Saure Milch (German Edition)
Ich möchte wetten, dass er
von Böckl Rebhühner bekommen hat mit Schrotkörnern drin, und ich möchte wetten,
dass sich Frau Böckl keine besondere Mühe mit Meisers Geranien gegeben hat.«
»Und ich möchte wetten«, sagte Fanni, »dass Meiser die falsche
Tatwaffe dorthin gelegt hat, wo er sie gleich darauf fand.«
»Ja«, stimmte Sprudel zu, »ich auch. Aber vor allem deshalb, weil es
so ein unerhörter Zufall ist, dass sich bei Böckls Brunnen ein Stein findet,
der die Tatwaffe sein könnte und der relativ frische Blutspuren aufweist, die
von Mirza sein könnten, wenn man den Rhesusfaktor nicht beachtet. Zudem wusste
Meiser, dass der Staatsanwalt von dem Verdacht gegen den alten Klein ein gutes
Stück abgerückt ist.«
»Eben«, sagte Fanni, »wenn Meiser den Rhesusfaktor nicht übersehen
hätte, dann …«
»… hätten wir Böckl heute offiziell vernommen«, unterbrach sie
Sprudel.
Sie schwiegen eine Weile, bestellten frischen Kaffee und dann sagte
Sprudel:
»Also gut, neue Hypothese. Mit der Operation ›Tatwaffe‹ wollte
Meiser seinen Nachbarn Böckl belasten. Fragt sich:
a) Woher hatte Meiser das Null-positive Blut?
b) Woher kannte er Mirzas Blutgruppe?«
»Ich weiß nicht, woher«, sagte Fanni, »aber ich weiß, dass er Mirzas
Blutgruppe kannte. Ich habe es immer für eines seiner Märchen gehalten, wenn er
behauptet hat, die Mädchen vom tschechischen Straßenstrich hätten ihre
Blutgruppe eintätowiert wie die Angehörigen der SS im Dritten Reich. Bei Mirza sei es eine 0, das könne man gut
erkennen neben ihrem Spaghettiträger, hat Meiser oft gesagt.«
»Mirza hatte laut Bericht aus der Gerichtsmedizin ein Tattoo unter
dem linken Schulterblatt, da hat Meiser recht«, warf Sprudel ein, »ein Oval mit
Sternchen drum herum.«
»Zu Punkt a)«, sagte Fanni nach einer Pause, »fällt mir allerdings
gar nichts ein, aber so schwierig wird es wohl nicht sein, sich ein bisschen
Blut der Gruppe 0 zu verschaffen.«
Sprudel stimmte ihr zu.
»Unser Strickmuster«, sagte er dann, »mausert sich zu einem netten
Bild von Meiser. Das Dumme dabei ist, dass wir nicht den geringsten Beweis
gegen ihn haben. Mirza ist beerdigt, dafür hat Meiser beizeiten gesorgt.
Nachdem der Antrag auf Freigabe der Leiche einmal gestellt war, musste der
Staatsanwalt eine Entscheidung treffen. Und Meiser war klug genug, die Anfrage
so aussehen zu lassen, als stünde Bene dahinter. Mirzas Kleidung, Schuhe und
Schmuck hat Meiser neulich persönlich im Präsidium abgeholt. Er hatte eine Vollmacht
dabei, die von Bene unterschrieben war. Meiser wird Mirzas Sachen bestimmt
nicht mehr herausrücken, wenn er sie nicht sowieso gleich vernichtet hat. Wir
haben gar nichts von Mirza in der Hand, das Spuren von Meiser aufweisen
könnte.«
»Doch«, sagte Fanni, »ein winziges Teilchen ist übrig, das hat
Meiser nicht gefunden.«
Sprudel starrte sie an.
»Die Plastikblüte von Mirzas Sandale«, half ihm Fanni auf die
Sprünge, »soweit ich weiß, liegt sie in deiner Schreibtischschublade.«
»Donnerwetter, Miss Marple«, sagte Sprudel, »beten wir, dass uns die
Blüte was zu sagen hat. Sie muss ins Labor, sofort. Der Staatsanwalt wird
zustimmen, sicher. Gerade jetzt, nachdem Meiser in ein zweifelhaftes Licht
gerückt ist, weil er uns auf dem Silbertablett eine falsche Tatwaffe
präsentiert hat. Ich fahre gleich zum Kommissariat.«
Es war ohnehin schon spät. Fannis Mann würde vor ihr zu Hause sein,
und Fanni hatte nichts fürs Abendbrot vorbereitet. Sie musste auf der Rückfahrt
noch beim Metzgerladen anhalten und beim Bäcker, um etwas auf den Tisch bringen
zu können.
Hans Rot lehnte an Meisers Gartenzaun. Herr Meiser auch.
Beide hatten einen Arm lässig um den soliden ersten Stützpfosten geschlungen
und winkten Fanni jovial zu.
Fanni fuhr in die Garage und nahm den kürzesten Weg ins Haus. Sie
hatte bereits den Tisch gedeckt, das Brot geschnitten und etliche
Schinkenscheiben um je drei Spargelstängel aus der Dose gewickelt, als ihr Mann
hereinkam.
»Meiser sagt, es war gar nicht der alte Klein, der die Mirza
erschlagen hat«, erzählte er schon vor dem ersten Bissen, »der Böckl war es,
der Verbrecher. Und Meiser ist dahintergekommen. Meiser hat nämlich den Stein
mit Mirzas Blut dran auf Böckls Grundstück gefunden.«
»Und der Meiser hat sofort gesehen, dass das Blut auf dem Stein von
Mirza ist?«, fragte Fanni.
»Das hat er sich doch denken können, blöde Frage, als wenn in
Erlenweiler ständig blutige Steine
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