Sayuri
ich die Lasttiere erschrecken und im Lager für Chaos sorgen, um unbemerkt nach dir suchen zu können.« Er schaute von Kiyoshi zu Milan. »Aber dann … All die Menschen, die dort unten gestorben sind.« Er brach ab, dann räusperte er sich und wandte sich an den Zentauren. »Es tut uns auch leid, dass ein Teil eures Waldes zerstört wurde«, sagte er förmlich.
Quouran erhob die Stimme, aber Marje stellte erstaunt fest, dass sie überraschend sanft für seinen mächtigen Leib klang. »Du hast richtig gehandelt, Junge«, sagte er und trat ein Stück näher auf Suieen zu. »Du hast vielen die Freiheit geschenkt.« Er machte auf der Hinterhand kehrt und ließ seinen Blick über das Tal und die Hügel schweifen, wo überall kleine Grüppchen von ehemaligen Gefangenen zu erkennen waren, die sich zusammengeschart hatten.
Quouran senkte seinen Kopf. »Nicht einer von ihnen hätte lange im Söldnerlager überlebt – über kurz oder lang wären sie den Strapazen erlegen. Du hast ihnen die Möglichkeit gegeben zu leben.«
Suieens Gesicht blieb reglos.
Quouran lächelte. »Und was den Wald betrifft – er wird neue Bäume hervorbringen und sich sein Territorium zurückerobern. Niemand wird hier je wieder eine Mine errichten.«
Marje spürte Kiyoshis Hand, die nach ihrer griff und sie leicht drückte. »Der Zentaur hat recht mit dem, was er sagt«, flüsterte er leise. »Als ich dort unten war, dachte ich, dass ich nie wieder Tshanils Licht sehen würde.«
Als Marje zu ihm aufblickte, sah sie dunkle Ringe unter seinen Augen, die langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und die grünen Augen flackerten müde. Seine Lippen waren aufgesprungen und sein Körper machte den Anschein, als kostete es ihn unendlich viel Kraft, sich auf den Beinen zu halten, aber dennoch sah er glücklich aus.
Und ihr ging es nicht anders. Ihre Sorge um Sayuri wich der festen Gewissheit, dass sie ihre Freundin unversehrt dort finden würden, wo Suieen sie zurückgelassen hatte.
»Sayuri«, sagte sie. Sie sah Quouran mit festem Blick an. »Ihr wisst, dass das Mädchen etwas Besonderes ist, oder?«
Der Zentaur musterte sie neugierig. Seine dunklen Augen verrieten nicht, was er dachte. »Das ist sie«, sagte Quouran schließlich und nickte. »Und du musst keine Angst um sie haben.« Sein Blick glitt über das Wasser. »Wir werden sie finden.« Er streckte eine Hand aus. »Willst du mit uns kommen?«
Marje zögerte keinen Moment. Sie warf Milan und Kiyoshi einen kurzen Blick zu, ergriff die Hand und der Zentaur hob sie auf seinen Rücken, als wäre sie eine Feder.
»Es dauert bestimmt nicht lange«, rief sie Kiyoshi und Milan zu. Suieen saß bereits auf Yuukas Rücken. Die Raubkatze schnurrte grollend und Suieen kraulte sie besänftigend hinter den Ohren.
Quouran stieg auf die Hinterläufe, dann schloss er mit wenigen ausgreifenden Schritten zu Yuuka auf. »Mouran, du fängst in der Zwischenzeit damit an, die Mine zu sichern«, befahl er einem jungen Zentauren, dessen Fell dunkelbraun war. »Lass Wachen aufstellen, um zu verhindern, dass die entflohenen Echsenreiter zurückkehren können. Wir sind bald wieder da.« Er hob eine Hand zum Gruß.
Die Zentauren verneigten sich tief, indem sie eines der Vorderbeine einknickten und das andere vorstreckten, den Oberkörper nach vorne neigten und die Hände dabei vor der Brust überkreuzten.
Yuuka lief voraus und Quouran folgte so schnell, dass Marje kaum noch Zeit blieb, sich nach ihren Gefährten umzudrehen.
Ihre Finger berührten die verschlungenen grünen und blauen Muster, die den Oberkörper des Zentauren wie ein feines Netz überzogen. »Was bedeuten diese Zeichen?«, fragte sie.
Quourans Hand strich über die Muster und malte eine Spirale nach. »Es sind Zeichen der Würde. Sie erinnern an wichtige Momente unseres Lebens. Dieses Zeichen beispielsweise steht für den Tag, an dem die Söldner in unseren Wald einfielen und wir sie nur mit Mühe zurückschlagen konnten. Der Herr des Waldes musste in dieser Nacht sein Leben lassen und ich wurde nach den Gefechten zu seinem Nachfolger bestimmt.«
Marje betrachtete ehrfürchtig die vielen Symbole auf seinem Rücken. Nach all dem, was passiert war, empfand sie schiere Ehrfurcht und Bewunderung, sich auf dem Rücken dieses so stolzen Geschöpfs zu befinden, das sie durch die Wüste trug.
Wie er Sayuris Namen ausgesprochen hatte, sein wissender Blick – sie spürte, dass Quouran und sein Volk so viel mehr Macht hatten als jeder Mensch. Es war ihr
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