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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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Gesicht. »Halt dich da raus.«
    »Ich will wissen, was ihr vorhabt!«, wiedersprach Marje energisch.
    »Aber ich werde es dir nicht sagen«, entgegnete er ebenso entschlossen.
    Marje wollte sich schon wütend von ihm abwenden, als er ihr die Hand auf die Schulter legte. »Wir wollen doch alle das Beste für uns und unsere Viertel, oder nicht?«, fragte er sie beschwörend.
    Widerstrebend nickte sie. »Was hat das damit zu tun?«, wollte sie wissen.
    »Jeder von uns tut auf seine Art das, was er am besten kann.« Ruan lächelte müde. »Du hast doch bestimmt Träume für die Zukunft, Ziele, nicht wahr?«, fragte er.
    Marje nickte. Worauf wollte er nur hinaus?
    »Die darfst du nie vergessen«, fuhr Ruan fort. »Du wirst hier im Viertel gebraucht. Du bist wichtig für die Menschen, hier liegt deine Zukunft. Ich hingegen habe keine Träume, und wenn ich nicht mehr bin, dann ist jemand anderes da, der meine Stelle einnimmt.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Ruan strich ihr belustigt durch die Haare, wie es sonst nur Milan tat. »Ich habe keine Pläne für die Zukunft. Das hier, das ist mein Traum.«
    »Ruan?«
    Er seufzte und schüttelte nur den Kopf. »Versuche alles, um deine Träume wahr werden zu lassen«, bat er und wurde schneller.
    Marje holte mit langen Schritten zu ihm auf. »Was soll das? Warum erzählst du mir das?«
    Er drehte sich zu ihr um und sah ihr ernst in die Augen. »Geh zu Sayuri, pass auf unser kleines Mädchen auf. Ich mach mir Sorgen um sie. Was ist, wenn die Soldaten zu ihr kommen?«
    Marje zog ihre Stirn in tiefe Falten. Dass Milan genau dasselbe gesagt hatte, machte sie stutzig.
    »Und frag nicht mehr«, bat Ruan, dann drehte er sich entschieden um und ging.
    Marje sah ihm nach. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus.
    »Ruan!«, rief sie ihm nach, aber er schüttelte den Kopf, ohne sich zu ihr umzudrehen.
    Verwirrt blieb sie stehen und sah ihm nach.

6. Kapitel
    K iyoshi!«
    Oh nein! Na großartig. Irgendwie war das ja klar gewesen.
    Er drehte sich um und war überrascht, dass Rajar bereits direkt hinter ihm stand. Sein Ruf hatte weiter entfernt geklungen.
    »Wohin willst du?«, fragte Rajar.
    »Wonach sieht es denn aus?«, fragte Kiyoshi und versuchte ein Grinsen.
    Sie standen am Palasthafen. Um sie herum herrschte reges Treiben. Händler luden ihre Waren aus, Boote legten an und wieder ab, Rufe erschollen quer über den Fluss.
    »Du willst in die Stadt!«
    Rajar und Kiyoshi hatten sich früher, als sie noch jünger gewesen waren, so manches Mal zusammen in die alte Stadt geschlichen. Ab und zu waren sie dabei von Rajars Vater erwischt worden und es hatte harte Strafen gehagelt, aber jedes Abenteuer war es wert gewesen.
    Sich in einem der Boote im Palasthafen zu verstecken, war die eine Möglichkeit gewesen, aus dem Palast zu kommen. Für die andere – ein schmaler, zugewachsener Spalt an der Nordseite der Palastmauer – waren Kiyoshis Schultern inzwischen zu breit geworden.
    »Sag schon – willst du in die Stadt?«, wiederholte Rajar noch einmal.
    »Nein, ich will mich im Shanu ertränken«, sagte Kiyoshi und grinste. »Deswegen stehe ich hier und schaue mich schon mal nach einer geeigneten Stelle um.«
    Rajar verdrehte die Augen. »Warum, Kiyoshi? Ich meine, was willst du da?«
    »Frische Luft schnappen?«, schlug Kiyoshi vor.
    Rajars Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Na gut, keine frische Luft. Die müsste hier sowieso besser sein als in der Stadt …«
    Kiyoshi dachte fieberhaft nach. Sollte er Rajar einweihen in das, was er vorhatte? Und würde Rajar ihn verstehen können?
    »Du willst es mir also nicht sagen.« Rajars dunkle Augen wirkten verbittert.
    Es hat auch Nachteile, Freunde zu haben, die einen zu gut kennen, schoss es Kiyoshi durch den Kopf.
    »Würd ich ja gerne, aber das geht nicht«, gab er zu.
    Rajar verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum nicht? Weil ich dich dann nicht gehen lasse oder weil du glaubst, dass ich dich verpfeife?«
    Kiyoshi unterdrückte ein Stöhnen. Gute Frage.
    Er dachte an die letzten Tage zurück. Sie waren eine einzige Prüfung gewesen. Während seine Wunde geheilt war, hatte er sich gezwungen, stillzuhalten und sich möglichst unauffällig zu benehmen. Er hatte seinen Zorn heruntergeschluckt und seine täglichen Treffen mit Miro absolviert, ohne sich anmerken zu lassen, was tatsächlich in ihm vor sich ging.
    Sein Dienst bei der Stadtwache war bis auf Weiteres gestrichen worden – Miro war die Lage auf den Straßen

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