Sarum
bedeuten. Sein Argwohn bestätigte sich unmittelbar darauf, als das Pferd des Ritters sich vor ihm aufbaute und Godefroi voll Verachtung auf ihn hinunterblickte. »Webt die Familie deiner Frau ihr Tuch nicht auf meinem Land?« erkundigte er sich kurz. William nickte.
»Gut. Bald werden sie es in meiner Mühle walken.« Er trieb sein Pferd an, und der Wagen mit den Shockleys ratterte hinter ihm her. Also mußte er das Tuch, das er bisher billig in Wilton gewalkt hatte, das Tuch aus seiner eigenen Wolle, von nun an in eine Mühle bringen, die den verdammten Shockleys gehörte. Jetzt mußte er an sie und Godefroi zahlen, bis er ruiniert war. Es gab absolut nichts auf der Welt, was er dagegen unternehmen konnte.
Wütend packte er seinen Karren und zog mit ihm von dannen. »Verdammt seien sie alle! Der Bischof und seine Brücke, der Aulnager, der Jude und die Shockleys!« brüllte er.
Aaron machte einen kurzen Halt auf dem Marktplatz, und so trafen Godefroi und die beiden Shockleys zuerst auf den Kanonikus Portehors. Da der Ritter nichts von dem wußte, was an jenem Morgen zwischen dem Priester und Osmund gesprochen worden war, zügelte er völlig arglos sein Pferd und winkte den Jungen zu sich heran. Doch bevor Osmund, der neben dem Graben kniete, sich erheben konnte, wurde er energisch von dem Kanonikus zurückgestoßen, der ärgerlich auf den Ritter zuschritt. »Was wollt Ihr von dem jungen Mann?«
Ruhig musterte Godefroi den Priester vom Pferd herab. »Ich wünsche mit ihm zu sprechen. Er ist mein Leibeigener.«
»Er ist beschäftigt.«
Godefroi neigte höflich sein Haupt. »Ich werde ihn nur einen Augenblick aufhalten, Kanonikus Portehors.«
Doch dieser gab nicht nach. »Falls es Eure Absicht ist, ihn von seiner Arbeit hier wegzulocken, verbiete ich das.«
Godefroi richtete sich hoch auf. Der Priester hatte keine Rechte an dem Jungen im Gegensatz zu ihm, seinem Lehnsherrn. »Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euch nicht einmischen würdet«, bemerkte er scharf. Portehors rührte sich nicht von der Stelle. Der Ritter beachtete ihn nicht weiter und sagte freundlich zu Osmund: »Wir brauchen dich morgen zur Arbeit in der Mühle. Melde dich bei Tagesanbruch beim Aufseher.«
»Er ist für die Arbeit an der Kirche angestellt«, erklärte der Kanonikus. Godefroi runzelte überrascht die Stirn. »Aber er zieht doch Gräben in der Straße.« Dabei deutete er auf die halbfertige Wasserrinne. Portehors zögerte nur einen Augenblick. »Morgen beginnt seine Arbeit in der Kathedrale. Beleidigt nicht die Kirche Gottes, oder ich wende mich an den Bischof, und der spricht dann wohl mit dem König!«
»Das ist absurd«, erwiderte der Ritter völlig zu Recht. Godefroi war klug genug, sich vorzusehen, denn der Kanonikus Portehors und seine Kirche konnten ihm gefährlich werden.
Während Portehors den Ritter musterte, hatte er ein siegessicheres Gefühl, und das stimmte ihn froh. Er hatte die Schriften von Grosseteste Wort für Wort gelesen und wußte, wie er sich zu verhalten hatte. Zuerst deutete er auf Godefroi, dann auf die beiden Shockleys und rief plötzlich: »Die Sünde des Stolzes, Jocelin de Godefroi. Ich sehe sie in Euch. Und Ihr, Edward Shockley: In Eurer Seele wohnt der Geiz.« Er hielt inne, dann blieb sein Blick an Peter Shockley hängen. »Unkeuschheit!« schrie er triumphierend. »Ich sehe die Sünde der Unkeuschheit!«
»Jeder Achtzehnjährige hat die Unkeuschheit in sich«, murmelte Godefroi.
Doch nun hatte Portehors sich in den Zustand veritabler Überlegenheit hineingesteigert. »Tut Buße für Eure Sünden«, sagte er gebieterisch, »und versucht nicht, Gottes Werk mit Euren Plänen zu durchkreuzen.« Es entstand eine peinliche Pause. Inzwischen hatte sich eine kleine Menschenmenge angesammelt. Godefroi zögerte. Die Shockleys beobachteten ihn gespannt, und Osmund hielt den Atem an. Gerade da kam Aaron, in Unkenntnis des Dramas, das sich abspielte, um die Ecke, ritt langsam neben Godefroi, verbeugte sich höflich vor Portehors, warf einen Blick auf Osmund und bemerkte gutgelaunt zum Ritter: »Ist das der junge Bursche, der unsere Mühle baut?« In diesem Augenblick sah der Kanonikus Stephen Portehors, gestrenger Vorgesetzter und Moralprediger, die Situation klar: Die Sittenlosigkeit dessen, was da vor sich ging, bohrte sich wie ein Stachel in sein Fleisch. »Wucherer!« schrie er Aaron an. Das war in seinen Augen das schlimmste Verbrechen. »Erbärmliche Sünder!«
Aaron blickte ihn kühl an. Die
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