Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
Vom Netzwerk:
begann ich wieder. „Deine Ladung hörte sich ja auch wie der Befehl eines Feldhauptmanns an.“
    „Eine bannitio ist ein Befehl.“
    „Ja, nur muss man gewisse Formeln einfügen, damit es wie eine Einladung klingt.“
    „Das wäre hier unnütze Mühe gewesen.“
    „Wir hätten auch besser daran getan, uns gestern Abend noch einmal im Saalhaus zu zeigen.“
    „Und warum bist du nicht hingegangen?“
    „Weil ich allein nicht den Mut hatte“, gestand ich. „Ich fürchtete auch, sie könnten mich betrunken machen und dazu bringen, ihr Schriftstück zu unterzeichnen.“
    „Siehst du!“, sagte Odo blinzelnd, indem er sich etwas aufrichtete. „Auch ich war meiner nicht sicher. Am Ende hätte mich Gozbert herumgekriegt und ich wäre auch ohne Gefolge zur Jagd geritten. Sei also froh! Unsere Schwäche ist verborgen geblieben. Stattdessen haben wir heldenhaft diesen Dinghügel eingenommen und sind eisern entschlossen, die Ehre der königlichen Justiz bis zum letzten Atemzug zu verteidigen.“
    Ich schwieg erschöpft. Odo dagegen war durch unseren Wortwechsel munter geworden. Mit seinem Richterstab zog er unserem Schreiber, der noch immer zusammengerollt auf der Bank lag, eins über den Rücken.
    „Aufgewacht, Meister Rouhfaz!“
    Der arme Kerl hatte sich, da es nun etwas wärmer wurde, in einen unruhigen Morgenschlaf gezittert. Er fuhr hoch.
    „Was ist, Herr Odo?“
    „Wir werden jetzt gleich einen Bericht aufsetzen. Für die Kanzlei! Es scheint so, als würden sich diese spätgermanischen Hinterwäldler vor einem königlichen Botding drücken. Der große, doch immer geldbedürftige Karl wird sich freuen, wenn er erfährt, was für eine fette Bannbuße ihm dafür ins Reichssäckel klimpert. Du hast Recht, Vater, dazu muss er natürlich erfahren, was sich hier abgespielt hat. Wenigstens einer von uns muss durchkommen.“
    „Ihr glaubt, sie wollen uns umbringen?“, fragte Rouhfaz erschrocken.
    „Du scheinst mir eine unruhige Hand zu haben, mein Freund“, erwiderte Odo lachend. „Pass auf, dass deine Schrift darunter nicht leidet. Fertig? Also schreibe …“
    „Warte!“, sagte ich. „Hör doch mal!“
    Wir lauschten. Aus der Richtung des Salhofs drangen Geräusche und Stimmen herauf.
    „Sie kommen!“, flüsterte Rouhfaz.
    Daran gab es bald keinen Zweifel mehr. Es war ein leises Klirren und dumpfes Gemurmel. Langsam rückten schurrende, trampelnde Schritte näher.
    „Hört sich merkwürdig an“, sagte ich.
    „Ja“, fand auch Odo, „wie ein Truppenaufmarsch. Sie werden doch nicht ihren Heerbann aufgeboten haben, um gegen drei Männer und zwei Stühle anzurennen?“
    Wir starrten hinüber zu den Büschen, aus denen der kurze Pfad heraus führte. Plötzlich sahen wir etwas Metallenes blinken.
    „Schwerter und Lanzen!“, stöhnte Rouhfaz. Und dann stieß er einen Schreckensruf aus.
    „Herr Jesus, hilf! Sie ermorden uns!“
    Doch er wartete nicht auf die Hilfe. Lieber verließ er sich auf seine Beine. Unverzüglich setzten sie sich in Bewegung. Der Kodex mit den Wachstafeln flog auf der einen, Rouhfaz selbst auf der anderen Seite des Hügels hinab. Er rannte durch das kniehohe Gras auf den Waldrand zu. Sein seidener Anzug blähte sich wie ein Segel am Mast, als er sich mit einem Sprung ins Unterholz rettete.
    „Ein Held weniger“, brummte Odo. „Umso mehr Ruhm für die übrigen.“
    Sie kamen also. Als Erster erschien ein einzelner Mann, der Brünne und Helm trug. Er hielt einen Schild vorgestreckt, doch nicht in Kampfhaltung. Der Schild war umgedreht, sein Griff war entfernt und der Mann hielt ihn auf seinen flachen Händen. Steif, mit langsamen, feierlichen Schritten trat er auf die Wiese heraus. Auf dem Schild stand ein silberner Teller und auf diesem lag ein blaugrünes Etwas. Ich sah zweimal hin und erkannte es endlich. Es war eine abgeschlagene Hand.
    Odo und ich tauschten einen erleichterten Blick. Sie brachten das Leibzeichen, ein Stück vom Leichnam des Ermordeten. Also nahten sie nicht in feindlicher Absicht, sondern tatsächlich, um zu Gericht zu sitzen. Hinter dem Schildträger kamen zehn, zwölf, fünfzehn Männer auf den Dingplatz heraus, alle gerüstet wie zum Heereszug. Es waren die Verwandten des Toten, die zur Mordklage erschienen, als ginge es wie in alten Zeiten zur Blutfehde. Als wir das Waffengeklirr vernahmen, hatten wir nicht gleich daran gedacht, dass hier in Sachsen die alten Bräuche noch sehr lebendig sind.
    Hinter den Verwandten schritt der Graf mit einigen seiner

Weitere Kostenlose Bücher