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Saubere Verhältnisse

Saubere Verhältnisse

Titel: Saubere Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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hatte. Das Bild, das er am Herzen trug. Sie stellte sich vor, wie die Frau mit der Löwenmähne ein japanisches Filetiermesser in die Brust der jungen, erstaunten Geliebten stieß.
    »Die Frau, die sterben mußte, hat sie dir viel bedeutet?« fragte Yvonne.
    »Nichts. Überhaupt nichts. Es war Wahnsinn. Ich weiß nicht mal mehr, wie sie aussah. Das war doch das Schreckliche. Die einzige, die mir wirklich etwas bedeutet, ist meine Frau. Und das ist immer noch so. Wir bedeuten uns alles. Wir haben nie Kinder bekommen können, und das hat uns vielleicht noch stärker aneinander gebunden. Man kann sagen, jeder sieht im anderen sein Kind.«
    Er stand auf, ging zum Bücherregal und kam mit einem Fotoalbum zurück. Er suchte eine bestimmte Seite, und mit einem traurigen Lächeln legte er das aufgeschlagene Album auf Yvonnes Schoß.
    »Das ist der Gemüsegarten vor drei Jahren. Kannst du verstehen, wie ich eine solche Frau betrügen konnte?«
    Yvonne betrachtete das Foto.
    »Ist das Helena?« fragte sie erstaunt.
    »Ja. Ist sie nicht schön?«
    Zwischen akkuraten Reihen von Salatköpfen und Lauchstengeln stand eine Frau in einem frischen, blauweiß gestreiften Hemd und Jeans, die perfekt auf ihren schlanken Hüften saßen. Im Arm hielt sie einen Strauß rote und orangerote Dahlien. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit feinen Zügen, dicht stehenden Augen, einen langen grazilen Hals und weiße ebenmäßige Zähne. Ihre blonden Haare waren zu einer kurzen, aber doch weichen und weiblichen Frisur geschnitten, in den Ohrläppchen trug sie kleine weiße Perlen. Die Augen stark und von kräftigem Blau. Das war eine ganz andere Frau als die, die Yvonne auf dem eingeschweißten Foto gesehen hatte.
    »Doch«, sagte sie. »Sie ist wirklich sehr schön.«

17
    »Hast du schon das Neueste gehört? Cilla will heiraten.«
    Die Neuigkeit wurde von Lotta überbracht, als Yvonne das Büro von »Deine Zeit« betrat. Obwohl sie wirklich nicht mehr viel Zeit im Unternehmen zubrachte, war sie immer noch gut informiert. Seit sie mehr bei Bernhard arbeitete, waren die Zeiten im Büro kürzer und seltener geworden, und beim Morgenschnack mit Cilla und Lotta mußte sie zu ihrer eigenen Verblüffung feststellen, daß sie manchmal nicht wußte, wovon die anderen beiden sprachen.
    Nun schien sie eine ganze Menge verpaßt zu haben.
    Aber es stellte sich heraus, daß die Nachricht auch für Lotta neu war. Cilla und ihr Zukünftiger hatten sich erst vor kurzem kennengelernt, und als sie ein paar Stunden später zusammen mit ihren Verlobten auftauchte, erfuhr Yvonne das Wunder von ihr selbst.
    Der Mann war ein ehemaliger Lastwagenfahrer, der vom schweren Heben Rückenprobleme bekommen hatte und sich zum Straßenbahnfahrer hatte umschulen lassen. Sie hatten sich getroffen, als Cilla in die falsche Straßenbahn einsteigen wollte. Sie hatte nicht gesehen, daß ›außer Betrieb‹ darauf stand. Mit der ihr eigenen Dickköpfigkeit hatte sie behauptet, es habe eine deutliche Drei darauf gestanden, und sie war so unbelehrbar gewesen, daß sie ein paar Haltestellen hatte mitfahren dürfen, während die Sache aufgeklärt wurde. Dann tranken sie im Personalraum des Depots einen Kaffee und diskutierten weiter.
    »Et cetera, et cetera«, schloß Cilla.
    Et cetera? Yvonne und Lotta schauten sich fragend an. Sie verstanden nichts.
    »Ich bin so glücklich«, sagte Cilla. »Ich habe von Benny mehr über mich selbst gelernt als in fünf Jahren Psychologiestudium und zwanzig Jahren Therapie. Jeder Mensch sollte einen Benny haben.«
    »Aber ich gehöre nur dir«, brummte Benny mit scheuem Stolz. Er saß tief in einem der eleganten Sessel aus schwarzem Leder und Stahlrohr, sein schwerer Körper füllte ihn ganz aus. Er hatte einen Walroßschnauzbart, um seine rötliche Glatze lief ein Heiligenschein aus abstehenden blonden, fast grauen Haaren. Sein großer Bauch hüpfte beim Sprechen wie bei einem gutmütigen Weihnachtsmann.
    »An Silvester seid ihr alle zur Hochzeit eingeladen«, sagte Cilla, setzte sich auf Bennys Schoß und schlang die Arme um seinen breiten Hals.
    »Hier geht es aber ab«, sagte Lotta.
    »Im Gegenteil. Es hat viel zu lange gedauert. Wir haben fünfzig Jahre aufeinander gewartet. Ich begreife nicht, daß es so lange gedauert hat, bis ich dich gefunden habe«, sagte Cilla und schaute ihren Benny verliebt an.
    Yvonne und Lotta betrachteten sie erstaunt und ein bißchen neidisch. Dieses Glück, diese selbstverständliche Zärtlichkeit zwischen zwei

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