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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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günstige Winde und ein kurzes, erfolgreiches Gefecht wurde Philipps riesige Flotte zunächst durch den Ärmelkanal, dann nordwärts auf die felsige schottische Küste zugetrieben, wo viele Schiffe zerschellten.
    »Das Glück hat uns gerettet, nicht unsere Vorbereitungen«, stellte Shockley fest.
    So ungeheuerlich das Glück des Zusammenbruchs der Armada war, England war jedenfalls gerettet, und auf der Insel kehrten wieder Jahre des Friedens ein. Selbst Edward Shockley war in seinem beginnenden Alter und in der letzten Herrschaftsdekade Elisabeths auf seine bescheidene Weise optimistisch, was die Zukunft anbetraf. Besonders gerne besuchte er das Haus in Wilton, wo er etwa einmal im Jahr zu einer Vorführung der Schauspielertruppe eingeladen wurde. In diesen sonnigen Jahren kamen viele Schauspielertruppen in das große Herrenhaus. Einmal war auch ein Schauspieler namens William Shakespeare unter ihnen.

U NRUHE
    1642: August
Die Trauergäste gingen. Gleich darauf sollte die Familienbesprechung stattfinden, eine Besprechung, die die Shockleys für immer entzweien konnte.
    Wenn es nur nicht sein müßte! Wenn der bevorstehende Bürgerkrieg, der ganz Sarum in Aufruhr brachte, nur nicht in das Heiligtum ihres Hauses, das allezeit unangetastet bleiben sollte, Einlaß fände! Seit Monaten wußten sie, daß es dazu kommen würde. Nun, wo ihr Vater tot war…
    Sir Henry Forest ging als erster. Bevor er die Halle verließ, wandte er sich um, ließ den Blick seiner wachen schwarzen Augen noch einmal über die Hinterbliebenen wandern und verbeugte sich steif – der Baronet Sir Henry Forest, ihr ältester Nachbar. Auf welche Seite würde er sich in dem kommenden Konflikt schlagen? Die übrigen folgten ihm: Freunde, Nachbarn, der alte Thomas Moody mit seinem Sohn Charles aus Shaftesbury, dann Kleinhändler wie die Familie Mason und andere aus Salisbury, zuletzt die Landarbeiter unter Führung von Jacob Godfrey. Seit drei Generationen, seit Piers Godfrey, der Schreiner, für die Shockleys in Salisbury gearbeitet hatte, stand die Familie Godfrey den Shockleys nahe. Viele der Trauergäste hatten Tränen in den Augen, denn alle fühlten sie echtes Bedauern und bewahrten dem Witwer William Shockley ein liebevolles Andenken; sein plötzlicher Tod kam für ganz Sarum überraschend.
    Nun waren die Familienmitglieder unter sich: drei Brüder und eine Schwester.
    Margaret Shockley, zwanzig Jahre alt, prachtvoll anzusehen mit ihrem goldenen Haar und den blauen Augen, stand schweigend da. Nur ein Gedanke erfüllte sie: das Kindchen.
    Sie – und nur sie – würde es in ihre Obhut nehmen, und niemand konnte es ihr verwehren. Der Junge schlief oben. Er brauchte sie. Er war noch so klein und hilflos; er hatte ihr schon immer gehört, seit ihre Stiefmutter während der furchtbaren endlosen Wehen zwei Jahre zuvor ihr zugeflüstert hatte: »Wenn das Kind am Leben bleibt, Margaret, soll es dein sein.« Ihre drei Brüder waren ja vor drei Tagen auch dabeigewesen, als William Shockley schwer atmend sagte: »Margaret, ganz gleich, was deine Brüder auch tun mögen, du mußt hierbleiben und dich um Samuel kümmern.« Dann fügte er nach einer Weile hinzu: »Und um meine Rieselwiesen.«
    Der kleine Samuel, dieses winzige hellhaarige Wonnebündel! Jacob Godfreys Frau wurde seine Amme – wie gern wäre Margaret selbst es gewesen! Aber sie hatte alles andere übernommen, das Kind in ihren Armen gewiegt, es zu sich ins Bett geholt und so Woche für Woche glücklich neben ihm gelegen und seine Wärme gespürt. Die Rieselwiesen ihres Vaters, dieses großartige, von seiner Hand geschaffene Bewässerungssystem am Fluß Avon unterhalb des Hofes, den er als junger Mann gekauft hatte. Er hatte es schon vor Margarets Geburt angelegt und dadurch den Hof zum schönsten der Gegend gemacht. Auch darum würde sie sich kümmern.
    Sie blickte ihre Brüder an. Edmund, mit seinen dreißig Jahren der älteste, nun das Oberhaupt der Familie: immer ernst, pflichtbewußt, nüchtern; sein braunes Haar war so geschnitten, daß es bis auf die Schultern reichte. Er hatte die haselnußbraunen Augen der Mutter und die breite, eher schwergewichtige Figur des Vaters. Obadiah, der presbyterianische Prediger, der Priester und Bischöfe haßte. Obwohl er erst siebenundzwanzig Jahre alt war, war das streng um sein blasses, ovales Gesicht liegende Haar, das sich auf den Schultern lockte, an den Schläfen bereits ergraut. Er hatte auffallend graublaue Augen. Obadiah mit seiner arroganten,

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