Sarum
ein hervorragendes Mahl zubereitet hatte. Sie sorgte für ihn und die Kinder, und in dieser Nacht liebte sie ihn leidenschaftlich. Zu Porteus’ Überraschung hatte Tosutigus nicht an der Mahlzeit teilgenommen. Auch am nächsten Tag ließ der Stammesfürst sich nicht sehen. Auf Porteus’ Frage sagte Maeve, ihr Vater sei auf seinem Hof beschäftigt. Weiteren Fragen wich sie aus. Am nächsten Abend war es das gleiche, und nun war eines klar: Tosutigus wußte Bescheid. Maeve jedoch wirkte unbekümmert, benahm sich, als ob nichts geschehen wäre, so daß Porteus sich über ihre Beherrschung wunderte. Zwei weitere Tage vergingen; er zog es vor, Tosutigus nicht zu begegnen, obwohl dies ein Eingeständnis seiner Schuld war; die vielsagende Abwesenheit des Stammesoberhauptes war ihm jedoch so unangenehm, daß er Maeve schließlich sagte, er müsse wieder für eine Weile nach Aquae Sulis zurück. Sie äußerte sich nicht dazu, beim Abschied küßte sie ihn und winkte ihm nach.
Als sie allein war, überkam sie Verbitterung.
Sie wußte schon länger von der Affäre, nicht von Numex, sondern von anderen, die das Paar zusammen gesehen hatten. Zuerst hatte sie nichts als Zorn und Erniedrigung empfunden. Dann aber war in ihr eine plötzliche, heftige Leidenschaft zu ihm aufgeflammt: Der Gedanke an eine andere Frau in seinen Armen ließ sie erzittern und erblassen; sie begehrte ihn wieder. Sie hatte kaum noch an ihre Kinder gedacht und Stunden damit verbracht, ihren Körper auf Mängel hin zu prüfen, die ihn möglicherweise dazu bewegt hatten, das Sklavenmädchen ihr vorzuziehen.
Sie hatte sich auch an einige ältere Frauen in Sarum gewandt, deren Rat sie schon seit ihrer Kindheit gesucht hatte. Sie hatten ihr geholfen. »Wenn du das Mädchen verjagst, findet er eine andere«, hatten sie gesagt. »Es gibt bessere Mittel, einen Mann zu halten: andere Heilmittel.«
Und sorgfältig hatten die weisen Frauen ihr erklärt, wie sie vorgehen mußte.
Als Porteus und Numex wieder in Sarum waren, hatten Maeves Dienerinnen den kleinen Handwerker lange in Anspruch genommen. Danach war er mit einem Päckchen für seine Frau nach Hause gegangen; und als er mit Porteus wieder ins Bad zurückkehrte, blickte er noch in sich gekehrter und ernster als sonst drein.
In der Nacht nach Porteus’ Abreise ereignete sich nun etwas Seltsames: Maeve verließ in Begleitung von elf Frauen aus Sarum die Villa, und sie gingen schweigend auf den Hügel zu der Lichtung mit dem Schrein. Als der Mond über den Bäumen aufging, setzten sie sich in einem engen Kreis nieder, so daß sie einander berührten. Nun machten zwei Dinge die Runde: ein Stück Stoff von einem Leinengewand, das Porteus häufig trug, zu einer Kugel zusammengebunden; das andere war eine kleine Tonfigur mit bemaltem Gesicht, die dem Mädchen aus Judäa erstaunlich glich.
Die Frauen fingen leise an zu singen: alte keltische Zaubergesänge, die Sulis, Modron und andere mächtige Göttinnen anriefen. Dann erinnerte eine alte Frau die Göttinnen feierlich daran, daß Maeve die rechtmäßige Gemahlin des Römers war. Die Gesänge wurden wiederholt, während die beiden Gegenstände dreimal von Hand zu Hand gereicht wurden. Danach legte man das Stück Stoff und die kleine Figur in die Kreismitte, und die Frauen riefen, eine nach der andern, die Namen: »Porteus! Naomi!« Schließlich erklärte die älteste Frau: »Sie sind genannt.«
Danach erhoben sich alle und gingen ohne ein weiteres Wort auseinander. Am folgenden Nachmittag, an dem sie allein zu Hause war, stellte Maeve einen Topf aufs Feuer und bereitete nach den Anweisungen der älteren Frauen ein seltsames Gebräu aus Wurzeln und Kräutern. Beim Kochen verbreitete sich ein schier unerträglicher Gestank; sie tat jedoch, wie ihr geheißen, band einen Faden um die kleine Tonfigur, die Naomi darstellte, und tauchte sie dreimal langsam in die Flüssigkeit, wobei sie jedesmal die Worte wiederholte: »Trink, Naomi, auch wenn es bitter schmeckt.«
An den drei folgenden Tagen wiederholte sie die Prozedur.
Porteus war überrascht, Numex mit der Köchin im Haus in Aquae Sulis ins Gespräch vertieft zu finden; noch mehr überraschte ihn, daß der Handwerker ohne ein Wort hinausschlüpfte, als er auf ihn zuging. Aber er dachte nicht weiter darüber nach.
In der Nacht war er wie üblich mit dem Mädchen zusammen und erlebte grenzenlose Leidenschaft. Sie schliefen beim Schein einer Kerze ein. Um Mitternacht erwachte er zitternd und schweißgebadet. Er
Weitere Kostenlose Bücher