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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Günstlingen; einer davon war der Philosoph Seneca, ein anderer der Soldat Sueton. Sueton war ein fähiger Feldherr und hatte eine begabte Truppe um sich geschart.
    Darunter befanden sich Agricola, der Kriegstribun mit den klaren Augen und dem harten Gesicht, der sich bereits in jungen Jahren als vielversprechender Befehlshaber erwies, einige Sprößlinge aus berühmten Senatorenfamilien und Marcus Marcellinus, der Wortführer dieser Jüngeren. Marcus, der groß und kräftig war, hatte ein fast quadratisches Gesicht mit markanten Zügen, einer vorspringenden Nase und hübschen pechschwarzen Augen, über denen sich die Brauen trafen. Er war vierundzwanzig, zeigte jedoch das Gehabe eines Dreißigjährigen und hatte bereits mehrere zivile und militärische Aufgaben mit Auszeichnung bewältigt. Die Soldaten und selbst Sueton respektierten ihn ohne Frage; wahrscheinlich trat er einmal in die Fußstapfen seines Vorgesetzten Agricola, eines Tages vielleicht sogar in jene von Sueton. Porteus war über alle Maßen von ihm beeindruckt.
    Es war Marcus, der schließlich entschied, daß etwas geschehen müsse, nachdem Porteus über einen Monat lang erfolglos versucht hatte, in der Gruppe Fuß zu fassen.
    »Es ist Zeit, daß wir den jungen Porteus bei uns aufnehmen«, meinte er. »Der arme Kerl tut sein Bestes, und nichts spricht gegen ihn. Wir sollten ihm eine Chance geben.«
    Danach wurde Porteus’ Leben leichter. Sueton, der ihn völlig übergangen hatte, während sie in ihre Durchgangslager in der windigen Ostkolonie Camulodunum gezogen waren, sah, daß die jungen Offiziere Umgang mit ihm pflegten, und übertrug ihm kleinere Aufgaben. So reizbar er auch war, er konnte sich über den jungen Mann nicht beklagen; dieser war fleißig, lernbegierig und nicht gerade einfältig. »Er muß sich noch im Kampf bewähren«, bemerkte er eines Abends zu den Unterfeldherrn beim Tischgespräch, »aber es könnte schlimmer mit ihm sein.« Und die Unterfeldherrn nahmen dies aus dem Munde des Statthalters geradezu als Kompliment.
    Während er auf die Schatten an der Zeltwand starrte, ließ Porteus seine Gedanken zurück zu seiner zukünftigen Braut wandern. Er hatte immer das gleiche Bild vor Augen: Das Mädchen ging durch den kleinen Garten am Haus ihres Vaters in Rom und bemerkte nicht, daß es nicht allein war.
    Es war ihr dreizehnter Geburtstag: Ihr langes braunes Haar war geflochten und nach der neuesten Mode um den Kopf gewunden; sie trug ein schlichtes, weißes, um die Taille gegürtetes Leinengewand. Als sie am Springbrunnen in der Mitte des Hofes vorbeikam, zeichnete sich im Sonnenlicht ihr Körper durch den dünnen Stoff deutlich ab, und in atemlosem Staunen sah Porteus die klaren Formen, die jungen, eben zur Vollkommenheit erblühten Brüste.
    Dieser Anblick wäre ihm eigentlich nicht vergönnt gewesen, denn die vornehmen Mädchen wurden wohlbehütet und bis zu ihrer Heirat verborgen gehalten. Niemals würde er die unschuldige Anmut des Mädchens im Garten vergessen. Porteus hatte sich sofort verliebt. Sie hatte ein wunderschönes ovales Gesicht, große braune Augen und jene makellose olivfarbene Haut, die sich bis ins hohe Alter unverändert bewahrt.
    Es dauerte nicht lang, bis auch das Mädchen Gefallen an ihm fand. Er freute sich an ihrer Eigenwilligkeit, ihren plötzlichen Temperamentsausbrüchen, ihrem bezaubernden Lächeln. Das Mädchen wiederum hielt ihren beflissenen jungen Liebhaber für den genialsten jungen Mann der Welt. Das schmeichelte ihm sehr.
    Porteus seufzte. Der Tagtraum, dem er während der einsamen Monate in der kalten Provinz mit Vorliebe nachhing, drehte sich um ihre Hochzeit. Sie sollte in zwei Jahren stattfinden, und bis dahin wäre Lydia, das wußte er, zu einer wunderschönen jungen Frau herangereift. Jetzt jedoch wurden seine Träumereien durch einen Windstoß von draußen unterbrochen, und Marcus schaute herein.
    »Schreibst du Liebesbriefe?« Der junge Aristokrat grinste ihn freundlich an. »Nein. Ich berichte meinen Eltern von unserem Sieg.« Marcus nickte. »Keine angenehme Angelegenheit, fürchte ich, aber notwendig. Übrigens«, er lächelte gewinnend, »du sollst ruhig wissen, daß der Statthalter meint, du habest dich beim Überqueren der Meerenge gut gehalten. Er scheint zu denken, daß aus dir doch noch ein guter Soldat wird.«
    Porteus errötete vor Freude.
    »Ich habe vor, morgen den Westen der Insel zu erkunden«, fuhr Marcus fort. »Ich dachte, du möchtest vielleicht mitkommen – falls

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