Sarum
Streitmächte unter Wilhelm von Oranien tapfer entgegen. Die Folge waren chaotische Jahre. Der bedeutende Tuchhandel von Antwerpen litt darunter – ebenso wie Englands Tuchhändler.
Shockleys Unternehmen war natürlich auch davon betroffen. Er blieb jedoch nicht untätig, fand Märkte für seine besten Tuchbahnen und kurbelte nebenbei ein Geschäft mit gestreiftem Kersey – ein grober Wollstoff – und Spitze an.
Kurz vor dem Tod Bischof Jewels hatte Edward zu günstigen Bedingungen Forest ausbezahlt. Die Maßnahme ließ sich gut an. Sein Sohn und John Moody führten jetzt das Geschäft. Er ließ den Flamen die Schuld unter großzügiger Fristfestsetzung abzahlen, so daß für seine Familie gesorgt war; damit endete ihre Zusammenarbeit. Während die jüngeren Männer die tägliche Geschäftsführung übernahmen, wandte sich Shockleys Interesse zunehmend den Angelegenheiten der Stadt zu. Das betraf auch die arme Bevölkerung. Ebendies verursachte den Bruch mit Forest.
Die Armengesetze Elisabeths waren nicht sonderlich großzügig, aber sie räumten zum erstenmal ein, daß die Barmherzigkeit einzelner und der Kirche nicht ausreichten, der großen Zahl der Armen zu helfen. In Sarum gäbe es viele Arme. Spaniens jahrzehntelanger Goldimport aus der Neuen Welt hatten einen enormen Zuwachs an ungemünztem Gold gebracht und damit eine Inflation in ganz Europa hervorgerufen. Die Landbevölkerung war schwer betroffen.
Elisabeths Lösung war einfach und praktisch. Sie führte eine zwangsweise Armenabgabe ein, die den Bedürftigen zugute kommen sollte; sie richtete Lehrstellen und Arbeitshäuser für arme Kinder und Familien ein. Diese Organisation wurde von den Friedensrichtern geleitet.
Forest war mittlerweile Friedensrichter geworden. »Wenn ein Mann auch nur ein Bein hat, wird Forest sagen, daß er arbeiten kann«, beschwerte sich Edward. Es gab jetzt ein neues Arbeitshaus in der Stadt, das Bridewell. »Er behandelt die Armen wie Vieh.« Edward Shockley versuchte ständig, den Armen zu helfen. Moody unterstützte ihn. Einmal äußerte Forest ärgerlich, daß die Hälfte der Lehrlinge aus dem Armenhaus komme, und Shockley und Moody mußten lachend zugeben, daß es zutraf.
Immer wenn Forest versuchte, den Armen keine Unterstützung zu gewähren, brachten Shockley und seine Helfer das Thema wieder zur Sprache. Forest versuchte sie erst zu ignorieren, aber Shockley war inzwischen sehr einflußreich geworden. Er wurde in den Inneren Rat der Vierundzwanzig gewählt – seine Stimme hatte Gewicht in der Stadt. Das hatte zur Folge, daß Forest ihn seit dem Jahre 1570 völlig mied. Wenn sie sich trafen, war es rein formell; während Edward verbindlich blieb, reagierte Forest kalt und abweisend.
Shockleys großer Tag kam im Jahre 1574, anläßlich des Besuchs der Königin.
Zuerst kam sie nach Wilton. Dort saß jetzt ein neuer Graf, nicht so mürrisch wie sein Vater – ein Günstling Elisabeths. Am Freitag, dem 30. September, gab er ihr zu Ehren einen großen Empfang in seinem prächtigen Haus; für das Bankett am Samstag hatte er ein kunstvolles Blätterhaus im Wald von Clarendon errichten lassen, dann regnete es jedoch, und Elisabeth speiste drinnen. Dennoch jagte man das Wild mit anmutigen Windspielen, und es hieß, die Königin sei erfreut gewesen. Dann trafen die Königin und ihr Hofstaat, am Montag nach dem Nachmittags-Dinner, in der Stadt ein.
Sie waren prachtvoll gekleidet: die Männer in ihren knapp sitzenden Unter- und Obergewändern, mit weißen Krausen an Kragen und Ärmeln und kurzen Umhängen; die Frauen in stattlichen Kleidern mit hohen Schultern; die Röcke fältelten sich von den schmalen Taillen bis auf den Boden, die riesigen Halskrausen rahmten die Wangen bis über die Ohren ein.
Die Familie der Shockleys sah aus respektvollem Abstand zu, wie Shockley und die anderen Mitglieder des Rates in Purpurroben dastanden, die geringeren Kaufleute in schwarzen, mit Taft oder Seide gezierten Roben dahinter. Der Bürgermeister überreichte nun feierlich das übliche Geschenk an den besuchenden Monarchen – einen massiven, mit Münzen gefüllten Goldkelch im Wert von zwanzig Pfund in Gold. Die Königin trat auf ihn zu.
»Kein Bürger aus Salisbury hat mehr für die Armen getan als Master Shockley«, erklärte der Bürgermeister verbindlich. Sie blickte Edward an, und er sah unmittelbar in ihr blasses, unattraktives Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der pockennarbigen Haut und den wachsamen Augen.
»Gut, Master
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