Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
glaubte er die Taubheit in seinen Schultern wäre durch das Brennen seiner Handflächen nicht mehr zu übertreffen. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und die dummen Kommentare des Kindes waren auch nicht sonderlich hilfreich. Die Sonne begann bereits unterzugehen, als er sich restlos erschöpft neben dem Jungen niederließ.
„Willst du schon aufhören?“ Savinama verpasste dem Kind eine leichte Kopfnuss und betrachtete dann sein Werk. Mit Ruhm hatte er sich nicht bekleckert. Nach seinen Schmerzen zu urteilen, hätte er den ganzen Wald zerkleinert haben müssen, doch der klägliche Spalt, den er in den breiten Stamm geschlagen hatte, sprach vom genauen Gegenteil. Hiridian kam angeschlendert.
„Entschuldigt, dass ich nicht eher zurückgekommen bin. Ich musste noch einiges erledigen. Wie ich sehe, seid ihr nicht weit gekommen.“ Savinamas Augenbrauen zogen sich nach unten und er wischte sich Schweiß von der Stirn. „Nun, macht ja nichts. Ich denke, ihr seid noch zu geschwächt.“ Hiridian streckte die Hand empor und auf einmal begann die Axt sich von selbst zu heben. Die scharfe Klinge fuhr in den bereits vorhandenen Spalt und Splitter flogen zu allen Seiten weg. Fassungslos sah der Magier dem Schauspiel zu.
„Ihr habt mir nicht gesagt dass ich dafür Magie anwenden soll.“ Hiridian hielt kurz inne.
„Ihr wollt mir jetzt nicht sagen, dass ihr das alles mit der Hand gemacht habt?“ Hiridian starrte in das verschwitzte Gesicht des Magiers und fing wieder an zu lachen.
„Wollt ihr nicht ein Bad nehmen? In etwa einer Stunde essen wir.“ Das ließ sich Savinama nicht zweimal sagen. Er warf noch einen letzten verärgerten Blick auf den Stamm, die fliegende Axt und Hiridian, ehe er sich umdrehte, davon stapfte und einige Flüche und Verwünschungen vor sich hin brummelte. Der Junge grinste Hiridian an.
„Er muss noch viel lernen.“ Der Schüler nickte und konzentrierte sich wieder auf die Arbeit.
Sowas dummes, ärgerte sich Savinama auf dem Weg zur Hütte. Darauf hätte er selbst kommen können. Magie, einfachste Magie, wäre dies gewesen. Er nahm sich fest vor, sich in Zukunft nicht mehr so übertölpeln zu lassen.
In den nächsten Tagen bekam Savinama Aufgaben, von denen er nicht immer verstand, was sie mit Magie zu tun hatten. Zu Beginn löste er die Aufgaben meist falsch, so wie mit dem Holz, denn er wusste nicht, wann er Magie anwenden sollte und wann nicht. Beim Wasserholen zum Beispiel bekam er missbilligende Blicke zugeworfen, als er den großen Waschzuber mit einem Zauber füllte.
„Magie sollte niemals zum Eigennutz missbraucht werden und schon gar nicht, wenn man Dinge mit eigenem Einsatz lösen kann“, tadelte Hiridian.
„Es geht aber doch so viel schneller“, antwortete Savinama.
„Schneller schon, aber es spricht eher für Faulheit.“ Durch Hiridians Antwort fühlte sich der Magier sofort wieder angegriffen. Er verglich aufgebracht den Zuber mit dem Holz. Überlegte, worin die Logik bestünde, außer ihn zu schikanieren. Hiridian hatte manchmal Mühe sich nicht auf den Jähzorn einzulassen und versuchte immer freundlich zu bleiben.
„Um die großen Stämme zu zerteilen, hätten wir gar nicht das Werkzeug. Nur die kleinen Äste können wir damit bearbeiten. Doch haben wir kein Feuerholz, werden die Kinder im Winter frieren. Für die Aufgabe heute hätte es einen Eimer, den See und eure Füße gegeben.“ Während einer der vielen Diskussionen trat die Seherin hinzu.
„Savinama, zu lernen bedeutet, zu wissen, dass man bei nichts beginnt, um bei nichts zu enden. So beginnt schließlich alles. Wenn ihr euch so sehr vor dem Nichts fürchtet, wie wollt ihr eure Leere je füllen?“ Sie bekam darauf keine Antwort. Savinama starrte sie nur an. „Keiner hat euch gezwungen zu bleiben. Ihr seid hier, weil ihr so entschieden habt. Ihr könnt gerne weiterhin bleiben. Und was ihr hier machen wollt, wird kein anderer entscheiden.“ Shaane ging wieder ihres Weges. Savinama musste sich eingestehen, dass er kein Wort verstanden hatte. Nichts? Er war nicht nichts! Er war…
Er drehte sich um: allein.
Mit dem Voranschreiten der Tage begriff Savinama endlich. All die Jahre war er bedacht darauf gewesen, anderen zu beweisen, was er konnte und zu was er fähig war, dass er dabei völlig vergessen hatte sich zu hinterfragen. Fehler bei sich selbst zu suchen. Was hatte er davon ein guter Kämpfer zu sein und Magie zu beherrschen, wenn er am Ende ganz allein dastand? Nichts. Shaane hatte Recht.
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