Sayuri
sie nicht länger bleiben konnten. Doch sein Blick glitt wieder zu Sayuri. Ohne seine und Yuukas Hilfe würde sie in der Wüste nicht lange überleben. Dazu wusste sie noch zu wenig von ihrer Kraft.
Innerlich zerrissen beobachtete er, wie sie einige Schritte in den Wald ging und mit staunenden Augen die Bäume betrachtete, sorgsam darauf bedacht, sie nicht zu berühren. Sie wirkte, als hätte sie ihre Gefährten völlig vergessen. Verträumt glitt ihr Blick zu den knorrigen Baumkronen hinauf und die hellen Haare fielen ihr aus der Stirn, als sie den Kopf in den Nacken legte, um die Äste über ihrem Kopf zu betrachten.
Doch nicht nur er, auch die Zentauren beobachteten sie. Quouran trat ihr schließlich in den Weg. »Ihr müsst jetzt aufbrechen«, sagte er.
Sayuri stand vor dem Zentauren, dem sie kaum bis zum Bauchnabel reichte, den Kopf weit in den Nacken gelegt, ohne eine Spur von Angst oder Scheu im Blick.
»Sayuri!«, rief Marje zögernd.
Quouran beugte sich zu dem zierlichen Mädchen hinab. Seinem ernsten Gesicht war nicht anzusehen, was er dachte. Suieen wartete geduldig, aber Marje schien plötzlich Angst um ihre Freundin bekommen zu haben.
»Sayuri!«, rief sie wieder und wollte bereits vom Rücken der Zentaurin springen, die sie jedoch festhielt und ihr einen beruhigenden Blick über die Schulter zuwarf.
Sayuri streckte ihren Arm aus. Ihre Finger schienen in der riesigen Pranke des Zentauren zu verschwinden. »Die Sterne erzählten davon«, murmelte er leise. Als wäre sie ein zerbrechlicher Gegenstand, trug er sie vorsichtig zu Suieen und setzte sie hinter ihm auf den Zentaurenrücken. »Nehmt euch in Acht und lauft sicheren Schrittes durch den Wald«, sagte er zu den Zentauren. Sein Blick streifte Suieen. »Interessante Gefährten hast du gefunden.«
Yuuka knurrte drängend.
Quouran gab ihnen den Weg frei. Seine Vorderhufe wirbelten in der Luft, als er auf der Hinterhand umdrehte und ihnen nachsah.
Die Bewegungen der drei Zentauren waren schnell und ausholend. Suieen sah aus den Augenwinkeln, wie Marje sich an den Hals der Zentaurin klammerte. Sachte löste die Waldbewohnerin ihre Hände und legte sie auf ihre Schultern.
»Keine Angst, du wirst nicht fallen«, rief Suieen ihr ermutigend zu. Sayuris Hände hatten nur leicht auf seinen Schultern gelegen, jetzt spürte er, wie sie den Kopf gegen seinen Rücken lehnte. Ihre Berührung löste ein ungewohntes Kribbeln auf seiner Haut aus. Vorsichtig griff er nach ihrer Hand.
Noch immer hallten die Worte Quourans in seinem Kopf und er fragte sich, was der Zentaur wohl gemeint hatte. Er sah über seine Schulter. Sayuris weiße Haare wehten im Wind.
Neben ihnen lief leichtfüßig Yuuka her. Die Bäume schienen vor ihnen zur Seite zu weichen, ihre Äste zu heben und ihnen den Weg frei zu machen. Ein stolzes Gefühl erfüllte ihn bei dem Gedanken, Sayuri diese Welt zeigen zu können. Sie war ein Teil des Landes, in dem er aufgewachsen war, und die Zentaurenwälder waren nicht ganz so trostlos wie die Weiten der Wüste.
Gedankenverloren überlegte er, ob Sayuri wohl das Netz der Magie spüren konnte. Je nachdem, wie mächtig sie war, war es durchaus möglich. Sanft berührte er ihren Geist und wollte sie fragen, als er verwundert feststellte, dass sie eingeschlafen war.
Die Baracken sahen aus der Nähe noch erbärmlicher aus. Über schlecht geformtes Metall, das jeden Augenblick zu zerbrechen drohte, spannten sich Pelze von Tieren, die der Wüstensand bereits abgerieben und zerrissen hatte. An einigen Stellen hatte jemand versucht, die Baracken aus alten Fellen und Pfosten mit Holzbrettern zu stützen, aber der Kampf gegen den Wüstenwind war aussichtslos und so konnte der Sand durch jede Ritze in die behelfsmäßigen Gebäude dringen.
Kiyoshi stolperte hinter den anderen Gefangenen den schmalen Pfad zwischen den Baracken entlang. Hier unten im Tal staute sich die schwüle Luft des Tages und war erfüllt vom Gestank der Menschen, die viel zu nah aufeinanderwohnten, ohne Wasser, um sich zu waschen und ihre Kleider sauber zu halten. Der Geruch von Schweiß, Blut und Exkrementen lag so schwer in der Luft, dass Kiyoshi den Brechreiz nur mit Mühe unterdrücken konnte. Wahrscheinlich roch er selbst inzwischen kaum besser. Seine Kleidung war blutverschmiert, die Wunden in seinem Gesicht waren von geronnenem Blut verkrustet und die schwarzen Haare fielen ihm vor Dreck starrend ins Gesicht. Wenigstens würde ihn so niemand gleich als Prinz erkennen, dachte er
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