Satt Sauber Sicher
existierende sein kann. Faszination Wirklichkeit. Dieser sind Simon und Kevin immer noch überdrüssig, denn auch während des Films riss ihr Interesse für Naturdrogen nicht ab. Die Luft kann man mittlerweile zerschneiden. Man könnte die Atmosphäre in diesem Raum in kleine Quadrate schneiden und in einem Schrank stapeln. Macht man aber nicht, weil man die Atmosphäre ja braucht, um sich in ihr einigermaßen gut zu fühlen. Die kiffenden Kinder. Sie checken sich und die Lage. Draußen ist es bereits dunkel. Den Nachmittag zur Nacht geraucht. Etwas höher nurder Mond. Der lacht die Welt aus. Daneben Sterne. Unendliche Weiten. Galaxien. Simon sieht Raumschiffe, Kevin kleine Käfer auf seiner Haut. Ok, doch etwas zu viel geraucht. "Komm, wir gehen noch 'ne Runde", schlägt der eine Freund dem anderen vor und wer jetzt von beiden gesprochen hat, ist eigentlich egal, denn beide sind mittlerweile eigentlich ein Körper und ein kranker Geist.
Sie stolpern das Treppenhaus nach unten. Alles ist irgendwie witzig. Alle Geräusche, Gerüche, Stimmen, Emotionen. Alles, die ganze Welt nur ein großer Witz. Vollkommen lustig. "Ob Gott wohl ein Kiffer ist?", beginnt eine Philosophie. Zunächst bleibt diese ohne Resonanz in beiden Hirnen. Da rotiert anderes Zeug, eine herrlich fließende Langsamkeit jenseits menschenmöglicher Wahrnehmung. Jenseits von allem. Jenseits von jedem. Nur schön, man selbst zu sein. Da kommt was zusammen, was einem am nächsten liegt. Innen- ansichten werden gefälliger. Die beiden Jungs haben es zu nichts gebracht bislang. Weder Schulabschluss noch Berufsausbildung, nur diverse Highscores diverser Playstation-Spiele nennen sie ihr eigen. Aber diese Nacht ist ihr Tag. Da liegt die Luft in Streifen auf der Straße und das Gehirn funktioniert, wie der Mensch es will. Nichts Böses wird gedacht, nur laut gelacht über alle, die sich viel zu ernst nehmen in ihrer Menschlichkeit. Mensch sein, kann doch jeder. Aber solche Nächte gehören der menschlichen Elite. Die kommt von unten, die Elite, und blüht wild ins Leben. Aus dem Gewächshaus des Ghettos flimmert das elitäre Denken durch Deutschlands Ballungszentren und wuchert in solchen Nächten über die ganze verrückte Stadt. Die späte Nacht, es ist noch so warm und jeder der beiden Jungs findet es schön, dass da einer ist, der es ernst meint mit dem Breitsein und der darin gefundenen Freundschaft.
Dann setzt man sich in ein Auto und startet es. Immer noch vollkommen witzig alles. Beiden strahlt ein Grinsen aus dem Gesicht, das unvereinbar ist mit menschlicher Realität. Simon will jetzt Auto fahren. "Bullen fahren hier eh nicht lang um diese Zeit". Er fährt durch ein paar Straßen, alles läuft sehr routiniert und das Geräusch des Autos ist einfach nur total lustig. Alles viel zu komisch. Sie kommen an einen Kreisverkehr. Kein Auto, kein Mensch weit und breit und alles nur lustig. Simon fährt in den Kreisverkehr und als er drin ist, hält er an und legt den Rückwärtsgang ein. Dreht einige Runden rückwärts. Aus dem Autoradio ein entspannter Reggae-Beat. Zwei Jungs, die mitten in der Nacht völlig bekifft Reggae hörend rückwärts durch einen Kreisverkehr fahren. Mal schnell, mal langsam, so wie es das Leben gerade will. Dazu dieser Gentleman:
... after a storm there must be a calm you shoulda never to resign remember seh jah love already there before you born his love is so pure and devine ...
Genau, nach dem Sturm die Ruhe. Das ist jetzt. Rückwärts durch den Verkehr. Und Gott auf dem Beifahrersitz.
Plötzlich klirrt sich was in die Stille. Ein unangenehmes Geräusch zerreißt die gedankliche Entspannung, die in den Köpfen der beiden Jungs herrschte. Simon bremst schockiert, obwohl er eigentlich schon steht. Da ist ihnen jemand aufgefahren beziehungsweise sind die beiden Grasjunkies jemandem rückwärts aufgefahren. Die beiden drehen sich um und ihre rot gekifften Augen sehen einen ziemlich mies gelaunten Typen, der ein Handy betätigt. "Fuck Alter, jetzt sind wir dran", Kevins Angst manifestiert sich in diesen Worten, "der ruft schon die Bullen."
Simon wagt auch keine Regung. Es vergehen Sekunden und Minuten, aber auch der Typ im angefahrenen Auto regt sich nicht. Der labert lediglich sein Handy voll. Simon erkennt ernsthaft verstimmte Augen im Rückspiegel. Für eine adäquate Flucht ist er viel zu angeturnt.
Die Polizei kommt. Die Kifferkinder in Angst. Drogen im Straßenverkehr sind angeblich kein Witz mehr. Der Polizeiwagen hält
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