Sayuri
sondern vielmehr wie ein Teil von ihm, der schon immer zu ihm gehört hatte. Vielleicht lag es daran, dass die Hautfarbe des Jungen von Natur aus ein dunkles Braun war und seine Augen wie schwarze Diamanten leuchteten, faszinierend und bedrohlich zugleich. »Wenn sie uns jagen wollen, werden sie nun nicht mehr viel erreichen«, erklärte der Junge mit einem grimmigen Ausdruck im Gesicht.
»Wir werden sehen, wie viel uns die Warnung bringt«, meinte Marje vorsichtig. Sie kannte Tarian noch nicht lange, wusste aber, dass er zu denen gehörte, die sich trotz ihrer aussichtslosen Herkunft geschickt hochzukämpfen wussten.
Die Banden, die das Westviertel hervorbrachte, waren stolz und wagemutig. Indem sie die reicheren Liganer aus der alten Stadt provozierten, forderten sie nicht selten die Soldaten des Kaisers heraus. Und diese mussten sich, um ihre Ehre zu bewahren, den Straßenkämpfen dann stellen.
Im Raum waren hitzige Diskussionen im Gang und Thar brachte sie mit einem kurzen, lauten Pfiff zum Verstummen. »Ich denke, wir sind uns alle einig, wenn wir feststellen, dass Miro die Tore geöffnet hat, um uns jagen zu lassen. Welchen Grund er auch immer haben mag, sich die Sechzehnjährigen vom Hals zu schaffen, er wird die Gelegenheit nutzen, noch mehr von uns loszuwerden. Wir müssen uns also alle in Acht nehmen.«
»Wir werden uns nicht verstecken«, erklärte Tarian. »Oder hat hier tatsächlich jemand Angst vorm Kaiser?«
Auf seine Frage hin lachten einige. Marje sah drei seiner Kumpane in der Nähe sitzen und auch einige andere waren mit dem Bandenführer einer Meinung. Doch die meisten hatten skeptische Mienen aufgesetzt und sahen erwartungsvoll zu Shoan, Thar oder auf sie selbst.
»Wir können uns gar nicht alle verstecken«, sagte Shoan. »Aber wir wären auch dumm, wenn wir den Kaiser noch mehr herausfordern würden.«
»Ich würde sagen, mit der Aktion gestern hat er uns eher Sympathisanten verschafft«, meinte ein Mädchen aus der zweiten Reihe. Marje schätzte sie höchstens auf siebzehn. Mit ihren relativ ordentlichen Kleidern, den gepflegten langen Haaren und ihrem Engelslächeln wirkte sie ein wenig deplatziert an Zalions Seite, der nicht nur alte, sondern auch zerrissene und staubige Kleidung trug. Selbst seine Haare schienen schon länger kein Wasser mehr gesehen zu haben. Er hatte die verfilzten Locken im Nacken mit einem Band zusammengefasst. Jetzt legte er einen Arm um das Mädchen. »Sie haben dir alle angeboten, dich zu verstecken, nicht wahr? Du siehst einfach immer noch wie sechzehn aus.« Mit einem breiten Grinsen zwinkerte er in die Runde.
Das Mädchen an seiner Seite bedachte ihn mit einem herausfordernden Blick. »Das stimmt zwar, aber viele sagten auch, man müsse sich dagegen zur Wehr setzen. Selbst die meisten der Liganer sind dieser Meinung.«
»Natürlich. Schließlich trifft es auch sie – vielleicht nur nicht sofort«, meinte ein Junge aus einer hinteren Reihe. Wieder lachten einige.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, warf Marje ein. »Noch haben wir nicht den Beweis, dass sich die Aktion nur gegen uns Taller richtet.«
»Vielleicht müssen wir den Kaiser einfach daran erinnern, dass er sich nicht alles erlauben kann«, schlug Tarian vor.
»Und was schwebt dir da so vor?«, wollte das blonde Mädchen wissen.
»Wie wäre es mit einem weiteren Ausflug in die Zinaden? Wir könnten das ganze Wasser aus allen Zinaden in den äußeren Ring umleiten. Wir haben bereits gesehen, dass es klappen kann.« Er warf einen anerkennenden Blick in Marjes Richtung, aber sie schüttelte abwehrend den Kopf.
»Sie wissen, wie wir rein-und rausgekommen sind – noch einmal wird uns das nicht gelingen.«
»Vielleicht sollten wir ihnen zeigen, dass wir auch zu kämpfen bereit sind«, meinte Tarian mit einem Schulterzucken. »Wenn wir uns mit den anderen Vierteln zusammenschließen, müssten wir das problemlos schaffen.«
»Das würde mehr Blut von uns fordern und den Kaiser kaum kratzen«, meinte Thar abwehrend. »Eine Machtdemonstration, die uns nur unnötig schwächen würde und nichts bringt.«
»Nun, wirkungslos würde so ein Aufstand wohl nicht bleiben«, meinte Tarian, schien aber den Einwand zu akzeptieren.
Marje nickte nachdenklich. »Aber wir müssten ihnen schon zu verstehen geben, dass wir so nicht mit uns umgehen lassen.« Alle signalisierten Zustimmung und die Blicke richteten sich auf sie.
»Wie wäre es, wenn wir es ihnen schwer machen, uns zu schnappen?«, schlug Shoan
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