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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Hand, Bill.«
    Er drehte seine Hand um. Das Blut kam vom Handgelenk und lief in einem einzelnen dünnen Rinnsal den Unterarm hinunter.
    Ich führte ihn zum Waschbecken und reinigte die Wunde. Ein sauberer Schnitt, nicht so tief, dass genäht werden müsste.
    »Wo ist Ihr Erste-Hilfe-Kasten?«
    »Da unten.« Er zeigte auf einen der Schränke.
    Ich trug eine antibiotische Salbe auf und verband ihm die Hand.
    »Ich bin eingeschlafen«, wiederholte er kopfschüttelnd. Die farbigen Kästen enthielten getrocknete Kartoffeln und Weizenkerne, angekochte Erbsen, Linsen und eine Reismischung.
    »Ernährungsforschung«, sagte Moreland, als wäre er mir eine Erklärung schuldig.
    Er sah das zerbrochene Glas und beugte sich hinunter. Ich hielt ihn zurück. »Lassen Sie, ich kümmere mich darum.«
    »Ich habe bis spät gearbeitet«, sagte er müde. Er schaute auf seine bandagierte Hand und leckte sich die Lippen. »Gewöhnlich arbeite ich nachts am besten, doch letzte Nacht kam alles durcheinander. Ich bin immer noch erschüttert über das, was gestern Abend passiert ist.«
    »Vergessen Sie es.«
    »Ich muss den Deckel und die Tür offen gelassen haben. Unverzeihlich. So etwas darf einfach nicht vorkommen.«
    Er fing an, sich mit schnellen Bewegungen die Schläfen zu massieren.
    »Kopfweh?«
    »Schlafmangel. Ich sollte es wirklich besser wissen in meinem Alter ... Wissen Sie, dass die meisten so genannten Zivilisationen an chronischem Schlafmangel leiden? Vor der Entdeckung der Elektrizität zündeten die Leute ein oder zwei Kerzen an und dann gingen sie zu Bett. Die Sonne war ihr Wecker. Sie waren in Einklang mit der Natur. Neun, zehn Stunden Schlaf am Tag. Ein zivilisierter Mensch bekommt heute kaum acht Stunden ab.«
    »Die Leute im Dorf schlafen wahrscheinlich ziemlich gut.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Na ja, es gibt nicht viel Technologie auf dieser Insel. Selbst der Fernsehempfang ist miserabel. Sie haben also keinen Grund, lange aufzubleiben.«
    »Das Fernsehen bringt nichts als Dreck. Doch wenn Sie es vermissen, kann ich etwas arrangieren ...«
    »Nein, danke, aber eine Zeitung dann und wann wäre nicht schlecht, nur um den Kontakt zur Welt nicht ganz zu verlieren.«
    »Tut mir Leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen. Früher, als die Marine uns noch erlaubte, Sachen mit ihren Transportflügen herbringen zu lassen, haben wir öfter Zeitungen bekommen, doch jetzt sind wir von den Frachtern abhängig. Reicht Ihnen das Radio denn nicht?«
    »Ich habe auf Ihrem Schreibtisch amerikanische Zeitungen gesehen.«
    Er blinzelte mich an. »Die sind alt.«
    »Gehört das zu Ihrer Forschung?«
    Wir schauten uns in die Augen. Sein Blick war jetzt klar und aufmerksam.
    »Ja. Ich benutze eine Nachrichtenagentur in Guam, die mir die Ausschnitte liefert. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen von dort auch Zeitschriften kommen lassen. Und wenn Sie fernsehen wollen, kann ich Ihnen ein tragbares Gerät beschaffen.«
    »Nein, das ist nicht nötig.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Hundertprozentig.«
    »Bitte sagen Sie mir, wenn Sie irgendetwas brauchen. Ich möchte, dass Ihnen der Aufenthalt hier Freude macht.« Er runzelte die Stirn »Und? Hat es Ihnen so weit Freude gemacht? Mit Ausnahme von gestern Abend, natürlich.«
    »Ja, es gefällt uns sehr gut.«
    »Das habe ich gehofft. Ich versuche mein Bestes, ein guter Gastgeber zu sein.« Er lächelte verlegen. »Nochmals Entschuldigung wegen der Zischer ...«
    »Reden wir nicht mehr davon, Bill.«
    »Das ist sehr großzügig von Ihnen. Ich nehme an, ich habe so lange hier allein gelebt, dass ich die richtigen Umgangsformen verlernt habe.«
    Er schaute erneut zu Boden. Er hielt sich die bandagierte Hand und sein Blick wurde wieder abwesend.
    Dann fing er sich wieder, stand abrupt auf und begutachtete den Schaden im Labor. »Zurück an die Arbeit.«
    »Meinen Sie nicht, Sie sollten ein wenig ruhen?«
    »Nein, nein, ich bin vollkommen fit. Ach ja: Weswegen sind Sie eigentlich gekommen?«
    Weswegen ich gekommen war, waren bohrende Fragen über Samuel H. und Strahlungskrankheiten; Fragen über Entschädigungen, Halbwahrheiten und Geheimnistuerei und welche Rolle er in den vergangenen vierzig Jahren wirklich gespielt hatte. Wenn er eine gespielt hatte.
    Und warum war meine Verbindung zu Kriminalfällen so »perfekt«?
    Stattdessen sagte ich: »Ich wollte nur wissen, ob Sie mir vielleicht spezielle Fälle nennen wollen, um die ich mich kümmern soll.«
    »Oh, nein, das würde ich niemals von Ihnen

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