Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman
bewaffnet!“
„Aber es wird morgen ebenfalls auf die Jagd gehen. Herr Odo hat alle mit sich genommen, habt Verständnis. Ihr könnt unbesorgt sein, meine Männer sind nicht weniger zuverlässig.“
Ich seufzte nur.
„Doch jetzt wollen wir ruhen“, fuhr der Graf fort, wobei er einem Knecht winkte, damit er Decken herbei trug. „Es macht Euch doch nichts aus, wenn ich mich an Herrn Odos Stelle neben Euch niederlege? Mein Bett dort drüben hat Liutwald versehentlich besetzt und auch in dem Schlafhaus nebenan ist kein Platz mehr, zu viele Gäste sind hier geblieben. Könntet Ihr ein wenig zur Wand rücken?“
Während ich mir noch die Zähne mit Alraun einrieb, hatte er sich schon entkleidet und ausgestreckt. Die Matratze war ziemlich schmal, sodass ich, der ich auch nicht mager bin, mich recht unglücklich in die Lücke zwischen der Wand und seinem fülligen Leib zwängen musste. Um Platz zu sparen, schlug er vor, uns unter einer gemeinsamen Decke zu betten. Dem stimmte ich aus Höflichkeit zu und so lagen wir Schulter an Schulter und Lende an Lende. Ich musste einige Male niesen, weil seine Lockenmähne mir ins Gesicht fiel. Rühren konnte ich mich nur wenig, obwohl es meine schmerzende Kehrseite ohne Lageveränderung kaum aushielt. An Schlaf war, vorerst jedenfalls, nicht zu denken.
Mit offenen Augen lag ich da, starrte hinauf zu dem Stern, der durch das einzige kleine Fenster unter dem Dach herein schien, und ärgerte mich. Vor allem war ich wütend auf Odo. Da hatte ich die aufregendsten Neuigkeiten und konnte sie ihm nicht mitteilen! Bei dem Geschnarche ringsum hätten wir unbelauscht miteinander reden und beraten können, was zu tun sei. Es gab keinen Zweifel mehr, dass hier seltsame Dinge geschahen und dass wir uns künftig vorsehen mussten, um uns nicht weitere Blößen zu geben. Aber was tat er? Ritt zur Jagd, balzte um eine Dame und entband sogar Fulk und die anderen von ihren Pflichten!
Natürlich ärgerte ich mich auch über mich selbst. Warum musste ich mich in diese Lage bringen? War ich unfähig, mit der nötigen Kraft und Entschlossenheit meines Amtes zu walten? Warum hatte ich nicht sofort befohlen, Erk die Fesseln zu lösen? Fesselte man denn einen Menschen in einer Kirche, wo er Zuflucht gesucht hatte? Ich hätte mir nicht nur Schmerzen erspart, sondern stünde jetzt nicht als betrunkener Raufbold da, den nur die königliche Vollmacht und die Nachsicht des Grafen vor Folgen schützten. Ausgerechnet des Grafen, dessen Frömmigkeit, Wahrheitsliebe und Redlichkeit mir nun doch nicht so makellos wie das Blau seiner Augen zu sein schienen.
Ich hörte ihn neben mir schnaufen. Er schwitzte und seine Brust hob sich unregelmäßig. Anscheinend konnte auch er nicht schlafen, was nicht zuletzt an der munteren Flohversammlung unter der gemeinsamen Decke liegen konnte. Man tat ja am besten so, als gäbe es die Quälgeister nicht. Doch das gelang nur, wenn man sehr müde war. Immer wieder ruckten und zuckten wir und versuchten, einen der Blutsauger zu erwischen. Dabei ergab es sich, dass wir wieder zu reden begannen.
Meine Ahnung bestätigte sich. Es waren nicht nur die Flöhe, die ihn beunruhigten. Er begann, mich vorsichtig auszuforschen. Die Knechte mussten ihm berichtet haben, dass ich ein langes Gespräch mit dem Priester gehabt hatte. Als er die Kirche betrat, hatte er mich mit Erk an der Grabkammer des Heiligen angetroffen. Nun suchte er heraus zu bekommen, ob ich etwas von den Brüdern erfahren hatte. Da beide auf ihre Art Narren seien, der eine ein überspannter, der andere ein tumber, sei er besorgt, sagte er, ich könnte von ihnen manchen Unsinn gehört haben.
Ich gab mir Mühe, ihn zu beruhigen. Dass Erk an der Steinplatte kniete, sei auf meine Aufforderung hin geschehen, ein Nachtgebet zu sprechen und gegenüber dem Heiligen, der ihm die Freistatt gewähre, Reue zu zeigen. Zuvor, das heißt vor dem bedauerlichen Zwischenfall, habe Wig mir sehr lebhaft und anschaulich von der gefährlichen Überführung und glücklichen Ankunft der ehrwürdigen Reste erzählt. Das habe mich gleich daran erinnert, fügte ich hinzu, dass mir mein Bettnachbar seinerseits eine Schilderung seiner Reise nach Rom versprochen hatte. Natürlich sei es dazu jetzt zu spät. Doch während man sich damit beschäftige, Flöhe zu knacken, könne er mir vielleicht, sozusagen als Vorgeschmack, ein paar neugierige Fragen beantworten.
Volz zeigte sich spürbar erleichtert und forderte mich auf, nur immer zu fragen. So
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