Saure Milch (German Edition)
schlängeln sich
durch die jeweiligen Gärten zu den Terrassen. Laut Aussageprotokoll ist Meiser
heute Vormittag zu der Brunnenanlage hinübergegangen. Der Wasserdruck in seinem
Schlauch schien ihm plötzlich viel zu niedrig, und Meiser wollte den Grund
dafür herausfinden. Er hat sofort gesehen, dass sich sein Anschluss gelockert
hatte. Der größte Teil des heraufgepumpten Wassers lief zurück in den Schacht.
Meiser hat den Anschluss wieder festgeschraubt, und weil er das Werkzeug schon
in der Hand hielt, ist er um den Brunnenschacht herumgegangen und hat
vorsorglich auch Böckls Verbindung zum Rohr festgezogen. Dabei ist ihm der
Stein aufgefallen. Er hat ihn genauer unter die Lupe genommen und sich gefragt,
ob das wohl die Tatwaffe sein könnte.«
»Das ist doch eins von Meisers Märchen!«, regte sich Fanni auf. »So
blöd ist doch der Böckl nicht und legt Meiser die Tatwaffe vor die Nase. Will
ihm Meiser den Mord in die Schuhe schieben? Aus Wut über die Geranien und über
die Rebhühner? Nein, halt, was rede ich. Wie könnte Meiser auf einen solchen
Gedanken verfallen. Er ist wie alle anderen davon überzeugt, dass der alte
Klein Mirza erschlagen hat, dass Klein angeklagt wird und verurteilt. Niemand
ahnt, dass es Zweifel an der Schuld des Alten gibt.«
»Meiser schon«, sagte Sprudel trocken.
Fanni schnappte nach Luft.
»Ich habe das bloß deshalb herausgefunden«, erklärte Sprudel, »weil
Meiser im Kommissariat eine Probe seiner sprichwörtlichen Hilfsbereitschaft
gegeben hat. Nachdem er seine Aussage bei den Kollegen unterschrieben hatte,
haben sie ihn wieder nach Hause geschickt. Meiser ist die Treppe
hinuntergegangen und dann weiter durch den Flur, der zum Ausgang führt. Dort
muss er den Wachtmeister getroffen haben, der Stühle von einem Zimmer ins
andere trug. Meiser hat wohl angeboten, ihm zu helfen. Als ich ins Präsidium
gekommen bin, konnte ich die beiden beobachten. Und ich habe bemerkt, wie
angelegentlich sich Meiser und der Wachtmeister unterhielten. Nach der
Besprechung mit den Kollegen und dem Staatsanwalt habe ich diesen Wachtmeister,
der inzwischen wieder in seinem Glashäuschen am Ausgang saß, besucht. Ganz
locker haben wir über dies und das geplauscht, und dann habe ich ihn gefragt,
ob er Meiser schon länger kennt. Du wirst nicht glauben, was sich
herausgestellt hat. Meiser, besagter Wachtmeister, etliche Streifenpolizisten,
zwei Rechtspfleger vom Grundbuchamt und einer vom Vormundschaftsgericht treffen
sich jeden Sonntagvormittag am Stammtisch beim Engelwirt. Und da kauen sie
alles durch, was sich unter der Woche so zuträgt. Ich habe mich genau
erkundigt. Meine Fahrt nach Klattau war neulich das Hauptthema und Klein
natürlich, weil er auf einmal redet, und der Staatsanwalt …«
»… weil er auf einmal denkt«, beendete Fanni den Satz.
Sprudel schmunzelte.
»Was Meiser da angeschleppt hat, kann nicht die Tatwaffe sein«,
sagte Fanni bestimmt. »Dass der Böckl sie in seinem Keller unter einem Haufen
anderer Steine verstecken könnte, würde ich ihm gerade noch zutrauen, obwohl
ich ihn für klüger halte. Aber sie an den mit Meiser gemeinsam genutzten
Brunnen zu legen wäre idiotisch, dämlich, hirnverbrannt.«
»Der Stein sieht aber verdammt nach Tatwaffe aus«, sagte Sprudel.
»Form und Größe passen ziemlich genau, und der Fleck darauf, das ist ein
Blutfleck. Blut von einem Menschen! So viel konnten sie in unserem eigenen
Labor bereits feststellen. Im Moment ist der Stein auf dem Weg ins Zentrallabor
nach München. Dort wird zuerst einmal die Blutgruppe ermittelt, und wenn sie
mit Mirzas Blutgruppe übereinstimmt, dann wird ein DNA -Test
gemacht, damit jeder Zweifel ausgeschlossen werden kann. Und denk dran, Fanni,
vor ein paar Tagen hast du selber gesagt, dass der Stein, mit dem Mirza
erschlagen worden ist, am besten unter seinesgleichen verborgen bleibt. Das
Versteck am Brunnen war hervorragend. Ein Stein unter vielen, an einem Ort, an
den selten einer hinkommt. Böckl konnte doch nicht ahnen, dass sich
ausgerechnet jetzt etwas an der Wasserleitung lockern würde.«
»Der Böckl, ich glaub es einfach nicht!«, rief Fanni.
»Böckl war der Erste, den wir in Verdacht hatten«, gab ihr Sprudel
zu bedenken. »Aber lass uns abwarten, was die Blutanalyse bringt. Obwohl Meiser
die Kollegen im Kommissariat davor gewarnt hat, untätig zu bleiben. ›Der Böckl
wird sich bald absetzen‹, hat er gesagt, ›der wird flüchten, zu seinen Kumpanen
nach Tschechien.‹ Nun, wir
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