Satt Sauber Sicher
Job gründlich. Sie tragen Waffen, aber keine Sympathie.
Roland auf der Anrichte eines Pathologen. Der macht es kurz. Erkennt die ganze Krankheit in Roland. Erkennt dieses zerfressene Gehirn. Sieht andere Organe in Auflösung begriffen. Maden, Käferlarven. All you can eat. Rolands Grand Buffet. Er hat seinen Körper als Wohnheim für kleine Tiere verschenkt. Der Pathologe schmeißt sie alle raus. Körperbesetzer. Raus. Die kleinen Tiere lachen. Es war eine gute Zeit.
... you were my mad little lover in a world where everybody fucks everybody else over ...
Nick Cave and the Bad Seeds - Far from me
Leben im Glascontainer
Draußen vor der Tür ist ein Altglascontainer. Hubert mag das Geräusch, wenn Personen da Flaschen reinwerfen. Diese aggressive Spitze, wenn Glas in der Ferne zerbricht. Hubert träumt manchmal, in einem solchen Glascontainer zu leben. Kein Geräusch verursachen, eigentlich nichts verursachen, aber alle Geräusche wahrnehmen.
Hubert und Karla in ihrer Stille. In ihren Gedanken. In ihren wohlbekannten Bädern aus Hassschaum. Oberkante Unterlippe. Da brodelt in beiden Gesichtern dieser Schaum, eine Mixtur aus dem Sud, der beim Aushalten des jeweils anderen entsteht, gewürzt mit emotionaler Gedankensuppe. Buchstabensuppe nur mit bösen und dummen Wörtern. Hubert und Karla, so sieht es in ihnen aus. Die Leere und die Suppe. Sitzen sie da und starren ihren Fernsehapparat an, der Dummheit und deutsche Aussichtslosigkeit ins saubere Wohnzimmer gießt. Die Aussichtslosigkeit des Lebens. In einem viertelstündigen Fernsehformat. Ulrich Wickert ist tot.
Das Zimmer zum Wohnen. So sauber. So gepflegt. Karlas Wahn tötet Bakterien und jede menschliche Regung. Nun sitzt sie hier, ist ganz fertig davon und macht die Augen auf. Visionen hat sie nicht mehr. Parole: Aushalten, bis der Arsch (Hubert) umfällt. Kann nicht mehr lange dauern. Der Bluthochdruck wird ihn eines Tages erledigen. Das Herz wird ihm platzen vor unausgelebter Sehnsucht. Das ganze Herz wird kaputtgehen und überall wird Blut sein. Karla stellt sich die Sauerei vor und sieht sich schon fröhlich wischen. Den Matsch in den Eimer tun. Den Mann in den Müll werfen. Ein neues Leben beginnen.
Aber welches? Was für ein Leben kommt nach diesem hier? Kommt da überhaupt noch was außer des Tatorts im TV? Was kommt? Wenn man gläubig wäre, hätte man daraus vielleicht ein kleines Lebensziel definieren können, aber leider geht auch das nicht, denn katholisch erzogen wurden zwar beide, aber im Laufe des Lebens hat die Realität obsiegt, die gesagt hat, dass Religion Zeitverschwendung ist. Den Gang in die Kirche gespart, aber leider nicht durch den Gang in sich selbst ersetzt.
Hubert und Karla schweigen, keine Besonderheiten. Nichts Bewegendes und nichts Bewegtes. Der Fernseher zeigt Kriege und buntes Sterben in internationalen Krisengebieten. Hubert und Karla fühlen sich gut und ungefiltert informiert. Der Schmerz von abgetrennten Beinen, weil ein Panzer im Libanon drüberfuhr, ist da. Apfelsaft und Kekse sind auch da. Die räumliche Distanz ist im Haus, die persönliche auch. Wir sind eine Mauer, denken beide, ein Schutzwall unserer entzündeten Seelen. Die Seele brennt. Alles steht in Flammen in beiden Geistern. Hubert und Karla. Verbrennen ihr Leben. Die Zungen kleben am Gaumen. Nicht reden. Statt Reden gibt es Karlas selbst gebackene Höllenkekse. Da ist so viel Schmerz in einem Gebäckteil, das Ding müsste viel größer sein, als es augenscheinlich ist. Hubert und Karla bei Keksen und Apfelsaft. Das Gehirn gleichzeitig unter- und überfordert. Keine Bewegung nach außen, nur Regung des schweinischen Inneren. Die Sauinnereien schreien subtil-verstimmt in das abendliche Wohnzimmer. Hubert versucht mit der körperlichen Haltung eines Tetraspastikers, seinen Darm vom lautstarken Furzen abzuhalten. Die Anti-Ballast-, also eher Belaststoffe der Kekse sind dafür verantwortlich. Karla weiß das.
Weil Hubert ihre Nahrung isst, wird er eines Tages sterben. Und weil er sich nicht traut öffentlich zu furzen vor den Augen und Ohren seiner Ehefrau. Das verdunkelt die Zukunft. Huberts zukünftige Kaputtheit wird multipliziert mit der von heute.
Da wird er einen Herzinfarkt kriegen, wenn die Karla grad im Keller ist und nur hört, dass oben was umgefallen ist. Ein Regal, eine Vase, ein Mann, keine Ahnung. Kommt dann nach oben die Karla und da liegt dann der Hubert, schon ganz blau im Gesicht, und die Karla weiß bei diesem Anblick nicht recht wohin mit
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