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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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die Pacht von Jethros Hof Ende des Monats erneuert werden sollte, wollte sie ihn vorher noch aufsuchen. Davor gab es jedoch an anderes zu denken. Denn in diesem Frühling fand ein ebenso wichtiges wie erfreuliches Ereignis in England statt, was umfangreiche Feierlichkeiten in der Stadt mit sich brachte: Es war die Hochzeit des ältesten Sohns von Königin Viktoria, des Prinzen von Wales, die am 10. März mit einer großen Parade festlich begangen werden sollte. Am Morgen dieses Tages nahm Jane ihren gewohnten Weg zur Kathedrale und zum Kreuzgang. Dabei begegnete ihr Daniel Mason, der geschäftig auf sie zueilte. »Ich habe etwas für Euch, Miss Shockley«, verkündete er. »Das Geld, das Jethro Wilson Euch schuldet. Mit Zinsen, soviel ich weiß. Ich habe ihm gesagt, daß fünf Prozent angemessen seien.«
    Sie starrte ihn benommen an. Wovon sprach er? »Habt Ihr es nicht gehört? Er ist nicht mehr hier.« Sie fühlte, daß sie blaß wurde. »Wo ist er denn?«
    »Einer seiner Verwandten im Norden ist letzten Monat gestorben und hat ihm seinen Hof vererbt.« Er lachte. »Nicht nur die Schwachen, auch die bekehrten Trinker erben anscheinend die Erde.«
    »Aber sein Hof?«
    »In Winterbourne? Den hat er aufgegeben: Die Pacht war fällig, wie Ihr vielleicht wißt. Er hat Euer Darlehen zurückgezahlt – mit Zins, wie schon gesagt –, seine Kinder aus Barford abgeholt und ist abgereist. Ich glaube, es ist ein kleiner, aber ordentlicher Hof in der Käseregion.« Mason lächelte. »Jetzt kann er endlich einmal zu Geld kommen.« Sie hörte ihn kaum. Jethro war fort. Ohne ihr ein Wort zu sagen. »Wo ist der Hof?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Danke.« Sie ging auf das Haus zu. »Euer Geld, Miss Shockley.«
    »Später.«
    Bald darauf verließ sie das Kathedralgelände. Dem neuen Hausmädchen hatte sie gesagt, daß sie nicht vor dem Abend zurück sein werde. In ihrem schwarzen Reitgewand ging sie rasch durch das Tor in die High Street.
    Er war weggegangen. Warum auch nicht? War sie ihm nicht ausgewichen? Auf diese und viele andere Fragen gab es vernünftige Antworten. Dabei hatte sie das Gefühl, als durchbohre sie ein Messer. Das Haus in Winterbourne machte einen so verlassenen Eindruck wie nie zuvor. Das Dach war noch brüchiger, und die letzten Fröste hatten der Hauswand Risse zugefügt. Entmutigt wollte sie den Rückweg antreten.
    Da hörte sie eine Stimme hinter sich. »Ihr sucht ihn wohl?« Es war die alte Frau. Sie stand an einem Baum am Weg und musterte sie abweisend.
    »Ja. Wo ist er?«
    »Fort. Um so besser für Euch.« Sie kümmerte sich nicht darum. »Sagt mir, wo er ist.«
    »Ihr seid nicht die erste, die nach ihm fragt.« Die Alte lachte spöttisch. Jane sah sie strafend an. Wie konnte sie es wagen, so dreist zu sein. »Der Name des Dorfes«, verlangte sie knapp.
    »Auf der anderen Seite der Ebene, in der Nähe von Edington.« Zögernd erklärte die Alte den Weg. Aber als Jane ihr Pferd wendete, hörte sie zum erstenmal einen freundlichen Unterton in der Stimme der alten Frau: »Gute Lady – bleibt doch weg von ihm!« Jane ritt weiter. Dieser Ritt würde sie den ganzen Tag kosten; aber sie hatte bereits ein gutes Stück des Hochlands hinter sich, und sie wußte, wie sie rasch auf die richtige Straße kam.
    Als sie von dem vertrauten Hügelkamm zurücksah, stiegen die Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit blitzartig in ihr auf. Sie mußte Jethro finden, ihm wieder ins Gesicht sehen, wenn auch nur für ein paar Minuten. Am frühen Nachmittag zog ein Sturm herauf. Jane hatte viele Meilen zurückgelegt. Vor ihr erstreckte sich weites offenes Heideland, etwa fünf Meilen, schätzte sie. Dahinter lagen die fruchtbaren Täler – und Jethros neuer Hof.
    Das Gewitter brach los. Bald war sie völlig durchnäßt. Sie verlor die Orientierung. Trotzdem ritt sie weiter. Möglicherweise bewege ich mich in der falschen Richtung, dachte sie.
    Und so war es tatsächlich. Nach einer halben Stunde kam sie an einer Vertiefung vorbei, in der in alter Zeit der Tau gesammelt wurde. Sie füllte sich rasch mit dem Regenwasser. Da sah sie unmittelbar vor sich mitten in der Wildnis ein paar buntbemalte Wagen stehen. Sie erschrak und hielt den Zügel kurz.
    Zigeuner! Die Wagen waren dicht verschlossen, vermutlich befanden sich die Leute im Innern; trotzdem schaute sie sich ängstlich um, ob irgend jemand ihr auflauerte.
    Sie wendete ihr Pferd und spornte es an. Zigeunern durfte man nie trauen.
    Weitere fünf Minuten vergingen. Auf einer

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