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Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Titel: Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L Sayers
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zurück, und Susan trat mit ihrem Koffer über die Schwelle.
    »Mrs. Wispell hat doch sicher meinen Brief bekommen, in dem ich ihr meine Ankunft mitteilte?«
    »Ja, aber man kann nie vorsichtig genug sein. Das ist ein abgelegenes Haus. Ihren Koffer können Sie für Jarrock stehenlassen. Hier links ist die Küche.«
    Susan betrat die Küche, einen niedrigen, nicht sehr großen Raum, und stellte mit Befriedigung fest, daß ein gutes Feuer im Kamin brannte. Eine Reihe glänzender Kupferpfannen über dem Sims strahlte eine beruhigende Wirkung aus. Hinter sich hörte sie wieder die scharrenden Geräusche des Riegels und des Schlüssels. Dann nahte ihre Kerkermeisterin – warum sprang ihr das Wort unaufgefordert in den Sinn? – und trat zum erstenmal ins Licht.
    Der Eindruck war überwältigend. Das flache, weiße, breite Gesicht, der wogende Busen, der gewaltige Umfang der weißbeschürzten Hüften schienen den Raum auszufüllen. Dann vergaß sie alles andere über dem Schock der Entdeckung, daß die kolossale Frau obendrein noch schielte.
    Es war kein gewöhnliches Schielen. Das linke Auge war so weit nach innen gedreht, daß die Hälfte der Iris unsichtbar war, was dieser Seite ihres Gesichts ein listiges, boshaftes Aussehen verlieh. Das andere Auge war klein, dunkel und glänzend und heftete sich scharf auf Susan.
    »Ich bin Mrs. Jarrock«, sagte die Frau mit ihrer seltsamen Stimme.
    Es erschien Susan unverständlich, wie jemand, der nicht gerade blind und taub war, eine derart entstellte und wie ein Rabe krächzende Frau heiraten konnte. »Guten Abend«, sagte sie und streckte zögernd die Hand aus, die von Mrs. Jarrocks dicker Pranke mit einem unerwartet harten, männlichen Griff umschlossen wurde.
    »Sie trinken gewiß gern eine Tasse Tee, ehe Sie sich umziehen«, sagte Mrs. Jarrock. »Sie können doch servieren?«
    »O ja, das bin ich gewohnt.«
    »Dann beginnen Sie am besten gleich heute abend. Jarrock hat alle Hände voll zu tun mit Mr. Alistair, der wieder mal seinen schlechten Tag hat. Wir waren beide oben. Deswegen mußten Sie warten.« Wieder blickte sie das Mädchen durchbohrend an, und das Schielauge rollte unkontrollierbar in seiner Höhle. Sie wandte sich ab, um den Kessel vom Herd zu nehmen, und Susan konnte sich nicht von der Vorstellung befreien, daß das linke Auge sie immer noch aus seinem Versteck hinter der flachen Nase der Köchin anschielte.
    »Hat man es hier gut?« fragte Susan.
    »Oh, es ist ganz erträglich«, erwiderte Mrs. Jarrock. »Man darf nur nicht nervös sein. Sie kümmert sich nicht viel um den Haushalt, aber das ist unter den Umständen nicht anders zu erwarten, und er ist ganz friedlich, wenn man ihm nicht in die Quere kommt. Mit Mr. Alistair haben Sie nichts zu tun, das ist Jarrocks Sache. Hier ist Ihr Tee. Ob Jarrock wohl …«
    Sie brach ab und neigte den großen Kopf zur Seite, als ob sie auf etwas horchte, das oben vor sich ging. Dann eilte sie durch die Küche, mit einem für eine so schwerfällige Frau überraschend leichten Schritt, und verschwand in der Dunkelheit des Flurs. Die ängstlich lauschende Susan glaubte ein Stöhnen und das Getrappel von Füßen über der Balkendecke zu vernehmen. Nach wenigen Minuten kehrte Mrs. Jarrock zurück, nahm den Kessel vom Feuer und reichte ihn einer unsichtbaren Person im Flur. Es folgte ein längeres Geflüster. Dann erschien Mrs. Jarrock wieder und begann Toast mit Butter zu bestreichen.
    Susan aß ohne Appetit. Sie war hungrig gewesen, als sie aus dem Bus stieg, aber die Atmosphäre des Hauses bedrückte sie. Sie hatte gerade eine zweite Scheibe Toast abgelehnt, als sie merkte, daß jemand die Küche betreten hatte.
    Es war ein großer, kräftig gebauter Mann, aber er stand an der Tür, als sei er mißtrauisch oder schüchtern. Als Susan den Kopf zur Tür wandte, drehte Mrs. Jarrock sich ebenfalls um.
    »Da bist du ja, Jarrock. Hier, trink deinen Tee.«
    Daraufhin schlich der Mann seitwärts wie eine Krabbe an der Wand entlang und kam auf diese merkwürdige Weise schließlich zur anderen Seite des Feuers, wo er mit abgewandtem Kopf stehenblieb und Susan aus den Augenwinkeln anblickte.
    »Dies ist Susan«, erklärte Mrs. Jarrock. »Hoffentlich gewöhnt sie sich gut ein. Ich bin froh, wenn ich endlich Hilfe bekomme.«
    »Wir werden unser Bestes tun, um ihr das Leben hier zu erleichtern«, sagte der Mann mit einem sonderbaren Lispeln. Obgleich er ihr die Hand entgegenstreckte, hielt er den Kopf abgewandt. Er ließ sich in einem

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