Sarum
schon eine Lösung«, meinte er bedrückt.
Alicia sagte nichts, doch als Peter am nächsten Morgen das Haus verlassen hatte, zog sie sich eine halbe Stunde lang in ihr Zimmer zurück. Danach lächelte sie, zufrieden mit dem Ergebnis. An jenem Mittag wunderten sich die Bediensteten des Herrenhauses von Avonsford über die Frau, die nicht wie die Gattin eines Kaufmanns in den einfachen Ärmelrock und den Pelzumhang gekleidet war, sondern in die reich bestickten Gewänder einer Lady mit Brusttuch und Haube, und die, als sie hoheitsvoll in den Hof einritt, einem Diener gebieterisch zurief, ihr beim Absitzen behilflich zu sein.
In den zwanzig Jahren als Herrin im Haus von Geoffrey de Whiteheath hatte Alicia das vornehme Benehmen einer Lady gelernt, und als sie nun in Jocelins Halle rauschte, erhob sich der Ritter trotz ihrer jetzigen Position ganz selbstverständlich und verbeugte sich respektvoll. Sie verlor keine Zeit und sprach ihn auf französisch an. »Ich weiß, Seigneur, daß Ihr vorhabt, meinen Gemahl aus seiner Mühle zu vertreiben.«
Er neigte verlegen den Kopf, doch unter dem festen Blick ihrer veilchenblauen Augen konnte er nicht vermeiden, daß er errötete. »Ich kam ohne sein Wissen hierher, denn – Ihr werdet mir meinen Hochmut vergeben – ich nahm an, daß ich der Grund sei. Aber vielleicht irre ich mich, und meine Gattenwahl hat Euch gar nicht interessiert.« Der Ritter lächelte über die reizende Art, auf die sie ihn fast zu einem Kompliment zwang. »Madame«, antwortete er in unverhohlener Bewunderung, »ich wäre stolz gewesen, hättet Ihr Interesse an meinem bescheidenen Haus gezeigt.«
»Dann lasse ich Euch wissen, daß Euer Haus und sein Besitzer von großem Interesse für mich waren«, erwiderte sie anmutig. »Doch nach zwanzig Jahren Ehe mit einem geliebten Mann, der aber eine Generation älter war als ich, beschloß ich, den Kaufmann glücklich zu machen, den ich in meiner Jugend wegen des anderen verlassen habe. Nun sieht es so aus, als hätte ich Shockley nur großes Unglück gebracht, und ich bedaure, daß es von einem Mann kommt, den ich, wären die Umstände anders gewesen, vielleicht geliebt hätte.« Und mit höflicher Anmut rauschte sie wieder hinaus.
Als er an jenem Abend seinen kleinen Enkel besucht hatte, ging Jocelin de Godefroi in den Raum, wo er seine Bücher aufbewahrte, und nahm die polierte Stahlscheibe von der Wand, die ihm als Spiegel diente. »Du bist zu alt für sie«, sagte er ehrlich zu sich selbst, »welch eine Frau!« Am folgenden Tag erhielt Peter Shockley zu seiner Überraschung die Nachricht aus dem Herrenhaus in Avonsford, daß Godefroi seine Meinung geändert habe und die Mühle in Peters Hand bleiben sollte. Er fand nie heraus, warum.
In Sarum mit seiner Garnison blieb es ruhig, und wenn Montforts Partei auch wußte, daß Godefroi gegen sie gewesen war, war doch sein einziger Sohn für ihre Sache gefallen, und sie ließen ihn unbehelligt. Die Ereignisse von 1264 brachten Gefahr, aber auch Möglichkeiten mit sich. Einerseits war Montfort wieder an der Macht, und der König und sein Sohn Eduard, in dessen Namen er noch einmal regierte, waren fest in seinen Händen. Andererseits wurde er auch von allen Seiten bedroht. Doch trotz der Unsicherheit stand fast die gesamte Insel immer noch hinter Montfort: Die Freien Englands hatten eine Regierung, die an die Magna Charta und die Provisionen gebunden war. Sie hatten nicht die Absicht, die Zeit zurückzudrehen.
Ende des Jahres trat das bedeutende Ereignis ein, worüber Godefroi ungläubig den Kopf schüttelte und Peter Shockley, in die Hände klatschend, zu Alicia sagte: »Endlich! Jetzt erleben wir, daß der König einen guten Rat bekommt.«
Denn im Dezember berief Simon de Montfort sein berühmtestes Parlament für Ende Januar nach London ein.
Als der Januar vorüberging, wurde Peter immer erregter. Wiltshire sandte Ritter. Hätte sein Freund Jocelin de Godefroi teilnehmen wollen, wäre er vielleicht einer von ihnen gewesen. Aber es gab andere in Wiltshire ansässige Ritter, mit denen Peter offen sprechen konnte. Die Aussicht, daß diese Männer mit Bürgern wie ihm in Nationalratsversammlungen zusammenkommen würden, begeisterte ihn, und Ende Januar verkündete er: »Ich fahre nach London zu diesem Parlament.« Alicia hob die Augenbrauen. »Du kannst doch nicht teilnehmen.«
»Ich weiß.« Seine Augen leuchteten. »Diesmal nicht, aber ich kann doch zuhören.«
Alicia stand auf und küßte ihn. »Also geh
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