Sarum
Zwanzigstel«, sagte Forest leise.
Ein Zwanzigstel! Das konnte ein Vermögen sein. Shockley zog die Augenbrauen hoch.
»Ich erbitte eine Gegenleistung«, fuhr Forest fort. »Und die wäre?«
»Es geht um meinen Sohn. Darf er sich in deinem Geschäft in Salisbury ein wenig umsehen und dort mit den Kaufleuten sprechen?« Er lächelte. »Er kennt Oxford – vielleicht zu gut. Aber er hat keine Ahnung vom Geschäft.«
Shockley hatte nichts dagegen.
Forest fuhr fort: »Da ist noch etwas.« Er zog eine schmerzliche Grimasse. »Im Gegensatz zu seinem Vater liegen ihm die Armen am Herzen. Unterweise ihn, was man für sie tun kann.« Er verneigte sich, als ob ihn dieses Eingeständnis etwas gekostet hätte.
»Ungeachtet unserer Meinungsverschiedenheiten in der Vergangenheit, Edward Shockley, schätze ich deinen Rat hoch.«
Shockley blickte leicht überrascht zu dem eleganten jungen Mann hinüber. Ein Forest, der sich um die Armen sorgte? Er erklärte sich jedoch bereitwillig mit Forests Vorschlägen einverstanden. Trotzdem sagte ihm ein Gefühl beim Abschied, daß dies nicht alles war, was Forest von ihm wollte.
Im Grunde war Giles ein sehr angenehmer junger Mann. Edward kam es manchmal so vor, als sei der dunkle, gutaussehende Junge hauptsächlich dazu geschaffen, die Menschheit zu erfreuen. Er zeigte großes Interesse an den Armen und inspizierte das Arbeitshaus eingehend. Er lächelte den Leuten freundlich zu und unterhielt sich mit ihnen. Shockley nahm ihn mit auf den Markt und in die Walkmühle und stellte ihn Moody und den Webern vor. Und jeder, der ihn kennenlernte, sogar der alte Moody, glaubte, er sei sein Freund.
Edward stand an der Straßenecke, genau am gleichen Platz, wo er am Tag seiner frühzeitigen Rückkehr aus Downton gestanden hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er den damaligen Vorfall tatsächlich völlig vergessen.
Der Abend dämmerte bereits, aber er konnte es deutlich sehen, daß sich gerade ein Mensch unauffällig aus seinem Haus davonstahl. Diesmal sah er anders aus – vielleicht war es die Dunkelheit, er schien jedoch größer und schlanker; jene Gestalt sah Thomas Forest ähnlich. Shockley eilte hin, aber die geheimnisvolle Person machte sich aus dem Staub, und obwohl er sie diesmal rasch verfolgte, entwischte sie ihm in den Gassen bei St. Thomas.
Gedankenvoll ging er ins Haus. Drinnen war es still. Waren seine Frau und das Hausmädchen ausgegangen? Konnte die seltsame Gestalt ein Dieb gewesen sein?
Langsam ging er die Treppe hinauf. Katherine hörte ihn nicht kommen. Sie stand in einer Ecke des großen Vorderzimmers an einer Truhe, wo sie Wertsachen aufbewahrte. Die Truhe war offen. Er sah, wie sie sorgfältig eine Handvoll Goldmünzen in ein kleines Säckchen zurückzählte – er kannte das Säckchen und wußte, daß sie darin normalerweise die beträchtliche Summe von zehn Pfund aufbewahrte. Sogar aus der Entfernung erkannte er, daß das Geldsäckchen fast leer war. Sie verschloß den Truhendeckel. Dann blickte sie gedankenverloren durch die Fensterläden. Als sie ihn bemerkte, erschrak sie heftig.
»Wer war hier?«
»Hier? Niemand.«
»Ich habe jemanden aus dem Haus kommen sehen.« »Das kann nicht sein.«
Er hielt inne. Wäre sie jünger gewesen, hätte er den Verdacht gehabt, der Fremde könnte ihr Liebhaber gewesen sein. War es möglich? Handelte es sich um Forest? »Wo sind die Dienstboten?«
»Sie sind in der Kathedrale.«
Er erinnerte sich, gehört zu haben, daß an diesem Abend ein besonderer Gottesdienst gefeiert wurde; dennoch war es höchst seltsam, daß sich seine Frau ganz allein im Haus befand.
Er wollte kein Wort mehr darüber verlieren und ging schwerfällig die Treppe hinunter. Irgendwann würde sich das Geheimnis lüften. Aber was auch immer gespielt wurde – und er konnte sich nicht vorstellen, daß sie ihm untreu war –, in all den langen Ehejahren hätte er es niemals für möglich gehalten, daß sie ihn anlügen könnte. Aber er hatte an Wichtigeres zu denken. In zwei Tagen sollte die langerwartete Ratssitzung stattfinden.
Er bat inständig. Er donnerte sie an. Die Botschaft war so einfach, wie die Sachlage offensichtlich war: »Wir müssen uns auf den Krieg mit Spanien vorbereiten. Wir müssen finanzielle Mittel beiseite legen und über die Truppenversorgung beschließen. Wir werden schlecht dastehen, wenn wir die Königin und ihre Kirche nicht unterstützen.« Gezwungen durch die von den Spaniern ausgelöste Rebellion, mußte Elisabeth ein
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