Savoir-vivre mit Hindernissen
deiner Abreise?«
»Bestimmt.«
Ich muss Linde informieren. Das hätte ich beinahe vergessen. Nicht auszudenken, wenn sie am Samstag vor verschlossener Tür gestanden hätte.
»Warum hast du es auf einmal so eilig? Flüchtest du schon wieder?«
»Nein, ich flüchte nicht. Ich will mir nur nicht länger etwas vormachen. In diesem Haus wollte ich mit Martin glücklich sein. Aber ohne ihn...«
»Fahre vorsichtig. Wir telefonieren am Samstag.«
Ich gehe in den Garten und gieße die Blumen und Sträucher, die ich erst vor Kurzem um die Terrasse gepflanzt habe. Der Agapanthus steht in voller Blüte und leuchtet im schönsten Blau. Vielleicht kümmert sich der Gärtner vom Hotel künftig um die Beete und Kübel. Ich werde Nicole gleich danach fragen. Mit den restlichen Marmeladengläsern im Kofferraum fahre ich auf den Hotelparkplatz. Chris nimmt mir den Wagenschlüssel ab und sagt, dass er allein ausladen wird. Ich soll mir in der Zwischenzeit einen Kaffee machen und mich auf die Terrasse setzen. Noch einmal wandert mein Blick über das Gelände. Im Geiste nehme ich schon Abschied von diesem schönen Ort. Ich weiß, es wird ein Abschied für immer sein. Aus der Traum vom Leben im Süden. Bevor ich wieder das Heulen anfange, bringe ich meine Kaffeetasse zurück und winke Chris und Nicole zu, die in der Küche beschäftigt sind.
»Dein Schlüssel liegt auf dem Tresen.«
»Bis morgen. Ich sage euch noch Tschüss.«
Ich stecke den Schlüssel ins Zündschloss und starte den Wagen. Aber bis auf ein lautes Grrrr Geräusch passiert nichts. Das gibt es doch nicht! Ausgerechnet jetzt! Und noch einmal. Wieder nur Grrrr. Ich öffne die Motorhaube und schaue hinein. Warum tust du das, Charlotte? Du hast keinen blassen Schimmer von Motoren. Laut schimpfend gehe ich zurück zu Chris und sage ihm, dass die blöde Karre nicht anspringt.
»Kannst du mal einen Blick reinwerfen?«
»Hast du getankt?« Ja sicher habe ich getankt.
»Tut mir leid, Lotte. Von Autos verstehe ich nichts. Aber wenn du willst, dann rufe ich in der Werkstatt für dich an. Es dauert einige Minuten bis er zurück auf den Parkplatz kommt. Sein Gesicht verrät, dass er keine guten Nachrichten hat.
»Keine Sorge. Dein Wagen wird heute noch abgeschleppt. Ich habe gesagt, man soll sich direkt bei dir im Haus melden. Aber du solltest Geduld aufbringen, es kann eine Weile dauern.«
Na prima. Der Start in mein neues Leben beginnt mit einer Autopanne. Ist das ein Zeichen? Ich hoffe mal nicht.
Es ist schon nach sechs Uhr, als der Mann vom Abschleppdienst, bei mir klingelt. Gemeinsam gehe ich mit ihm zum Wagen und habe die leise Hoffnung, dass er beim Blick unter die Motorhaube, den Fehler gleich findet. Aber mehr als ein Grrrr bringt auch der Fachmann nicht zu Stande.
»Es führt kein Weg daran vorbei. Der Wagen muss mit in die Werkstatt. Ich melde mich morgen früh bei Ihnen. Telefonnummer habe ich ja.«
Ich rufe Jackson. Wir machen uns auf unseren letzten Abendspaziergang durch die Weinberge. Wie immer nasche ich an den unreifen Trauben und verziehe das Gesicht. Sie sind noch immer so sauer. Im reifen Zustand werde ich sie nicht mehr probieren können. Wenn die Lese ansteht, werde ich längst wieder in meiner Hamburger Tretmühle feststecken. Zwischen sechs Sorten Senf und öden Abenden allein mit meinem Hund auf dem Sofa.
Die Abendsonne brennt noch heiß und ich überlege, ob ich ein letztes Mal in den Pool steigen sollte. Ja, ich will noch einmal alles auskosten bis ich morgen endgültig Lebewohl sage.
»Jackson bleib!«, aber Hund sprintet aufgeregt in Richtung Hauseingang.
»Hey, meine Güte bist du groß geworden. Jetzt siehst du ja aus wie ein richtiger Hund.«
Martin! Er steht vor der Tür und mein Herz rast. Ich kann nichts sagen, obwohl ich wissen will wieso, weshalb und warum er gekommen ist. Er lächelt vorsichtig und bleibt ebenfalls stumm. Ich schließe die Tür auf und gehe vor ihm hinein.
»Unser Time Sharing Plan klappt scheinbar ganz ohne Absprache. Mein Wagen streikt und ich wollte schon längst gepackt haben und morgen kommt er aus der Werkstatt und dann fahre ich ab und dann habt ihr das Haus für euch.«
»Warum bist du so fahrig?«
»Bin ich nicht!«
»Lotte, viermal und in einem Satz und ich weiß Bescheid.«
»Du hast mich halt so überrascht. Ich habe nicht mit dir gerechnet.«
»Du solltest immer mit mir rechnen.«
Was soll
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