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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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dreißig und vierzig Jahre alt sein, hatte einen großen, roten, runden Kopf mit spitzer Nase und rechtwinklig abstehenden Ohren. Der winzige Mann hüpfte äußerst behende auf den Sitz. Fröhlich lächelte er Adam an. »Guten Tag, Sir.«
    »Guten Tag.«
    »Wie gefällt Euch Eure Zeitung?«
    »Recht gut.«
    »Ich habe sie gedruckt«, sagte das Männchen höchst zufrieden. Er hielt seine kleinen Hände mit den Stummelfingern hoch, und Adam sah, daß sie voll Druckerschwärze waren. »Eli Mason, Sir«, stellte er sich vor; »ich höre, daß Ihr Hauptmann Shockley seid, aus dem Krieg zurückgekehrt.«
    »Ja, Sir, so ist es«, antwortete Adam und legte die Zeitung beiseite. Es war eine ordentliche kleine Zeitung, nicht so groß wie das Salisbury Journal, das es schon seit einiger Zeit gab, aber sie enthielt gut geschriebene Artikel und reichlich Anzeigen.
    »Wir drucken tausend Exemplare«, erklärte Eli. »Nicht so viele wie das Salisbury Journal – das hat eine Auflage von viertausend –, aber trotzdem ist unsere Druckerei ausgelastet.«
    Es stellte sich bald heraus, daß alles Berichtenswerte in Sarum von Eli und seiner Familie gedruckt wurde. Adam war beeindruckt, wie stolz dieser Mann auf seine Arbeit war. Bald erzählte ihm sein gesprächiges Gegenüber die Klatschgeschichten aus der Stadt, und Adam hörte fasziniert zu.
    Das Gespräch floß leicht dahin. Sie diskutierten über die Vorteile von Elis Druckmaschinen im Vergleich zu anderen, und Adam stellte Fragen, als wäre er selbst ein Geschäftsmann. »Und was habt Ihr vor, Hauptmann?« fragte Eli. »Wenn ich das wüßte!« gestand Adam freimütig. »In Sarum gibt es offensichtlich nicht viele Möglichkeiten für einen Hauptmann mit halbem Sold.«
    »Ein Mann wie Ihr sollte heiraten«, sagte Eli. »Das kann ich mir nicht leisten«, Adam lächelte. »Eine reiche Witwe?«
    »Das hat mein Vater auch schon vorgeschlagen.«
    »Möchtet Ihr das nicht?«
    »Ich weiß nicht recht.«
    »Welche Art von Arbeit stellt Ihr Euch vor, Hauptmann?« Adam lachte: »Eigentlich alles.«
    »Alles? Ein vornehmer Gentleman wie Ihr?«
    »Findet Ihr, daß ein Gentleman nicht arbeiten sollte, Mr. Mason?«
    »Es geschieht nicht oft«, sagte Eli bedächtig, »daß ein vornehmer Gentleman wie Ihr sich Zeit nimmt, eine halbe Stunde lang mit einem Geschäftsmann, wie ich es bin, zu sprechen.«
    Adam wäre überrascht gewesen, hätte er geahnt, was dem kleinen Mann in diesem Augenblick durch den Kopf schoß: Endlich, das ist der Richtige!
    Gleich darauf sagte er: »Wir wohnen ganz in der Nähe, Hauptmann. Meine Familie würde sich sehr freuen, einen Offizier kennenzulernen, der aus Amerika zurück ist. Möchten Sie meinem Bruder guten Tag sagen?« Als er Adam zögern sah, fügte er besorgt hinzu: »Wir gehören nicht zur Gentry, Hauptmann, wir sind nur ganz kleine Leute.« Da Adam annahm, daß die ganze Familie aus Zwergen bestehe, und er ihn nicht kränken wollte, willigte er ein.
    Zehn Minuten später führte Eli Mason Hauptmann Shockley in das bescheidene Wohnzimmer in seinem Haus am AntelopeGeviert. Der Offizier war überrascht, daß er nicht eine Familie von Zwergen gegenüber hatte, sondern ganz normale Menschen: Benjamin Mason, seine Frau Eliza, ihre zwei Kinder und Benjamins Schwester Mary. Eli stellte überschwenglich vor: »Das ist Hauptmann Shockley – ein Gentleman. Er braucht eine Frau«, und alle Anwesenden brachen in Gelächter aus.
    Adam Shockley schüttelte Benjamin Mason die Hand und unterhielt sich eine Weile mit ihm. Er erfuhr, daß er, bei aller Bescheidenheit, ein angesehener Geschäftsmann war; daß er das Geschäft seines Vaters, Scherenfabrikation, ausgebaut hatte; daß er ein Eisenwarengeschäft und eine Druckerei besaß, daß er und seine Frau für seinen Bruder Eli sorgten, der aus unerfindlichen Gründen nicht gewachsen war, und für seine junge Schwester Mary. Adam schätzte die zurückhaltende Frau auf fünfundzwanzig bis dreißig Jahre.
    Benjamin Mason trug eine gewisse Gemessenheit zur Schau. Sein ungepudertes Haar war ordentlich nach hinten gebunden; er war mit einem einfachen dunkelbraunen Gehrock und grauen Wollstrümpfen bekleidet. Der Besuch hatte ihn zwar überrascht, doch er ergriff freudig die Gelegenheit, Adam über Amerika auszufragen, vor allem über die dortigen religiösen Strömungen. »Wir sind Methodisten, Hauptmann«, erklärte er. »Damit meine ich, daß wir, wie John Wesley, keinen Bruch mit der etablierten Kirche Englands wünschen,

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