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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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verlangen. Wie ich von Anfang an gesagt habe: Sie haben vollkommene Freiheit.«
    »Es würde mir nichts ausmachen, weitere Fälle in Zusammenhang mit den Bombentests durchzusehen. Es geht um die neuropsychologischen Effekte von Strahlenvergiftung. Ich glaube, darum hat sich noch nie jemand gekümmert. Es wäre eine einzigartige Gelegenheit, zu einer Theorie zu kommen.«
    Er zog den Kopf einen Zentimeter zurück und legte eine Hand auf den Tisch. »Ja, das wäre es wohl.« Er rückte Kästen mit Trockennahrung zurecht, schaute sich Zutaten an und schob einen Reagenzglasständer wieder an Ort und Stelle. »Aber leider ist Samuels Fall die einzige Strahlungssache, über die ich noch Unterlagen habe. Bis gestern wusste ich gar nicht, dass ich sie mitgenommen hatte. Vielleicht habe ich das unbewusst getan, weil ich eine Erinnerung behalten wollte.«
    »Woran?«
    »An die schrecklichen Dinge, die Menschen unter dem Deckmantel der Autorität anrichten.«
    »Ja«, sagte ich, »Autorität kann eine furchtbare Geißel sein.«
    Er antwortete mit einem kurzen, scharfen Nicken. Dann wieder ein bedrückter Blick. Er schaute mich an, wandte sich wieder ab und hielt ein Reagenzglas gegen das Licht. Sein Arm zitterte.
    »Es wäre bestimmt eine interessante Arbeit, Alex. Schade, dass ich nicht mehr Daten habe.«
    »Ich war heute Morgen im Laden unten am Strand und habe zufällig den Schluss der Pressekonferenz mitbekommen, die Hoffman in Guam gegeben hat.«
    »Wirklich?« Er inspizierte ein weiteres Reagenzglas.
    »Er hat über seine Pläne geredet, Mikronesien zum Wohlstand zu verhelfen.«
    »Das wundert mich nicht. Damit hat er schließlich sein Vermögen gemacht: mit dem Bau von Einkaufszentren. Damit und mit so genannter ›Waldbewirtschaftung‹. Sein Vater war ein Holzfäller, aber er ist für mehr zerstörte Wälder verantwortlich, als sein Vater sich je hätte vorstellen können.«
    »Gilt er nicht als ziemlich ökologisch gesinnt?«
    »Mit dem Prädikat kann er sich nur schmücken, weil er es vermieden hat, sein eigenes Nest zu beschmutzen. In Südamerika hat er den Regenwald fällen lassen, doch in Oregon und Idaho hat er die Nationalparks gefördert. Deshalb haben ihn die Umweltschutzgruppen dort so gern. Daran hat er mich gestern Abend erinnert. Als ob das eine Entschuldigung wäre.«
    »Eine Entschuldigung wofür?«
    »Für das, was er hier tut.«
    »Dass er Aruk sterben lässt?«
    Er stellte das Reagenzglas in den Ständer zurück und schaute mich an. »Ein gewisser Mangel an Elan bedeutet noch nicht, dass der Patient im Sterben liegt.«
    »Sie haben also noch Hoffnung?«
    Seine Arme hingen schlaff herunter. Blut war durch den Verband gesickert und hatte eine Kruste gebildet.
    Seine Lippen bewegten sich kaum, als er sagte: »Ich habe immer Hoffnung. Ohne Hoffnung ist alles nichts.«
    Er zündete einen Bunsenbrenner an und ich ging in mein Büro zurück.
    Warum war ich nicht direkter gewesen? War es der Sturz? Weil er so gebrechlich wirkte?
    Stürze, Vergesslichkeit, Zittern - vielleicht war er nur ein alter, verfallender Mann.
    Ein Mann, der mit seiner Insel stirbt.
    Auf meine Andeutung, dass Aruk im Sterben liege, hatte er mit derselben frostigen Schärfe reagiert, die er am Abend zuvor seiner Tochter gegenüber gezeigt hatte. Ich fragte mich, ob er früher einmal ein viel härterer, kälterer Mann gewesen sein könnte.
    Ohne Hoffnung ist alles nichts.
    Hoffnung war schön und gut, aber was unternahm er gegen den Niedergang? Ich kam immer wieder zu derselben Frage: Warum ergriff er keine Maßnahmen, die Insel wieder zum Leben zu erwecken, anstatt seine ganze Energie in die Erforschung der Nahrungsbedürfnisse von Parasiten zu stecken?
    Oder hatte er einfach nicht mehr die Energie dazu? Brauchte er vielleicht dieses kleine Universum um sich, weil es das Einzige war, über das er noch Kontrolle hatte?
    Doch welche Rolle hatte er für mich darin vorgesehen?

22
    Ich machte mich auf die Suche nach Robin, doch sie fand mich zuerst. Sie kam mit Spike den Weg herauf und sah besorgt aus.
    »Was ist los?«
    »Lass uns reingehen.«
    Wir gingen in mein Büro zurück und setzten uns auf die Couch.
    »Mann o Mann.«
    »Also, was ist?«
    »Ich habe noch einen Spaziergang gemacht, zur Nordwestecke des Parks, wo die Mauer vom Banyanwald abbiegt. Spike zog es dorthin. Ich lief nur hinterher.«
    Sie wischte sich die Locken aus der Stirn und ließ ihren Kopf auf die Sofalehne sinken.
    »An einer Stelle, wo die Straße hinter der Mauer

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