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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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können uns trotzdem zurückhalten, die Tschechen
liefern uns Böckl sicher gerne aus, wenn wir ein entsprechendes Gesuch
stellen.«
    Fanni schluckte. Von einer Minute auf die andere hatte sich Böckl in
einen Schwerverbrecher verwandelt, einen flüchtigen Mörder, der in Handschellen
an die deutschen Behörden ausgeliefert werden würde.
    »… Fanni?«
    Sie schreckte auf.
    »Wann ist denn deine nächste Bastelstunde?«, wiederholte Sprudel
seine Frage. »Mittwoch, das wäre morgen«, antwortete er selbst darauf. Und dann
meinte er erstaunt: »Haben wir uns nicht immer mittwochs getroffen?«
    Fanni winkte ab. »Die Teilnehmer des Kurses legen den Tag für das
nächste Treffen nach jeder Stunde neu fest.«
    »Sehr vernünftig«, bemerkte Sprudel lachend. »Wie wär’s also mit
Donnerstag?«, fragte er dann. »Bis dahin habe ich das Ergebnis der
Blutanalyse.«
    Eigentlich hatte Fanni am Mittwoch nach dem Einkaufen
überhaupt keine Lust, zum Klein-Hof hinaufzugehen, um zu erleben, wie die
Dorfhelferin mit dem armen Bene umsprang. Aber Fannis Mann hatte sich zum
Abendessen gefüllte Eierkuchen bestellt, und da half alles nichts. Milch und
Eier mussten her – vom Klein-Hof, nicht von Aldi.
    »Christiane heißt die«, grummelte Fanni auf ihrem Weg über die
Wiese, »Luzifera würde besser zu ihr passen.«
    Fanni bog gerade ums Scheuneneck, da sah sie Bene in seinem
schwarzen Anzug, den er auf Mirzas Beerdigung getragen hatte, zu Meiser in
dessen Wagen steigen. Frau Meiser und die unchristliche Christiane drehten sich
zu Fanni um, als Meisers Auto in die Hauptstraße einfuhr und damit außer Sicht
kam.
    »Was macht …«, schnaufte Fanni.
    Sie musste den Satz nicht zu Ende bringen.
    »Das wäre ja noch schöner«, blökte Christiane, die Dorfhelferin,
»wenn dieses Mondkalb was zu sagen hätte auf dem Hof.«
    Fanni war noch dabei, die Bezeichnung Mondkalb verschiedenen ihr bekannten Personen zuzuordnen, als Frau Meiser zu einer der
Litaneien ansetzte, die sie normalerweise erst ab fünf Uhr herunterbetete.
    »Das geht doch nicht, dass so ein Einfaltspinsel wie der Bene das
Sagen hat auf einem Hof. In der Sonderschule war der. Nicht mal rechnen kann
der. Nicht mal schreiben. Ein Einfaltspinsel darf keine Entscheidungen …
darf er keinesfalls. Einschreiten muss man da … das Vormundschaftsgericht
muss einschreiten. Sonst geht hier alles den Bach runter. Die Milchkühe …«
    So ging es fort und fort. Frau Meiser hatte schon Speichelbläschen
in den Mundwinkeln, und Fanni hatte die bestürzende Gewissheit, dass Meiser im
Begriff war, Bene zu irgendwelchen Bürokraten zu schleppen, die den armen Kerl
über kurz oder lang sang- und klanglos entmündigen würden.
    Fanni presste den Karton mit zehn Eiern darin an die Brust
und stolperte die Wiese hinunter.
    Meiser will Bene entmündigen lassen, um den Hof für die Nichte
einzuheimsen, pochte es in ihrem Kopf, während sie die Eier mit Mehl
verquirlte. Und vermutlich kommt Meiser auch noch durch mit seinem Plan, wenn
der alte Klein nicht bald wieder auf den Beinen ist und aus dem Gefängnis
entlassen wird.
    Fanni scharrte wütend den fertigen Eierkuchen auf einen Teller.
    »Das ist keine Schande, das ist eine sehr, sehr gute Idee«, sagte
Fannis Mann und betrachtete missmutig seinen Eierkuchen, der aussah, als käme
er nicht aus der Pfanne, sondern aus dem Reißwolf.
    »Das ist doch mal wieder typisch für dich«, fuhr er fort, als er
eine Gabel voll Eiermasse im Mund hatte, »dass du die Christiane nicht leiden
kannst. Du hast kein bisschen Menschenkenntnis. Die Christiane ist resolut und
bodenständig. Und zielstrebig ist die, was sie anfasst, das meistert sie. Bei
der Christiane wäre der Hof samt den Viechern in guten Händen und der Bene
auch.«
    Der Bene wäre dann ebenso rechtlos wie seine Rindviecher, dachte
Fanni und war überzeugt, dass eine ganze Menge Leute lange vor Bene entmündigt
werden sollten.

6.
    »Das Blut auf dem Stein«, sagte Sprudel am Donnerstag, so
gegen drei Uhr am Nachmittag, »stammt laut Laborbericht von einer weiblichen
Person. Das sagen uns die zwei X-Chromosomen, die darin vorkommen. Im
männlichen Blut hätten wir ein X- und ein Y-Chromosom.«
    Fanni biss die Zähne zusammen. Sprudel musste lachen und rückte mit
dem nächsten Häppchen Information heraus.
    »Es handelt sich um Blutgruppe null positiv.«
    »Und Mirza?« Fanni konnte sich nicht länger beherrschen.
    »Hatte auch Blutgruppe null«, sagte Sprudel, und Fanni hielt die
Luft

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