Satans Bruder
eine Biegung macht, ist ein dichtes Gebüsch; Avocado- und Mangobäume, Hunderte davon. Man kommt kaum durch, doch Spike ließ nicht nach. Er zog mich hinter sich her und nach ungefähr hundert Metern fand ich dann heraus, warum: Da weinte jemand.« Sie drückte meine Hand. »Es war Pam! Sie lag auf einer Decke zwischen den Bäumen, mit Picknickkram daneben, einer Thermosflasche und Sandwiches. Sie lag auf dem Rücken - Mann o Mann.«
»Und dann?«
»Sie trug ein Kleid. Die Träger waren unten und eine Hand hatte sie hier.« Sie umfasste ihre linke Brust. »Sie hatte die Augen geschlossen. Die andere Hand war unter dem Kleid...«
»Sie weinte vor - Lust?«
»Nein, das glaube ich nicht. Es war mehr wie Schmerz, innerer Schmerz. Sie hatte ... an sich herumgespielt und irgendwie hatte sie das traurig gemacht. Sie weinte. Ich wollte mich verdrücken, bevor sie uns sah, doch dann fing Spike an zu bellen, und sie öffnete die Augen. Sie setzte sich auf und zog ihr Kleid zurecht, und Spike rannte zu ihr und leckte ihr das Gesicht. Kannst du dir das vorstellen, Alex? Da hat sie diesen Riesenpark und unser Meisterdetektiv spürt sie dennoch auf.«
»Pech«, stimmte ich zu, »obwohl sie genauso gut in ihr Zimmer hätte gehen können, wenn sie wirklich für sich sein wollte. Wie hat sie reagiert?«
»Für einen Augenblick schien sie schockiert, doch dann war sie ganz gelassen und ladylike, als wäre ich eine Nachbarin, die wegen einer Tasse Zucker an ihre Tür geklopft hat. Sie bat mich, mich zu ihr zu setzen. Dabei wäre ich am liebsten meilenweit weg gewesen, aber was konnte ich sagen? Nein, danke, ich gehe lieber, machen Sie nur weiter? Spike kümmerte sich inzwischen nur noch um die Sandwiches.«
»Der kennt seine Prioritäten.«
»Ich war ganz froh, dass er bei mir war. Sie spielte mit ihm und fütterte ihn und es gelang uns ganz gut, so zu tun, als wäre nichts geschehen. Doch dann brach sie plötzlich in Tränen aus und es sprudelte nur so aus ihr heraus - wie schlimm ihre Ehe gewesen war, wie schrecklich die Scheidung ... Ich kam mir vor wie ein Schwamm, der ihren Schmerz aufzusaugen hatte. Ich weiß nicht, wie du das die ganze Zeit aushältst, Alex. Ich sagte keinen Ton und überließ ihr das Reden. Ich meinte fast, sie wäre froh, dass wir sie erwischt hatten.«
»Da hast du wahrscheinlich Recht. Was war denn so schlimm an ihrer Ehe?«
»Ihr Mann war ebenfalls Arzt, ein Gefäßchirurg, ein paar Jahre jünger als sie, aber brillant und sehr gut aussehend. Der begehrteste Junggeselle der Klinik, sagt sie. Und es war Liebe auf den ersten Blick und sie heirateten bald. Nur mit dem Sex klappte es nicht. Sie täuschte alles vor, verstehst du? Vorher hatte sie nie Schwierigkeiten gehabt, sagt sie, und sie dachte, es würde sich von selber regeln. Irgendwann merkte er es dann. Zuerst störte es ihn nicht, solange er bekam, was er brauchte, doch das hielt nicht lange an. Am Ende fühlte er sich in seiner Männlichkeit beleidigt und begann sie unter Druck zu setzen. Er muss sie regelrecht verhört haben. Er wurde richtig besessen. Wenn sie keinen Orgasmus hatte, war es kein richtiger Sex für ihn. Am Ende gingen sie einander aus dem Weg und er hatte Affären, und zwar viele, und er unternahm nicht die geringste Anstrengung, es zu verbergen. Und da sie beide im selben Krankenhaus arbeiteten, hatte sie bald das Gefühl, dass alle über sie lachten.«
»Und das hat sie dir alles erzählt?«
»Sie hat mehr mit sich selbst geredet, Alex. Sie bat ihn, mit ihr zur Eheberatung zu gehen, doch er wollte nichts davon wissen. Er sagte, es wäre ihr Problem. Also ging sie allein in Therapie und irgendwann brach die Beziehung ganz zusammen und sie reichte die Scheidung ein. Zuerst benahm er sich wie ein echtes Schwein. Er machte Witze über ihre Frigidität und erzählte von all den Mädchen, mit denen er ins Bett ging. Doch das hörte plötzlich auf und er wollte eine Versöhnung, die sie dann ablehnte. Er rief sie weiter an und bettelte um eine letzte Chance. Sie sagte Nein und zog die Scheidung durch. Einen Monat später hatte er dann einen verrückten Unfall, beim Gewichtheben in seinem Übungsraum bei sich zu Hause. Er lag auf dem Rücken und irgendwie machte sich die Hantel selbständig und quetschte ihn zu Tode.«
»Und nun fühlt sie sich schuldig.«
»Extrem schuldig, obwohl sie weiß, dass sie keinen Grund dazu hat. Sie denkt, er hätte sie wirklich noch geliebt. Sie bildet sich ein, er hätte das Gewichtheben
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