Sarum
sowie den weisen Berater William Cecil. Sie schätzten ihre Voraussicht und unterstützten sie in der Frage der klugen Ämterbesetzung wie etwa im Falle des sanften Gelehrten. Matthew Parker, ein Freund Cranmers, der zum Erzbischof von Canterbury ernannt wurde, oder im Falle des neuen Bischofs von Salisbury, John Jewel. Jewel verwandelte die Diözese von Sarum durch unermüdliche Arbeit und durch seine Predigten. Er brachte Edward Shockley schließlich dazu, mit sich selbst ins reine zu kommen. Shockley sollte sich immer an die Unterredung erinnern.
Der Bischof war klein, zartgliedrig, mit feinem, unregelmäßigem Gesicht und sanften, ausnehmend intelligenten braunen Augen. Die strenge wissenschaftliche Arbeit hatte den weisen Mann altern lassen, sein Haar wurde schütter.
Als er während Marias Herrschaft auf dem Kontinent im Exil gewesen war, hatte er fortschrittliche protestantische Lehren aufgenommen, in Sarum war er jedoch zurückhaltend.
»Ich muß Geduld haben, Master Shockley. Geduld ist mein Leitspruch. Ich werde die Dinge allmählich ändern. Und auch Ihr müßt Geduld lernen – sogar mit Euch selbst. Gott wird noch früh genug über Euch urteilen.«
Jetzt, da Edward nichts mehr zu fürchten brauchte, verlor sich sein Gefühl der Scham. Er gab Katherine gegenüber offen seine Bewunderung für Jewel zu, betonte jedoch, daß es genüge, wenn sich die Familie nach außen hin anpasse. Unter dieser Bedingung konnte sie ihrem Sohn und ihrer Tochter beibringen, was sie für richtig hielt. Auf dieser Basis hatte ihre Ehe seither ohne sonderliche Spannungen weiterbestanden. Die Kinder waren jetzt verheiratet. Die Tochter war, im Gegensatz zum Sohn, insgeheim Katholikin. Er erlebte, wie Abigail Mason Robert heiratete und zwei Kinder bekam. Sie war so blaß wie eh und je; aber er stellte fest, daß sie und ihre Familie lieber unauffällig an Elisabeths Gottesdiensten teilnahmen, anstatt Buße zu zahlen. Oft dachte er liebevoll an den armen Peter und fragte sich, ob Abigail es auch tat.
Während dieser Jahre traf er ein paarmal Nellie Wilson, die zu einer geachteten Ehefrau in Christchurch geworden war. Ihr Mann wurde auf seinen Seereisen so reich, daß die Adeligen ihn grüßten. Er spielte niemals auf Nellies Vergangenheit an; außer Abigail Mason waren wenige in Sarum, die sie von früher kannten. Piers Godfrey starb. Seinen Söhnen, die Handwerker waren, gab Edward manchmal kleinere Aufträge. Es stand nur eine Gewitterwolke am Horizont, die den von Edward Shockley so geschätzten Frieden bedrohte – das katholische Spanien: Philipp von Spanien rüstete für eine Invasion. Der spanische König hielt eine katholische Rivalin Elisabeths, ihre Kusine Maria, Schottlands Königin, die von den gestrengen protestantischen Anhängern des John Knox ihres Landes verwiesen worden war, in sicherem Gewahrsam in England – ein Signal zum Aufbruch für jeden katholischen Rebellen.
Philipp hatte auch die Unterstützung des Papstes. Da Elisabeth ihr Königreich nicht Rom überantwortet hatte, hatte er sie exkommuniziert, und, schlimmer noch, er hatte sogar gewisse Herren, die sich bereit erklärten, sie zu ermorden, Generalablaß zugesagt. Die drohende spanische Invasion beschäftigte Edward dieser Tage mehr als alles andere. In dieser Sache wollte er im folgenden Monat vor den Rat von Salisbury hintreten.
Katherine war überrascht, ihn so früh zurück zu sehen. Auf seine Frage, wer der Fremde gewesen sei, antwortete sie: »Ich kenne ihn kaum. Ein Goldschmied, glaube ich, ein Bekannter von John. Er wollte nur seine Aufwartung machen.« Sie lächelte. »Etwas anderes wird dich, glaube ich, mehr interessieren – vor zwei Stunden war Thomas Forest hier. Er möchte, daß du ihn in Avonsford besuchst.«
Bei dieser Nachricht wurde für Edward Shockley sofort alles andere nebensächlich: Was um alles in der Welt konnte Forest nach so vielen Jahren nun von ihm wollen?
Der Bruch zwischen Shockley und Forest hatte sich ganz allmählich vollzogen. Aber seit Jahren betrachtete Shockley ihn als endgültig. Es hatte damit begonnen, daß Forest sich einmal in einer Geschäftsangelegenheit geirrt hatte. Ihr gemeinsames Tuchunternehmen war kein großer Erfolg gewesen. Denn ihr wichtigster Markt, die Niederlande, fiel weg. Es lag an Spanien, das seinen Katholizismus und die grausame Herrschaft der Inquisition einer widerstrebenden Bevölkerung aufzwingen wollte. Den brutalen Truppen des Herzogs von Alba traten die holländischen
Weitere Kostenlose Bücher