnisse jedoch ein Palast.
    Maeve beobachtete alle diese Veränderungen ohne Kommentar. Sie hatte nichts gegen das Haus einzuwenden, konnte sich aber auch nicht dafür erwärmen. Porteus störte das nicht weiter. Jetzt, da er seine Söhne erziehen konnte, drängte es ihn nicht mehr, sie in Latein zu unterweisen oder sie dazu zu bringen, römische Sitten anzunehmen. Er hatte sich an seine Frau gewöhnt, wie sie war, und Maeve war zufrieden. Sie war immer noch stolz auf die Talente ihres klugen Gemahls und auf seine wichtige Stellung in Aquae Sulis. Sie freute sich, daß die Villa ihrem Mann und ihrem Vater gefiel. Doch für sie waren das typische Männerangelegenheiten.
    Als ihre beiden Söhne älter wurden, spielte sich die Beziehung zwischen ihr und ihrem Mann auf angenehme Weise ein. Während sie viel Zeit mit ihrer Tochter verbrachte, sie in den hergebrachten keltischen Gebräuchen unterwies und manchmal auf den Hügel ritt, um den sie sich kümmerte, hatte sie mehr Zeit für sich. Nachts, wenn Porteus nicht zu müde war, erwachte etwas von ihrer früheren Leidenschaft für ihn, die manchmal scheinbar erwidert wurde.
    Doch die Barriere, die sie in den letzten Jahren zwischen ihnen aufgerichtet hatte, ließ sich nicht leicht durchbrechen, und manchmal schien

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