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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Shockley.« Die Königin fuhr fort: »Wer sind die Richter, die sich der Armen annehmen?« Man sagte ihr, daß Thomas Forest dazugehöre. »Wo ist er?«
    Forest trat vor und verneigte sich höflich.
    Sie wandte sich wieder an Shockley – halb einschüchternd, halb boshaft. »Erfüllt er seine Pflicht gut?«
    Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Es gab eine peinliche Stille. Er sah Forest an, der bleich geworden war. »Nein, Mylady«, antwortete er. »Ha!« Zu seinem Erstaunen brach sie in lautes Gelächter aus. Danach hatte Forest kaum mehr mit ihm gesprochen.
    Es war ein kurzer, glorreicher Augenblick in Shockleys Leben gewesen: Er war der Königin begegnet. Und seine Familie und die ganze Stadt hatten es gesehen.
    Was um alles in der Welt konnte Forest jetzt von ihm wollen? Edward fand keine Antwort auf diese Frage.
    Die Forests begannen Edward Shockley im September 1580 mit einer Einladung nach Avonsford Manor zu umwerben. Er zögerte nicht, hinzugehen. Irgend etwas hat Forest im Sinn, dachte er aufgeräumt. Ich bin gespannt, was es ist.
    Bei seiner Ankunft waren die Wilsons aus Christchurch ebenfalls zu Besuch – nicht nur der alte Jack und seine Frau Nellie, sondern drei wohlgeratene Söhne, die alle zur See fuhren. Edward lächelte belustigt, als er sie sah: Der eine war das Abbild seines Vaters, der andere die männliche Erscheinung von Nellie und der dritte eine genaue Mischung der beiden, groß und breitbrüstig.
    Nellie war etwas füllig geworden, und es stand ihr gut. Ihr Haar war grau, aber ihre Augen funkelten wie früher; sie trug immer noch am liebsten ein vorn geschnürtes Leibchen, eine bescheidene Halskrause und auf dem Kopf ein spitzes Hütchen, an dem eine Feder steckte. Ihre drei munteren Söhne – alle in den Zwanzigern – gehorchten ihr noch bereitwilliger als dem Vater.
    Als sie einander gegenüberstanden, sah er sie eine Sekunde lang zögern und verstand. Er verneigte sich tief: »Mistress Wilson.« Wenn die Forests nicht wußten, wer sie war, so würde die verborgene Vergangenheit der Nellie Godfrey niemals über seine Lippen kommen. Sie lächelte ihn dankbar an.
    Er hegte keinen Zweifel, daß sie alle aus gutem Grund hergebeten worden waren, aber Forest ließ sich offenbar Zeit, sie aufzuklären. Es ging ihm zunächst darum, seinen Sohn vorzustellen. Giles Forest war ein junger Mann von angenehmem Äußeren, etwa im gleichen Alter wie der älteste Junge der Wilsons. Damit war die Ähnlichkeit aber bereits zu Ende. Schlank, dunkel, mit feinen zarten Gesichtszügen und schmalen Händen, mit dünnen Beinen, die in seidenen Beinkleidern steckten, das Haar gelockt, war er das vollkommene Modell des Höflings.
    Die letzten Jahre hatte er in Oxford zugebracht, so daß er für Shockley fast ein Fremder war. Jedenfalls wollte er sich dem Kaufmann offensichtlich von der besten Seite präsentieren. Eine Veränderung, die den meisten gar nicht aufgefallen wäre, hatte Shockley sofort beim Betreten der Halle bemerkt: das Wappen der Forests. Er erinnerte sich gut aus seiner Jugend daran: ein stolzer Löwe in einem Feld.
    Nun prangte unübersehbar am Ehrenplatz, auf eine Holztafel gemalt. Obwohl der stolze Löwe noch zu erkennen war, war er in das zweite von vier Feldern geraten, in die das Wappen jetzt aufgeteilt war. Im ersten Quadrat prangte jetzt ein älteres Emblem: ein weißer Schwan auf rotem Grund, das alte Wappen von Godefroi. Dem war ein kleines Zeichen hinzugefügt, eine Unterscheidung, die anzeigte, daß die Familie von verschiedenen Zweigen der Godefroi-Linie abstammte. Der junge Giles Forest erklärte ihm die Veränderung.
    »Dies ist das Wappen der Godefroi«, sagte er, »denn die Familie der Forests stammt von ihnen ab, eine berühmte alte Linie, von der wir diese Ländereien durch Heirat erhielten. Und dies«, er wies auf ein anderes Quadrat, »ist das Wappen der Lords von Whiteheath, einer anderen normannischen Familie, von der wir uns herleiten, und dort«, schloß er stolz, wobei er auf das vierte Quadrat zeigte, »ist das alte Wappen der Longspee, der alten Grafen von Salisbury.«
    Es war eine schlichte Ausführung. Dennoch war Shockley beeindruckt. Er hatte eine vage Vorstellung, daß die Forests einige Generationen zuvor aus Salisbury gekommen waren, aber er konnte sich an keine Einzelheiten erinnern.
    Es gab noch andere Schätze: ein Porträt Forests, eine zarte Miniatur von der Größe einer Hand, die seinen Sohn darstellte; einen kostbaren Wandteppich. Die Besucher bewunderten

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