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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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ist. Secundo . Es finden sich alle dazu ein, die nach sächsischem Volksrecht dingpflichtig sind. Wer sich drückt, der bereut es, das verspreche ich. Tertio . Alle Zeugen, die die Mordtat gesehen haben, werden hiermit zur Aussage vorgeladen. Dass sich niemand einfallen lässt, die Leute zur Arbeit zu schicken oder sie sonst irgendwie am Kommen zu hindern. Quarto . Falls es hier Männer gibt, die die Gesetze kennen und bei der Urteilsfindung behilflich sein könnten – Sachibarone, Rachinburgen, Scabini oder wie immer sie sich bei euch nennen – sie sollen kommen! Quinto . Wer nicht erscheint, zahlt in die Kasse des Königs die Bannbuße! So, das war es, was ich euch sagen wollte. Sind meine Worte in eure Schädel gedrungen? Falls jemand mich nicht verstanden hat, soll es ihm ein anderer erklären. Und nun bis morgen … pünktlich bei Sonnenaufgang! Oder ihr werdet Odo von Reims, einen Nachfahren König Chlodwigs, der niemals lange gefackelt hat, kennenlernen!“
    Nach dieser martialischen Ansprache steckte Odo sein Schwert zurück in die Scheide, stieß einen Liudolf und einen Liutger zur Seite und stapfte mit Riesenschritten davon. Ich setzte eine amtliche Miene auf und folgte ihm eilig, die Kutte raffend, weit ausschreitend mit meinen kurzen Beinen. Es war mir nicht ganz geheuer unter den jetzt gar nicht mehr fröhlichen, sondern stur und boshaft blickenden Sachsen.
    Mein Amtsgefährte ging geradenwegs in das Stallhaus, wo unsere Tiere standen, und machte sich daran, das Fell des Impetus mit einem Striegel zu bearbeiten. Das war sonst nicht seine Aufgabe, sondern die unserer Leute gewesen. Er striegelte mit verbissener Miene und widerstand jedem meiner Versuche, noch einmal ein Gespräch zu beginnen. Schließlich fuhr er mich wütend an:
    „Was willst du? Wir halten morgen Gericht! Bist du zufrieden? Gott sei mit uns! Es wäre besser gewesen, sie alle niederzuhauen.“
    Von da an sprach er bis zum Morgen kein Wort mehr. Und nun saßen wir auf unseren Richterstühlen, blickten nach Osten und warteten.
    Inzwischen war die Sonne längst aufgegangen. Die Schatten verflüchtigten sich. Der Hain lag in klarem, freundlichem Licht, so wie beim ersten Mal, als ich ihn sah. Die Krone der Saxnot-Eiche umgab jetzt ein Strahlenkranz. Ich war in der Nacht noch einmal hinter das Saalhaus geschlichen und hatte gelauscht. Aber weder Athanasius noch der Axtschläger hatten etwas von sich hören lassen. Die mystische Fratze hatte auch diesmal im Mondschein gegrinst, sogar etwas schiefer und dämonischer als in der Nacht zuvor, weil ich ja an einer Stelle des Einschnitts das Moos und die Späne entfernt hatte. Doch war ihr Anblick den Markgenossen so zur Gewohnheit geworden, dass sie anscheinend seit Jahren schon entweder die kleinen Veränderungen nicht wahrnahmen oder es nicht für notwendig hielten, ihren Ursachen nachzugehen. Auch diesmal war gewiss niemandem etwas aufgefallen. Im Saalhaus war zu dem Zeitpunkt (kurz nach Mitternacht) alles schon dunkel und ruhig gewesen.
    Später war ich dann in der winzigen Hütte, die unserem Gefolge bereitgestellt war, von Müdigkeit überwältigt niedergesunken. Den Dolch des Umm in der Faust, hatte ich aber die meiste Zeit wach gelegen, auf Geräusche gelauscht und auf das türlose Rechteck des Eingangs gestarrt. Auch jetzt war ich außerstande, die Augen zu schließen.
     „Was tun wir, wenn sie nicht kommen?“, sagte ich schließlich, als ich das Schweigen nicht mehr aushielt.
    „Sie werden kommen!“, knurrte Odo, ohne die Augen zu öffnen.
    „Aber es ist nicht üblich, erst so lange Zeit nach Sonnenaufgang zur Gerichtsversammlung zu erscheinen.“
    „Wer weiß schon, was hier alles nicht üblich ist.“
    „Volz könnte es darauf ankommen lassen. Wer gilt mehr – die Vertreter des Königs oder die örtlichen Machthaber?“
    „Er wird sich hüten, den Alten herauszufordern.“
    „Wenn der es aber gar nicht erfährt? Wenn wir es ihm nicht mehr sagen können?“
    „Dann kann es dir doch gleichgültig sein, Vater. In dem Fall kommst du doch in den Genuss der ewigen Seligkeit.“
    Ich seufzte. Diese Aussicht hat mich seltsamerweise niemals getröstet. Argwöhnisch beobachtete ich das dichte Gebüsch am Rande des Hains. Ein Zweig bewegte sich. Vor Schreck ließ ich meinen Stab fallen. Es war nur ein Hase, der gemächlich über die Wiese hoppelte. Er kümmerte sich nicht um das königliche Gericht, so als sei es gar nicht vorhanden,
    „Wahrscheinlich sind sie tödlich beleidigt!,

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