Saubere Verhältnisse
selten an Zeiten, die wir verabredet hatten, war unverschämt zu Kellnern und so, ließ immer Sachen herumliegen und hat sich mehrmals bei mir Geld geliehen, das sie nie zurückgezahlt hat. Aber ich konnte mich nicht von ihr fernhalten.«
»Und dann hat Helena euch erwischt?«
Er schüttelte heftig den Kopf.
»Nein, nein. Überhaupt nicht. Ich habe es Helena sehr früh erzählt. Und sie gebeten, mir zu helfen.«
»Sie gebeten, dir zu helfen?« rief Yvonne erstaunt aus.
»Ja, es war eine so schwierige Situation für mich, und ich ging immer zu ihr, wenn ich Hilfe brauchte. Das war ganz natürlich für mich.«
»Wie hat sie reagiert?«
»Genau wie ich es erwartet habe. Sie wußte, was los war – daß es eine Abhängigkeit war, eine Krankheit –, und sie war bereit, mir bei meinem Kampf, die Beziehung zu beenden, zu helfen.«
»Wie edel. Hat es geklappt?«
»Ich konnte mich immer wieder über lange Zeiten von Karina fernhalten. Da waren Helena und ich glücklich zusammen, und ich glaubte, ich hätte es geschafft. Dann kam ein Rückfall, aber mit Helenas Hilfe kam ich immer wieder heraus. Es ging rauf und runter, könnte man sagen.«
»Hatte Karinas Mann auch soviel Verständnis?«
»Nein, aber er wußte es. Karina machte keinerlei Anstrengungen, unser Verhältnis zu verstecken. Sie benützte ganz offen die Parfums und den Schmuck, den ich ihr geschenkt hatte. Und sie konnte nicht lügen. Das war eine merkwürdige Eigenschaft von ihr. Sie konnte schweigen und manipulieren, wichtige Informationen zurückhalten und durch und durch falsch sein. Aber wenn man ihr eine direkte Frage stellte, antwortete sie immer wahrheitsgemäß. Ich glaube, sie hatte einfach nicht genug Phantasie für eine Lüge.«
»Und wie reagierte ihr Mann?«
»Er war natürlich verzweifelt. Aber es ist ja nicht so leicht, einen Menschen einfach hinauszuwerfen. Da waren ja auch die Kinder. Und dann hat er sie wohl geliebt. Vielleicht anders als ich. Er biß die Zähne zusammen und ertrug sie, und jedesmal, wenn wir Schluß machten, schöpfte er wieder Hoffnung.«
»Und dann überraschte Helena euch im Bett in Åsa. War das während einer Periode, wo sie meinte, es sei Schluß zwischen euch? Oder warum war sie überrascht?«
»Sie hat uns nicht überrascht. Sie war sehr diskret. Es gab Wochenenden, an denen Karina und ich im Häuschen waren, und dann gab es Wochenenden, an denen ich mit Helena dort war. Und Helena hätte niemals ihren Fuß dorthin gesetzt, wenn sie nur den geringsten Verdacht gehabt hätte, daß ich mit Karma dort bin.«
»Aber was ist denn passiert?«
»Karinas Mann hat ein Ultimatum gestellt«, sagte er leise. »Ein deutliches Ultimatum. Er hatte eine Stelle in Sydney in Australien angeboten bekommen, und er war fest entschlossen, dorthin zu ziehen. Und die Kinder würde er auch mitnehmen. Er hatte schon alles organisiert, mit Schulen und allem. Karina hatte die Wahl, mitzukommen oder hierzubleiben und so den Kontakt zu ihren Kindern zu verlieren. Die Kinder waren seine stärkste Karte. Karina wußte so gut wie er, daß die Kinder sich für ihren Vater entscheiden würden, wenn sie wählen müßten. Und sie wollte ihm die Kinder nicht in einem Sorgerechtsstreit wegnehmen. Außerdem wollte sie selbst unsere Beziehung beenden.«
»Sie beschloß also mitzugehen. Und dann?« fragte Yvonne.
Bernhard hatte sich nach vorne gebeugt und die Arme um sich gelegt. Er öffnete den Mund, seine Lippen zitterten. Dieser Mund mit den dicken, aufgeworfenen Lippen, der Yvonne geärgert und den sie geliebt hatte. Der ihr erst gleichgültig, dann unangenehm und schließlich begehrenswert war. Und der jetzt … ein Mund war, der redete. Dessen Form und rundliche Weichheit interessierten sie nicht mehr, sie wollte nur die Worte. Und als er jetzt zögerte, wurde sie unruhig. Sie stand auf, holte sein Hemd und setzte sich neben ihn.
»Frierst du?« fragte sie freundlich, und ohne eine Antwort zu bekommen, legte sie das Hemd über seine Schultern und fuhr ruhig fort:
»Karina ist nicht mit ihrem Mann nach Sydney gezogen. Was ist passiert?«
Er studierte den Perserteppich, als ob die Antwort auf ihre Frage in dem komplizierten Muster zu finden wäre. Yvonne wartete, bis er nach einer langen Pause fortfuhr:
»Wir haben uns zu einem letzten Treffen verabredet. Im Häuschen in Åsa. Und was da passierte, ist schwer zu erklären. Ich mußte die ganze Zeit daran denken, daß wir alles, was wir taten, zum letzten Mal taten. Als sie gehen
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