Satt Sauber Sicher
lassen. Es hat sich eine leichte Persönlichkeitsspaltung in ihm aufgebaut. Die knuspert ein wenig Hirnrinde, mehr ist nicht. Mehr soll nicht. Peter.
Ein Teil in Peter will die Welt bewohnen, der andere Teil alles zerstören. Ein Teil von Peter will Liebe schmecken, ein anderer sie aus Angst nie probieren. Ein Teil von Peter will sich kreativ outen, ein anderer schweigen und Gras rauchen und wachsen hören. Ein Teil von Peter will spazieren gehen, der andere Teil will nicht mit, dann doch, dann wieder nicht ...
Spazieren gehen? Warum nicht? Warum eigentlich? Peter bleibt im Haus. Er will Sicherheit. Draußen hält sich ein Wetter auf, das überwiegend Graufärbungen hat. Und Nieselregen, deutscher Nieselregen.
Peter liebt den Uterus, den er liebevoll sein Zuhause nennt. Es ist eng hier drin, dreckig auch, Uterus eben. Bei jeder Türöffnung ist da ein kleines Unbehagen. Hier drin ist es warm und es gibt einen Kühlschrank und darin alles, was Mensch für ein kleines Leben benötigt. Warum das Leben unnötig aufblasen, denkt sich Peter. Das Leben ist doch keine Gummipuppe, die mit geöffnetem Mund neben einem schläft und sich sonst nichts denkt. Das Leben ist klein und instabil, weiß Peter und zündet sich 'ne Kippe an. Und vielleicht will es gefickt werden, das eine gute Leben ...
Da das Leben sich aber zu keinem Vorwurf oder Einwurf jemals äußern wird, sondern einfach so weitermacht, wird nicht ins Leben gefickt, es wird auch nicht aufs Leben geschissen, sondern das Leben soll da bleiben, solange man es ertragen und gut finden kann. Peter ist ein junger Mensch Mitte dreißig und die Gedanken, die er gerne mit sich trägt, passen manchmal nicht in diese Welt, aber genau aus diesem Grund sollte er sie überall äußern. Mensch sei zerbrechlich, denn das ist deine Natur.
Zu Besuch im Lazarett der globalen Wirklichkeit
In diesem Dorf wird jeder Dritte nicht älter als 35. Nutten haben Träume. Soldaten auch. Ein Leben im Inneren einer Wüste. Die Wüste ist sowohl real als auch emotional vorhanden. Niemand weiß, dass Randor Namobi tot ist. Erschlagen in Deutschland. Randor hat mal hier gelebt, bevor er ein Boot bestieg, das ihn in eine europäische Zukunft bringen sollte. Er kam in Deutschland an und wurde von nationalen Trinkern an einem Bahngleis verschmiert. Schwarz, rot, geil. Die Metzger laufen immer noch frei rum. Der deutsche Mob macht Löcher in Kopp.
Gestern war ein hässlicher kleiner Mann im Dorf. Ein Prominenter aus Deutschland oder Umgebung. Er hat hier einen Werbespot gedreht mit den Kindern, die dafür Schokolade bekommen haben. Er war hier für eine Organisation, die hier in Afrika Schulen, Krankenhäuser und Behinderteneinrichtungen bauen will. Als ob es nicht schon genug Scheiße hier auf diesem inkontinenten Kontinent gäbe. Der Prominente nahm sterbende, aidsinfizierte Kinder an die Hand und streichelte ihre Biafrabäuche. Er vertrieb Fliegen. Er spielte mit Einbeinigen Krückenfußball. Er fühlte sich sozial engagiert. Er war sozial, solange die Kamera an war. Sozial bis Feierabend. Als die Kamera nämlich ausgemacht wurde, grätsche er ein einbeiniges Minenopfer um und desinfizierte sich erstmal die Kinderberührungshände. Dann war ihm Krüppelfußball zu doof und er wollte irgendwelche Frauen ausprobieren. "Die sind ja alle so schick dünn", belästigte er den mitfahrenden Regiemenschen.
Der Regiemann wusste, worauf der dumme Vorabendseriendarsteller hinauswollte. Ficken mit dem Elend der Region. Klar, Reis macht nicht fett. In irgendeinem Verschlag probierte der viagraabhängige Schauspieler dann einige Mädchen aus. Keine war schon achtzehn. Das ist leider nicht gefilmt worden. Das wäre nämlich ein prima Werbespot für dieses Land gewesen. Viva la Sextourismus. Eine Pfütze Blut, die auf gelbem Sand geronn, blieb zurück.
Als der Mann fertig war, wollte er zum Flughafen und zwar möglichst schnell. Die Worte, die er verlor, waren: "Genuch Nigger gefilmt, dat kann man doch jetzt schneiden, dat ich noch vor der neuen Serie als sozial-engagiert rüberkomm. Bloß weg hier aus dem Loch. One world und so. Alles ist eins." Der Regiemann nickte, die Ausrüstung wurde abgerüstet und zusammengepackt und alles in einem Jeep verstaut. Ab durch die Wüste. Flughafen. Fuck you, never Africa again. Oder, um es mit den Worten des Prominenten zu sagen: "Wenn die Mädchen in Deutschland ärmer wären, hätten sie auch wieder mehr Spaß am Sex mit alten Männern wie mir ..."
Veränderungen in
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