Sarum
Innenpolitik zu. Sie diskutierten über den Staatsmann und Philosophen Burke, der mit den Amerikanern sympathisierte, dabei jedoch die bestehende englische Verfassung verteidigte.
Man stimmte allgemein darin überein, daß das alte englische Rechts- und Regierungssystem kaum verbessert werden könne. Sie gingen zu anderen Themen über. Wilkes, der ständige Unruhestifter im Unterhaus, hatte eine Note zur Reform der parlamentarischen Repräsentation und zur Abschaffung einiger Kleinstwahlbezirke wie Alt-Sarum eingebracht, um statt dessen den aufstrebenden Städten und den Mittelklassen mehr Stimmen zukommen zu lassen. Die Tischgesellschaft verurteilte das als schändlich, doch als Forest Adam nach seiner Ansicht fragte, zögerte dieser mit der Antwort. Persönlich fand er Wilkes’ Standpunkt vernünftig, aber da er die anderen Gäste nicht beleidigen wollte, sagte er nur: »Eine kleine Reform beizeiten kann vielleicht Schlimmeres verhindern.«
Dieser Satz stellte die Runde offenbar zufrieden, und die Unterhaltung nahm ihren Fortgang.
Doch Shockley hatte zum erstenmal den Eindruck gehabt, daß er auf irgendeine Weise geprüft wurde, und er dachte an den Rat seines Vaters, vorsichtig zu sein. Er war gespannt, was nun folgen würde. Zunächst wurde der nächste Gang aufgetragen: Tauben und Spargel, Krickente, Waldschnepfe, Regenpfeifer. Dazu trank man Rotwein. Die Unterhaltung nahm leichtere Themen auf: das neue Buch von Mr. Gibbon über den Fall des Römischen Imperiums, Mr. Sheridans neues Theaterstück, ein schönes Gemälde von Gainsborough; und obwohl Shockley bemerkte, daß Forest das Gespräch nach einem offenbar sorgsam ausgeklügelten Plan leitete, mußte er die Art, wie dies geschah, bewundern.
Wenn Adam dieser vornehmen Welt auch nicht angehörte, so war er doch froh, daß er zu den meisten Themen eine eigene Meinung äußern konnte. Aber selbst in diesem jovialen Geplänkel war er sich bewußt, daß Forest alles genau registrierte, was er sagte.
Offensichtlich war Sir Joshua zufrieden, denn plötzlich erklärte er: »Ich glaube, Hauptmann Shockley könnte sich für eine Kuriosität interessieren, die vor kurzem entdeckt wurde.« Er verließ den Raum und kehrte kurz darauf mit einem Stück Pergament zurück, das er herumreichte. »Dies wurde in einer Kassette im Herrenhaus von Avonsford gefunden, kurz bevor wir dort auszogen«, erläuterte er. »Wer kann mir sagen, was es darstellt?«
Es war eine Zeichnung. Das Entstehungsdatum war schwer zu bestimmen, aber sie war wohl mindestens zweihundert Jahre alt. Darauf war ein kreisrundes Labyrinth zu sehen – nicht eines, in dem sich ein Mensch verirren kann. Man folgt vielmehr einem in vier Kreissegmenten symmetrisch angeordneten gewundenen Pfad, der auf komplizierte Weise schließlich zum Zentrum führt. Darunter stand geschrieben: Labyrinth von Avonsford.
»Ich habe den Ort entdeckt«, sagte Forest. »Ich bin mir ganz sicher. Er liegt in einem Kreis von Eiben auf einem Hügel oberhalb des Herrenhauses. Ich konnte sogar schwache Spuren auf dem Boden entdecken, die diesem Plan glichen.«
»Ich halte das für ein reines Formenspiel, wie es in der Zeit der Königin Elisabeth beliebt war«, meinte einer der Anwesenden. »Normalerweise wurde derlei aus Hecken gebildet.«
Der Geistliche blickte flüchtig auf das Pergament und schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Ich weiß einiges über das Altertum und kann Euch bestätigen, daß dies hier viel älter ist. Es ist ein heidnischer Plan aus vorchristlicher, ja vorrömischer Zeit. Er stammt aus der keltischen Zeit, genau wie Stonehenge.« Und er sagte das mit solcher Entschiedenheit, daß niemand an der Geschichte des Labyrinths zweifelte. Keiner aus dieser exklusiven Gesellschaft ahnte, daß ein mittelalterlicher Ritter seine einsame Pilgerreise dort vollzogen hatte. Jetzt wurde Hummer serviert, dazu verschiedene Weine. Der Wein war ausgezeichnet. Adam war nicht benommen, fühlte sich nur wohlig warm und entspannt. Er bemerkte, daß mit jedem Gang das Gesprächsthema wechselte, aber Forest machte das so geschickt, daß es niemandem auffiel. Er sah auf den Hummer vor sich. Wie war das Gespräch plötzlich auf die Landwirtschaft gekommen?
»Die Zeiten für die kleinen Landwirte sind eigentlich vorbei, fürchte ich«, sagte Forest. »Alle meine Pächter haben nur noch kurze Pachtverträge, und nach den Beschlüssen des Parlaments soll ich jetzt dreitausend Morgen im Norden der Grafschaft umzäunen. Ich weiß noch
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