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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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Feuersbrunst blass wurde.
    Yuuka sprang zornig fauchend zurück, aber auch die Essjiar war einige Schritte zurückgetaumelt. Blut floss aus ihren Wunden an Hals und Beinen.
    Erschrocken sah Suieen, dass Yuuka ein Bein nachzog. Schuldgefühle stiegen in ihm auf, schließlich hatte er sie in diese ausweglose Situation hineinmanövriert. Yuuka war von Anfang an dagegen gewesen, aber er hatte blind seine Ziele verfolgt.
    Die sandfarbene Raubkatze schenkte ihm ein grimmiges Lächeln. »Der Junge hat recht. Der Kampf hat gerade erst begonnen«, knurrte sie mit einem Funkeln in den Augen, das er lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte.
    Sie würden schnell sein müssen, schneller als das Feuer.
    Müde blinzelte sie ins gleißend helle Licht der Sonne. Marje! Die Mine! Kiyoshi!
    Diesmal war Sayuri hellwach und sprang auf. Shio sirrte ungeduldig und gleichzeitig erleichtert, dass sie endlich aufgewacht war.
    Wo ist Marje? Was ist passiert?
    Wie zur Antwort erhob sich Shio von ihrer Schulter und flog zum Dünenkamm, hinter dem sich das Tal mit dem Lager befinden musste. Der Kamm war nur ein paar Schritte entfernt. Offenbar war sie kurz davor zusammengebrochen.
    Sayuri setzte sich eilig in Bewegung. Diesmal waren ihre Schritte nicht stolpernd und nicht schwerfällig. Sie rannte über den Sand, spürte neue Kraft. Etwas zerrte an ihr, eine Gewissheit, die sie vorantrieb, auch wenn sie sie nicht in Worte fassen konnte.
    Nach wenigen Schritten hatte sie den Dünenkamm erreicht. Shios entsetztes Summen hatte sie nicht darauf vorbereiten können, was sie dort erwartete.
    Dort, wo am Vortag noch die Baracken in Reih und Glied nebeneinandergestanden hatten, war nur mehr ein einziges Trümmerfeld zu sehen, über das Essjiar jagten und breite Lasttiere hinwegtrampelten. Zwischen den eingestürzten Baracken versteckten sich Minenarbeiter vor den Söldnern, die blindlings mit ihren Schwertern um sich schlugen und sinnlos jeden töteten, der sich ihnen in den Weg stellte. Echsen fielen über flüchtende Menschen her – Gefangene wie Söldner – und obwohl sie so hoch über ihnen war, konnte sie ihre angsterfüllten Schreie hören.
    Das Tal wirkte wie ein Bild des Grauens und Sayuris Herz krampfte sich zusammen. Sie spürte Angst und Verzweiflung in sich aufsteigen, aber es war nicht ihre eigene, sondern die Angst und Verzweiflung der Menschen, die dort unten waren. Wie grelle Farben blitzten sie vor ihren Augen. Plötzlich durchzuckte sie ein jäher Schmerz, ließ sie stumm aufschreien. Starr blickte sie ins Tal hinab, wo ein Kind gerade sein Leben ließ. Im nächsten Moment war da nur noch das Gefühl der Leere. Es war, als hätte sie einen Augenblick lang in dem Körper des Kindes gesteckt.
    Sayuris Finger gruben sich in den heißen Wüstensand. Angestrengt musterte sie eine Hütte nach der anderen. Sie fing die Gefühle und Ängste der Menschen auf, als würde sie sie selbst empfinden, und hatte Mühe, sich wieder von ihnen zu lösen. Dann sah sie, wie Söldner mit Fackeln in den Händen ein Lasttier zwischen den Baracken einkreisten. Das Tier stieß ängstliche Schreie aus, drehte sich im Kreis und versuchte erfolglos zurückzuweichen. Ein Mann holte mit einem Seil aus und es gelang ihm, die Schlaufe über den Kopf des Tieres zu werfen. Schnell wurden weitere Seile geworfen und wenige Sekunden später lag das Tier am Boden.
    Zitternd sah Sayuri, wie zahllose Männer die Seile festzurrten. Sie konzentrierte sich auf das Geschöpf, das vor Angst mit den Augen rollte und immer wieder versuchte, eines der Beine freizukämpfen und sich aufzurichten.
    Als es endlich still lag, wandten die Söldner sich ab und folgten einem anderen Lasttier, um es einzufangen. Erschöpft ging Sayuri in die Knie und ließ den Kopf auf die Hände sinken. Shios angsterfülltes hektisches Sirren ließ sie jedoch erneut aufsehen.
    Dunkle Rauchschwaden wurden vom Wind in ihre Richtung getrieben. Blinzelnd sah sie das Feuer, das sich zwischen den Baracken funkensprühend in den Himmel erhob. Sie hörte die Schreie der fliehenden Menschen, während das Feuer gierig an weiteren Baracken leckte und rasend schnell um sich griff.
    Sayuris Hände ballten sich zu Fäusten. Sie musste eingreifen. Irgendetwas musste sie tun. Sie musste dieser Qual ein Ende setzen, musste diesen Menschen helfen!
    Ohne dass sie es merkte, bohrten sich ihre Hände tiefer in den heißen Wüstensand. Regen, dachte sie und merkte im gleichen Augenblick, wie unsinnig der Gedanke war.
    Aus

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