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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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noch vor dem Stadttor, lag das Heim Le Portiers, des Aulnagers, ein großes dreistöckiges Gebäude aus Holz und Mörtel mit einem durchgehenden steilen Ziegeldach.
    Als Peter und Alicia dort ankamen, war nur die Mutter zu Hause. Im Vorbeigehen bemerkte Peter, daß sie ihnen einen neugierig-nachdenklichen Blick zuwarf. Vermutlich überlegte sie, wann er ihr Schwiegersohn werden würde.
    Er sah Alicias Mutter gern. Abgesehen von ihren ungewöhnlich veilchenblauen Augen gehörte sie zu jenen glücklichen Frauen, deren Erscheinung zwar nicht schön, doch so harmonisch war, daß sie nicht zu altern schienen. Auch das war ein Grund, warum er dieses Mädchen gewählt hatte. Ich will eine Frau, die bleibt, wie sie ist, dachte er immer. Sie gingen hinters Haus.
    Meist befanden sich im hinteren Teil der Grundstücke Werkstätten oder Lagerschuppen. Der Aulnager dagegen besaß dort einen kleinen, von einer Eibenhecke umgebenen Garten, darin zwei Geißblattgewächse und ein halbes Dutzend Rosenstöckchen. In der Mitte stand eine Holzbank. Erst als Alicia sich setzte, holte er das Geschenk hervor, das er auf dem Markt gekauft hatte.
    Es war ein kleines Silbermedaillon vom Stand eines Silberschmieds, hing an einem Silberkettchen und war an der Küste bei der Flußmündung hergestellt worden, wo es kleine offene Silberminen gab. Peter zog es eher beiläufig heraus, während sie ihn aufmerksam beobachtete. Beide wußten, daß dies ein entscheidender Augenblick war.
    »Das ist für dich.« Er reichte es ihr, plötzlich voller Hemmungen. Sie nahm es mit gesenktem Blick. »Und was hat das zu bedeuten?« Es kostete sie Mühe, ihre Stimme unbeteiligt klingen zu lassen. »Das sollst du tragen, weil du mir gehörst.« Es klang ein wenig zu großspurig.
    »Ist das so?« Sie freute sich, aber er sollte es nicht merken. Sie wollte, daß er noch mehr sagte. »Natürlich.«
    »Ist das nicht ein bißchen überheblich?«
    Peter genierte und freute sich gleichzeitig. Er zuckte lediglich die Achseln.
    »Vielleicht will ich dir gar nicht gehören.« Es lag eine warnende Ruhe in ihrer Stimme, doch er überhörte sie geflissentlich. Die leichte Röte auf ihren Wangen hätte ihm andeuten sollen, daß sie nicht froh war, aber es gab ihm eher ein Gefühl der Macht. Halb Mann, halb Junge, wollte er sie zwingen nachzugeben.
    »Ich habe dir ein Medaillon geschenkt«, sagte er kühl. Sie wollte es eben umlegen, da hielt sie inne. »Hast du mir sonst nichts zu sagen?« Warum sagte er ihr denn nicht, daß er sie liebte? Er wußte, was sie wollte, aber plötzlich machte ihn das sehr verlegen. »Es gibt eine Menge Mädchen, die das tragen möchten, wenn du es nicht willst«, prahlte er und starrte sie triumphierend an.
    Für sie war das wie ein Schlag in den Magen. Sie spürte, daß sie blaß wurde. Einen Augenblick lang konnte sie kein Wort sprechen. Sie nahm alle Kraft zusammen und hielt die aufsteigenden Tränen zurück. »Dann nimm es doch!« Sie konnte das Schluchzen nicht mehr unterdrücken. »Ich will es nicht, und dich auch nicht!«
    Er war zu weit gegangen und überlegte, wie er es rückgängig machen könnte, aber nun verhielt er sich nicht sonderlich klug. »Ich bin keine schlechte Partie für dich«, spielte er sich auf. »Ich bin ein reicher Mann.«
    Die nun folgende Stille kam ihm sehr lang vor, doch ihre Augen waren nie veilchenblauer gewesen als eben jetzt, während sie das Weinen zurückhielt und ihn mit kalter Verachtung betrachtete. »Du bist kein Mann, das sage ich dir, du bist ein kleiner Junge. Und ich will dich nicht. Bitte, geh jetzt!« Ruhig reichte sie ihm das Medaillon zurück. »Ich will dich nie mehr sehen.«
    Peter hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er den Schmuck schweigend entgegennahm. Da er nicht wußte, was er tun sollte, machte er einfach kehrt.
    Sie würde schon wieder einlenken.
    An diesem Abend nahm die Mutter Alicia mit nach oben und begann sie umzukleiden, wobei sie dem überraschten Mädchen lächelnd mitteilte: »Du mußt heute abend sehr schön sein, Alicia.« Auf ihre Frage, warum, stellte die Mutter ihr mit nachdenklichem Blick eine Gegenfrage: »Wen, glaubst du, wirst du heiraten?« Normalerweise hätte Alicia darauf geantwortet: Wahrscheinlich Peter Shockley. Doch nun, da sie ärgerlich auf ihn war, sagte sie: »Wer weiß?«
    Ihre Mutter nickte. »Shockley ist ein netter Junge«, bemerkte sie rasch, »und ich mag ihn gern. Aber er ist sehr jung und nur der Sohn eines Kaufmanns. Er wird nie etwas Besseres

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