Satans Eulen
klar, daß es sich bei diesem Tier um eines handelte, das unter dem Schutz des Teufels stand. Eine andere Erklärung fand er für das Phänomen nicht. Enna hatte sich wieder erholt. Sie sah dem verzweifelten Kampf ihres Mannes zu und wußte, daß sie etwas unternehmen mußte, sonst waren sie die Unterlegenen.
Aber was sollte sie tun?
Das Gewehr fiel ihr ein. Es war eine Jagdflinte, doch erst in den Keller zu laufen, um die Waffe hervorzuholen, diese Zeit stand ihr nicht zur Verfügung.
Die Küche hatte ein Fenster. Hier waren die Blendläden noch nicht vorgeklappt worden, deshalb mußte sie es riskieren. Kaum hatte sie sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, als sie ihn schon in die Tat umsetzte. Sie beugte sich vor, drehte den Griff und öffnete das Fenster. Durch das Loch strömte augenblicklich frische Luft in den Küchenbezirk und kühlte die erhitzten Gesichter der beiden Menschen. Dann warf sich Enna herum, sprang auf ihren Mann und das Tier zu, wobei sie sich selbst überwand, die Arme ausstreckte und ihre zehn Finger in den Rücken der Eule schlug.
Das Tier zuckte. Lars Strindberg schrie, aber die Eule wollte nicht loslassen. Sie hatte sich festgekrallt, und der Maler konnte es auch nicht riskieren, mit dem Messer auf das Tier einzustechen, aus Angst um seine Frau, die er hätte zu leicht treffen können.
Verzerrt war Ennas Gesicht. Sie gab nicht auf, hatte weiterhin sämtliche zehn Finger in das Gefieder gekrallt und war stärker als die Strige. Plötzlich löste sich der Druck, allerdings so überraschend, daß die Frau zurückflog, durch die Küche taumelte und mit dem Rücken gegen eine Kante stieß. Es war ein sehr harter Schlag. Tränen schössen in ihre Augen, wobei sie das Gefühl hatte, ihr Rücken würde nur mehr eine Säule aus Feuer sein.
Sie ächzte schwer, aber sie hielt die Eule fest, überwand ihren Schmerz, wankte auf das Fenster zu und schleuderte das Tier wuchtig nach draußen.
Erst jetzt faßte sich der Maler. Bevor die Frau reagieren konnte, schlug er das Fenster zu. Allerdings würde die Scheibe kein Hindernis für die Eule darstellen, doch um das halbe Haus herumzulaufen und die Rollos zu schließen, dazu blieb ihm nicht die Zeit. Er mußte sich auf sein Glück verlassen.
Dann hetzte er aus dem Küchentrakt. Enna schaute ihrem Mann nach. Sie wollte noch fragen, wo er hinrannte, doch sie bekam keinen einzigen Laut hervor.
Lars hatte ein Ziel. Er dachte noch an die offenstehende Haustür. Sie mußte er zurammen.
Wuchtig warf er sich dagegen. So laut wie ein Schuß knallte es, als die Haustür ins Schloß fiel.
Ruhe…
Trügerisch nur, und der Maler lehnte sich schweratmend mit dem Rücken gegen das Holz.
Halb offen stand sein Mund. Ebenso waren die Augen geweitet. Der Schweiß rann über sein Gesicht, und die Hände zitterten, während sich in seinen Knien ein Puddinggefühl breitmachte, er den Kopf gesenkt hielt und ihn schüttelte.
Sein Pullover war an den Armen zerfetzt. Die Horror-Eule hatte mit ihren scharfen Zähnen nicht nur die Wolle zerrissen, sondern auch die Haut aufgehackt, so daß Blut aus den Wunden strömte und nasse Flecken gebildet hatte.
»Lars!« Der Maler hörte die zitternde Stimme seiner Frau und hob den Kopf.
Enna kam aus der Küche. Auch sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Über ihr Gesicht rannen Tränen. Sie hatte die rechte Hand ausgestreckt und hielt sich an der Flurwand fest, als sie mit zitternden Beinen über den Gang schlich.
Enna war mit den Nerven fertig.
Lars ging auf seine Frau zu. Er umschlang sie mit beiden Armen und preßte sie fest an sich. Automatisch strich er über ihr Haar. »Es wird alles wieder gut, Mädchen. Verdammt, es wird alles wieder gut. Glaub mir doch…«
Sie schluchzte. »Das möchte ich so gern glauben, aber es geht nicht. Ich… ich kann es nicht.«
»Und warum?«
»Weil wir gegen sie nicht ankommen. Die Eulen sind zu stark. Du hast es ja gesehen, sie werden immer kommen, sie gelangen ins Haus, daran gibt es nichts zu rütteln…«
»Ich hole mein Gewehr.«
Enna hob ihren Kopf und schaute über die Schulter des Mannes ins Leere. »Glaubst du daran, daß dies etwas nützen wird? Ich nicht, Lars. Wirklich nicht. Wir können nichts unternehmen. Die anderen sind schneller und stärker.«
»Nein, du muß daran glauben.«
»Mama, Vati, warum seid ihr so laut?« Die Stimme der fünfjährigen Sonja erklang von der Treppe her. Als hätte ein Blitzstrahl zwischen den Ehepartnern eingeschlagen, so fuhren sie
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