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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Sklaverei verkauft.« Porteus nickte langsam.
    Sie war sehr jung, das sah er; ihre großen braunen Augen blickten leicht verängstigt, aber etwas sagte ihm, daß sie zuverlässig war. »Du wirst hier gut behandelt werden«, sagte er und wandte sich wieder seinen Plänen zu.
    Zwei Tage danach kehrte er nach Sarum zurück und kam erst einen Monat später wieder nach Aquae Sulis. Er hatte das Sklavenmädchen vergessen, aber als er sie abends wiedersah, erinnerte er sich an ihr Gespräch.
    Als sie am nächsten Abend ins Zimmer trat, legte er seine Arbeit nieder und sprach freundlich mit ihr. Ob sie zufrieden sei? Ob sie genug zu essen bekomme? Sie nickte und antwortete in annehmbarem Latein. Sie war hübsch, hatte eine weiche Haut und noch eine Spur Kinderflaum auf den Wangen. Aber die großen braunen Augen blickten traurig und abwehrend.
    Er erfuhr, daß sie gleich von ihrer Familie getrennt und von einem Beamten gekauft worden war, der nach Nordgallien reiste. Der Rest der Geschichte war, wie er erwartet hatte: Ein Jahr später kehrte der Beamte nach Rom zurück und verkaufte sie einem Händler, der sie nach London brachte und an einen Händler weiterverkaufte, der durch Aquae Sulis kam.
    »Hoffst du, eines Tages nach Judäa zurückzukehren?« fragte er nebenbei, ohne seine Frage ernst zu nehmen.
    »O ja«, antwortete sie mit unerwarteter Eindringlichkeit. »Dort verehren die Menschen den wahren Gott.«
    »Du verehrst also nicht Apoll, Minerva oder irgendeinen anderen römischen Gott?« fragte er neugierig.
    Sie blickte zu Boden – offenbar fürchtete sie, ihn zu verärgern. Sie schüttelte den Kopf. Er zuckte nur die Achseln.
    Im Laufe der Tage wurde es ihm zur Gewohnheit, das junge Sklavenmädchen abends zu sich zu rufen und sie über ihr Leben und ihre Religion auszufragen. Nach der harten Arbeit des Tages war ihm das ein angenehmer Zeitvertreib.
    Bald stellte sich heraus, daß dem Mädchen dieser namenlose unsichtbare Gott, der nach seinen Worten die Welt erschaffen hatte und der Ursprung von Wahrheit und Gerechtigkeit war, über alles ging. »Der Kaiser ist die Quelle der Gerechtigkeit«, sagte er lachend, »denke lieber daran.«
    Es machte ihm immer mehr Freude, sie zu befragen – nicht weil er verstand, was sie über ihren allmächtigen Gott erzählte, sondern weil ihn die Inbrunst ihres Glaubens faszinierte.
    Im Winter jedoch bahnte sich in Sarum eine neue Entwicklung an, die ihn für eine Weile so in Anspruch nahm, daß er das Mädchen beinahe wieder vergessen hätte. Numex brachte sie ins Rollen, als er eines Tages mit einem Vorschlag ankam. »Warum bauen wir nicht die Villa in Sarum aus und machen eine echte römische Villa daraus?« Und als Porteus ihm umständlich die schwierige Beschaffung von Facharbeitern auseinandersetzen wollte, schüttelte der keltische Handwerker den Kopf und sagte: »All das kann ich jetzt selbst.«
    Porteus stellte fest, daß es stimmte: Der Kelte hatte so gründlich von den römischen Arbeitern gelernt, daß er bereits heimlich ein einfaches, doch völlig ausreichendes Hypokaustum-System für die Villa entwickelt hatte, sogar ein kleines Badehaus, dessen Tank aus einem Bach am Hang gespeist wurde.
    Porteus überdachte das Projekt ernsthaft; als er es mit Tosutigus besprach, konnte dieser den Baubeginn kaum erwarten. »Endlich«, rief er, »werden wir eine römische Villa haben, die es mit der von Cogidubnus aufnehmen kann!«
    Tatsächlich hatte Porteus in der letzten Zeit bereits ähnliche Gedanken gehegt. Das Geld dafür war nicht knapp: Die Familie kam durch das Landgut und sein neues Gehalt zu einer Wohlhabenheit, daß sie sogar einen kleinen Palast hätte bauen können. Er hatte bereits einen erstklassigen Hauslehrer für seine Söhne angestellt, hatte Verhandlungen über den Kauf eines Grundstücks in der Stadt Venta Belgarum aufgenommen, um dort für seine Familie ein weiteres Haus zu bauen und am geschäftlichen Leben der neuen Provinzhauptstadt teilzuhaben. Der Besuch von Marcus und Lydia hatte eine nachhaltige Wirkung auf ihn ausgeübt und seine Einstellung zu Sarum verändert. Das römische Paar hatte ihm deutlich gemacht, wie weit er sich von der römischen Kultur entfernt hatte.
    Alles, was ich habe, befindet sich in Sarum, mußte er sich nach ihrer Abreise eingestehen. Seine Frau, die nie in Rom leben wollte, seine Kinder, sein Besitz, seine Stellung. Der Plan, diesen Ort zu verlassen, war nur ein Selbstbetrug. In Anbetracht dessen mußte er jetzt und hier

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