Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
später gelungen war,
die Knoten mit den Zähnen zu lösen, hatte er einen Plan und sieben Alternativen.
Er stand auf und fiel gleich wieder hin. Unglücklicherweise hatte er nicht bedacht,
dass er so schwach war. Kein Wunder! Seit wie vielen Tagen hatte er nichts mehr
gegessen? Erich verschlang einen Schokoriegel von der Bar und spülte ihn mit einem
Bier hinunter. Der Autoschlüssel war immer noch in seiner Tasche.
Der Lkw
stand vor dem Moulin Rouge, als wäre nichts geschehen. Erich kramte im Handschuhfach
nach einer Schmerztablette, nahm einen weiteren Schluck Bier und startete den Motor.
Nichts würde seinen Rachefeldzug aufhalten.
Als ein
Mann in einem Krankenhausnachthemd winkend am Straßenrand stand, fiel Erich die
Kinnlade herunter. Er zwinkerte, doch das Bild löste sich nicht auf. Die Rothaarige
musste seinem Kopf ernsthaften Schaden zugefügt haben. Entsetzt wandte Erich seine
Augen wieder der Straße zu und konnte nur mühsam den Zusammenstoß mit einem Schwein
vermeiden, das plötzlich über die Straße raste. Erich riss das Lenkrad herum, doch
durch die heftige Bewegung schlug sein Kopf so stark gegen die Fensterscheibe, dass
er bewusstlos wurde, bevor er auf die Bremse treten konnte. Als letzter Gedanke
blitzte in seinem Hirn auf, dass heute wirklich nicht sein Tag war.
*
Es war ganz und gar nicht Reichels
Tag. Er hatte gerade mit dem Amtsarzt telefoniert, der ihm keine Chance auf eine
vorzeitige Pensionierung in Aussicht gestellt hatte. ›Bei Ihrer Konstitution, Herr
Hauptkommissar‹, hatte er gesagt und von einem Burn-out-Syndrom nichts wissen wollen.
Reichel seufzte. Wenn er heute Abend ohne Mantel nach Hause ging und etwas Glück
hatte, zog er sich vielleicht eine Erkältung zu. Das sollte immerhin für ein zehntägiges
Attest reichen.
Weshalb
meldete sich die SOKO Bachmaier nicht? Reichel griff zum Telefon und ließ sich mit
dem Handy der Streifenpolizisten verbinden. Er hasste Funk. Zu einem Gespräch kam
Reichel jedoch nicht mehr. Huber stürmte so aufgeregt in sein Zimmer, dass er die
Tür dabei an die Wand knallte. Reichel zuckte zusammen. Bis ihm dieser enthusiastische
Assistent zugeteilt worden war, hatte er noch nie über einen Wandstopper nachdenken
müssen.
»Wichtige
Neuigkeiten, Chef«, keuchte Huber völlig außer Atem. »Anruf von der Zollbehörde.«
Huber sparte an ausführlichen Erklärungen, das konnte nur heißen, dass es tatsächlich
wichtig war. »Sie haben gemeldet, dass sich eine auffällige Person am Flughafen
befindet. Die Verdächtige ist weiblich und mittleren Alters. Sie vermuteten Drogenschmuggel
und wollten sie kontrollieren, da ist ihnen unser Fax mit der Fahndung in die Hände
gefallen. Jetzt wollen sie sie uns überlassen. Sie warten mit dem Zugriff auf unser
Zeichen.«
»Was?« Reichel
war mit einem Mal hellwach. »Haben Sie eine Beschreibung? Ist die Frau dick und
blond? Holen Sie mir jemanden von der Zollbehörde ans Telefon, aber sofort! Das
ist sicher die Bachmaier. Kann gar nicht anders sein!«
Huber zückte
sein Handy und suchte dann umständlich in seinem Notizblock nach einer Telefonnummer.
»Vergessen
Sie’s, wir fahren direkt hin.« Reichels Jagdinstinkt war erwacht. Die Bachmaier
würde er erwischen und ihr Drogenimperium zu Fall bringen. Die Festnahme Amalie
Bachmaiers rückte in greifbare Nähe. »Rufen Sie trotzdem an, Huber«, kommandierte
Reichel und zog sich seinen Mantel an. Die Erkältung musste bis morgen warten. »Die
Zollbehörde soll unter keinen Umständen etwas ohne uns unternehmen. Die Bachmaier
ist in der Tat gefährlich. Sie ist allein, verletzt und durch Drogen nicht zurechnungsfähig.«
»Wie Löwinnen.
Die sind auch am gefährlichsten, wenn sie verwundet sind«, sagte Huber und tippte
eine Nummer in sein Handy.
»Beeilung,
Huber, das können Sie auch während der Fahrt machen«, drängte Reichel und eilte
im Laufschritt zum Wagen. Sie waren so dicht dran, da konnten sie es sich nicht
leisten, eine Pause einzulegen.
*
Johann Mühlbauer saß in der Küche
des Moser-Anwesens und war froh, dass ihm das Schicksal eine Pause gönnte. Genüsslich
aß er sein drittes Stück Kuchen. Elena wäre eine hervorragende Konditorin geworden,
das musste er zugeben. Und wie sie dort neben ihm saß: süßer als alle Kuchen. Er
würde zu gern einmal von ihr naschen. Johann ertappte sich dabei, wie seine Hormone
mit ihm durchgingen, und wurde rot.
»Vielleicht
ist es gar keine schlechte Idee, hier unterzutauchen«, sagte
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