Sarum
bildeten jedoch eine Ausnahme, und Claudius haßte diese keltischen Priester, vor allem, weil sie Menschen opferten. Menschenopfer schienen Claudius, der die römische Tradition liebte, nichts als eine unmoralische, gräßliche Verspottung der rechtmäßigen römischen Tieropfer, der altehrwürdigen und heiligen Kunst der Haruspizien, die die Zukunft durch Beschau der Eingeweide der getöteten Tiere voraussagten. Diese Druiden standen hinter den Plünderern Galliens und beschmutzten die Erde auf schändlichste Weise. Mit ihnen würde er kurzen Prozeß machen.
Er ging mit solchem Eifer an die Aktion, daß die Truppenversorgung problematisch wurde. Doch die Eile war wohlbegründet. Caligula hatte vier mächtige römische Legionen zusammengezogen. Diese Armee war aufgelöst worden, aber zwei Legionen standen sich an den Ufern des Rheins immer noch die Beine in den Bauch. Kein Kaiser, der sich etwas aus Purpur oder seinem Leben machte, ließ jemals zwei vollbewaffnete Legionen tatenlos so nahe der Heimat stehen. Sie hatten nämlich die unangenehme Gewohnheit, sich zu langweilen und einen neuen Kaiser auszurufen.
Die Invasion mußte sofort stattfinden. Daher war im Jahre 42 die Eroberung Britanniens nachgerade unvermeidlich. Und wenn noch irgendein Zweifel diesbezüglich bestanden hätte, so räumten die Inselbewohner selbst ihn aus dem Weg. Alle paar Jahre wandte sich irgendein origineller schnurrbärtiger InselStammesfürst mit einem Appell an Rom, ihn gegen einen Nachbarn zu unterstützen, und bot als Ausgleich Zahlungen an. Vor kurzem war Verica, ein britischer König, der Rom wohlgesinnt war, durch einen neuen, unrechtmäßigen Herrscher des Stammes der Catuvellauner namens Caractacus aus seinem Königreich vertrieben worden. Verica hatte in Rom Zuflucht gefunden. In einem Akt vollendeter Dummheit sandte der kühne Caractacus eine Botschaft, in der er die Auslieferung verlangte, und als Claudius diese ignorierte, ließ Caractacus die gallische Küste von einer Plündererschar überfallen. Das konnte Rom nicht tatenlos hinnehmen. Claudius wählte seine Generäle mit Sorgfalt aus. »Wenn die Britannier mich sehen«, verkündete er, »wird es ihnen vor Furcht und Staunen die Sprache verschlagen. Ich werde nämlich auf einem Elefanten reiten.«
Zum Verständnis der Geschehnisse, die sich nun auf der fernen Insel im Norden ereignen, müssen wir zeitlich ein wenig zurückgreifen. Um 1300 v. Chr. nämlich betrat ein außergewöhnliches Volk die Bühne der westlichen Welt. Es begann seine heldenhafte Reise durch die Geschichte ganz unbeachtet. Archäologen identifizierten es in jener Frühzeit als eine kleine Bauerngemeinde, die an den Ufern der großen Donau im Herzen Südosteuropas lebte. Ob diese unauffälligen Leute einen Stamm bildeten oder nicht, ist schwer zu sagen. Sicherlich aber gehörten sie keiner bestimmten Rasse an. Obwohl sie später als legendäre, große, blonde, blauäugige Krieger idealisiert wurden, ist es sicher realistischer, sie wie die meisten Völker Europas einem Mischtypus zuzuordnen. In den Anfängen ihrer großen Wanderung können wir sie nur durch ihre fremdartige Gewohnheit der Totenverbrennung und Urnenbestattung identifizieren.
Irgend etwas veranlaßte diese unbekannten Bauern, in kleinen Gruppen durch die endlosen Weiten Europas zu ziehen und neue Siedlungen zu gründen. Archäologen fanden ihre bescheidenen Urnenfelder am Fuß der Schweizer Alpen, in den sanften Tälern der Champagne und in den Ebenen des heutigen Deutschland. Wo immer sie lebten, hinterließen sie unauslöschliche Spuren.
Das Schicksal dieser seltsamen Menschen nahm einen bemerkenswerten Verlauf: Sie beherrschten einen Großteil des nördlichen Europa, schufen eine große Kultur, wurden von den Römern zwar kriegerisch, jedoch niemals geistig unterworfen, flohen vor den Sachsen und konnten ihnen entrinnen. Sie konnten unbehelligt bis heute überleben und ihr kulturelles Erbe erneut über den ganzen Erdball tragen.
Irgendwann vor Christi Geburt hatten die Griechen Kenntnis von ihnen erhalten und ihnen den Namen Keltoi gegeben. Die Römer hatten die griechische Bezeichnung übernommen, und diese hat sich bis heute praktisch unverändert erhalten: Kelten. Was war das Besondere an ihnen? Wir können nur sagen: ihr geistiger und künstlerischer Erfindungsreichtum. Nichts zeigt das besser als ihre außergewöhnliche Sprache, die übernommen wurde, wo sie sich auch ansiedelten, und die zu Caesars Zeit die Verkehrssprache
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