Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
er schnell, um seine
Unsicherheit zu überspielen. Bruce Willis war niemals unsicher. »Damit rechnet die
Polizei nicht.«
Elena nickte.
Sie sah äußerst zufrieden aus, wie sie mit angezogenen Knien auf der Küchenbank
hockte, eine Tasse Tee in den Händen.
»Die suchen
dich vielleicht in Klagenfurt oder am Flughafen. Aber nicht hier«, sagte sie und
lächelte.
Die Welt
sah gar nicht mehr so schlecht aus wie noch vor zwei Stunden. Sicher, Kontakt zu
seiner Mutter durfte er vorerst nicht aufnehmen. Dafür würde er seine Tage mit Elena
verbringen. Mit Elena, deren dunkle, wunderschöne Augen ihn so dankbar angestrahlt
hatten. Mit Elena, deren Brüste … Johann schluckte und versuchte, nicht zu auffällig
in Elenas Ausschnitt zu starren. Er war ein Mann. Ein Held! Er würde nicht die Hilflosigkeit
einer jungen Frau ausnutzen, um sie ins Bett zu kriegen. Falls sie natürlich gern
mit ihm … Johann wurde wieder rot und lenkte sich damit ab, aus dem Fenster zu schauen.
Ein großer
weißer Lastwagen schlingerte in den Hof. Johann sprang auf. Derselbe große weiße
Lastwagen, der vor dem Moulin Rouge gestanden und in dem Johann und Elena die Leichen
versteckt hatten.
Ein Schwein
lief quiekend im Zickzack vor dem Lastwagen her.
»Ach du
meine Güte, Hildegard«, schrie Elena, während Johann versuchte, über den Schreck
hinwegzukommen, dass nicht nur die Leichen, sondern auch sein Versteck aufgespürt
worden war. Der Lkw raste auf das Haus zu.
»Raus hier!
Schnell!« Johann griff Elena am Handgelenk und stürzte zur Tür. Er schob sie hinaus
und warf ihr einen Mantel um. Ganz Bruce Willis, dachte er für einen Augenblick.
In Panik kam Johann nicht in seine Jacke und verlor wertvolle Sekunden im Wettlauf
gegen die Zeit. Wenigstens Elena war draußen in Sicherheit.
»Hildegard!
Hildegard!«, konnte Johann sie rufen hören. Er rannte hinaus.
»Ach du
Scheiße.« Mehr fiel ihm nicht ein. Hildegard sauste quiekend auf ihn zu und Johann
sprang hastig einen Schritt zur Seite. Die Sau verschwand im Haus, wo sie klirrend
etwas hinunterstieß, nur um kurz darauf wieder grunzend im Hof zu erscheinen.
Der Lkw
holperte über einige Steine, die seine Richtung umlenkten. Statt geradeaus auf Johann
zuzuhalten, fuhr er jetzt krachend in die Scheune. Dort kam er zwar zum Stehen,
doch die Scheune war nicht für solche Unfälle gebaut worden. Eine Wand brach ein,
Dutzende von Heuballen stürzten auf den Hof und den Lastwagen. Johanns Auto wurde
unter Holz, Heu und noch mehr Holz begraben. Erstarrt sahen Elena und Johann mit
offenem Mund zu, wie der Kopf des Fahrers nach vorn fiel und Hildegards aufgeregtes
Gegrunze von der Hupe übertönt wurde.
»Was machen
wir denn jetzt?«, flüsterte Elena und presste die Hände vor den Mund. Außer einigen
Heugräsern, die langsam zu Boden segelten, und der aufgebrachten Hildegard rührte
sich nichts.
»Keine Ahnung«,
flüsterte Johann zurück. »Wer ist das überhaupt?«
»Woher soll
ich das wissen? Anscheinend ein Kunde des Moulin Rouge, der es übertrieben hat.
Ich meine, drei Tage? Kann man in so einem Schuppen drei Tage bleiben?«
Johann hatte
keine Lust, über die Potenzfähigkeit irgendwelcher Freier zu diskutieren, und zog
es vor, sich dem Lastwagen vorsichtig zu nähern.
»Hallo?«,
fragte er zögerlich. »Hallo? Ist da jemand?«
»Johann,
pass auf!«, rief Elena, allerdings hätte sie das nicht extra sagen müssen. Johann
passte immer auf. Vor allem seit in den letzten Tagen überall um ihn herum Leichen
auftauchten. Ohne Aufpassen funktionierte sein Leben gar nicht mehr.
Johann tastete
sich voran, bis er die Fahrertür des Lkws öffnen konnte. Ein schlaffer, dicklicher
Mann um die 40 fiel ihm in die Arme. Johann war alles andere als begeistert davon,
diesen Kerl zu stützen, doch zumindest hatte sein Zur-Seite-Kippen den Vorteil,
dass die Hupe ruhiggestellt war.
»Was ist
mit ihm?«, fragte Elena, die sich nun ebenfalls herantraute.
»Keine Ahnung.«
Das schien Johanns Standardantwort zu werden. »Scheint bewusstlos zu sein.« Johann
ließ den Mann vorsichtig auf den Boden in den Matsch rutschen.
»Offensichtlich«,
kommentierte Elena und stupste ihn an.
»Und was
machen wir jetzt?«
Johann wollte
gerade den Mund öffnen, um wieder ›Keine Ahnung‹ zu sagen, da fiel ihm etwas ein.
»Auf keinen Fall die Polizei rufen!«
Elena legte
den Kopf schräg. »Du bist paranoid, Johann«, sagte sie, griff dem Ohnmächtigen unter
die Arme und fing an, ihn über den Hof zu
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