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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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»Wenn der König Geld für den Krieg braucht, sollten seine loyalen Untertanen ihn dabei unterstützen. Das soeben einberufene Parlament hat ihm nichts zugestanden.«
    »Darf der König Menschen vor seine privilegierten Gerichtshöfe zitieren und das alte Gewohnheitsrecht außer acht lassen?« fragte Edmund weiter.
    »Er hat das Recht dazu«, beharrte Nathaniel. »Bist du damit einverstanden?« Edmund sah seinen Bruder fragend an. »Nein, aber das ist kein Anlaß, die Waffen gegen ihn zu erheben.«
    »Du glaubst also, der König kann tun, was ihm beliebt?« Damit hatte Edmund die Kernfrage gestellt.
    Die Privilegien des Parlaments, die Gewohnheitsrechte – die Common Laws –, die Freiheiten der Magna Carta, der Jahrhunderte vorher eingeführte Brauch, daß der König keine Zölle ohne die Zustimmung des Parlaments erheben durfte: Diese Rechte mußten nach der Forderung der parlamentarischen Advokaten vom König beachtet werden. »Das Gesetz kommt vom König«, entgegnete Nathaniel. »Nicht in England«, widersprach Edmund.
    Tatsächlich rührten die Schwierigkeiten zwischen König und Parlament zum Teil daher, daß die englische Verfassung nicht dem Modell der Stuarts entsprach. In Spanien und Frankreich errichteten katholische Herrscher absolute, zentralisierte Monarchien, die alles übertrafen, was Karl I. in. England versuchte. Aber dort gab es ja nicht die Verbindung puritanischer Kaufleute mit einem altüberlieferten Parlament, das sich seiner Privilegien durchaus bewußt war, um sich ihnen entgegenzustellen.
    Nun mischte sich Obadiah ein: »Sprichst du den Puritanern das Recht ab, Gott nach ihrem Belieben zu verehren?«
    »Ich unterstütze die englische Kirche, genau wie der König«, sagte Nathaniel.
    »Das sagte er. Unterstützt du also auch Erzbischof Laud und seine Bischöfe?« fuhr Obadiah fort.
    »Laud hat die kirchlichen Regeln und die Liturgie verbessert«, sagte Nathaniel. »Ich unterstütze die Richtlinien der Bischöfe.«
    »Und Papisten? Wünscht du dir englische Papisten? Mit einer ausländischen Papistenarmee in den Händen des Königs, damit er uns seinen Willen aufzwingt?«
    Da errötete Nathaniel, denn Karls Sympathien für die Papisten waren eine Tatsache, die selbst bei seinen glühenden Anhängern ein ungutes Gefühl hinterließ. Seine Königin, Henrietta Maria von Frankreich, war Katholikin. Ihre Geistlichen waren am englischen Hof. »Es scheint mir, daß du das Tun des Königs mißbilligst, Nathaniel«, ergriff Edmund wieder das Wort, »und doch verteidigst du sein Regierungsprinzip. Was ist in letzter Zeit geschehen, daß dich annehmen läßt, der König würde seine Taktik ändern?«
    In der Tat zeigten die verschiedenen Ereignisse, die zum Bürgerkrieg führten, der Funke, der die Feuersbrunst entfachte, den König von seiner schwächsten und höchst undiplomatischen Seite. Zuerst hatte er die Schotten beleidigt, denn 1638 ließ Erzbischof Laud die mächtigen schottischen Presbyterianer sehr von oben herab wissen, daß sie ihre puritanische Art aufgeben, sich den Verordnungen seiner Bischöfe beugen müßten und den anglikanischen Riten des englischen Gebetbuches zu folgen hätten. Schottland opponierte, unterzeichnete das religiös-politische Abkommen zur Aufrechterhaltung der eigenen presbyterianischen Regeln und marschierte in England ein. Karl war hilflos. Jedesmal wenn er sich zuviel zutraute, stellte er fest, daß er kein Geld hatte. Er versuchte auf alle Arten, sich finanzielle Mittel zu verschaffen, doch vergeblich. Die von ihm geforderte Truppenaufstellung kam nicht zustande. Karl mußte ein Parlament einberufen. Er saß in der Falle. Das Parlament bewilligte ihm keine Mittel, die presbyterianischen Mitglieder sympathisierten ohnehin mit den Schotten. Die Schotten verhielten sich weiterhin klug abwartend im nördlichen Lager.
    Da holte das große Parlament von 1640, in der britischen Geschichte als das Lange Parlament bekannt, zum Schlag aus. Es forderte, daß des Königs vertrauteste Ratgeber unter öffentliche Anklage gestellt würden. Bald darauf wurde Strafford im Londoner Tower hingerichtet, und Erzbischof Laud kam ins Gefängnis. Für den König bedeutete das eine tiefe Demütigung. Die Iren revoltierten. Das Parlament bewilligte weiterhin keine Geldmittel, sondern verabschiedete die Grand Remonstrance – ein Memorandum des Unterhauses an den König. Der stolze Stuart beging daraufhin jenen Fehler, der der mittelalterlichen Monarchie in England ein Ende setzte. Er

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