Sayuri
schmückten. Er nahm den Fuß von Kiyoshis Rücken und riss ihn unsanft auf die Beine. »Woher hat ein Straßenkind wie du so ein Messer?«, fragte er.
»Meins?«, schlug Kiyoshi mit einem Hauch von Spott in der Stimme vor. Sie würden es ihm nicht glauben, solange sie ihn für einen Jungen von der Straße hielten, der von den Wachen vor die Stadttore geworfen worden war. Stolpernd wich er vor dem Söldner zurück, bis ihn das Zischen einer Echse in seinem Rücken innehalten ließ.
Sein Blick überflog den Trupp, insgesamt standen sechs Echsen um ihn herum. Er konnte nur hoffen, dass keine von ihnen versuchte, Marje zu finden.
Der Soldat ging einen Schritt auf ihn zu und hielt ihm das Messer unter die Nase. »Ein letzes Mal: Wo hast du diese Waffe her?« Seine Stimme klang nun wie das laute Grollen eines Donners.
»Sie gehört mir«, antwortete Kiyoshi ehrlich. Schweigen erschien ihm wenig sinnvoll.
Der Söldner jedoch holte mit einer Faust aus und schlug sie ihm mit aller Kraft ins Gesicht.
Wieder taumelte er zur Seite und hob unwillkürlich die Hand an seine brennende Wange. Blut rann über seine Finger und vermischte sich mit dem Sand der Wüste, den der Nachtwind aufwirbelte und über die Ebene trug. Sein Kopf dröhnte. Er sank auf die Knie, als alle Kraft aus seinem Körper wich.
Der Soldat riss ihn am Kragen wieder hoch. Er spürte es kaum. Sein Kopf kippte nach hinten. Einen Moment lang sah er den klaren Nachthimmel über sich, dann schlossen sich seine Augenlider und er fiel.
Das Letzte, was er vor seinem inneren Auge sah, war Marje. Dann wurden ihre Züge von der Dunkelheit verschlungen, die alles schluckte, die Wahrheit, die Wirklichkeit, seine Gedanken, seine Erinnerungen.
4. Kapitel
S ayuri saß aufrecht auf ihrem Lager. Gerade hatte sie noch geschlafen, aber nun war sie hellwach. Irgendetwas hatte sie aus dem Schlaf geschreckt. Um sie herum war es dunkel. Sie spürte, wie ihr Herz sich angstvoll zusammenzog. Ihre Hände zitterten. Marje! Sie hörte die Worte in sich widerhallen wie den letzten Ruf eines Ertrinkenden. Ihr war eiskalt und sie wickelte die Decke fester um die Schultern. Tastend streckte sie die Hand aus, zog sie aber wieder hastig zurück, als hätte sie Angst, dass in der Dunkelheit etwas lauerte. Etwas bewegte sich neben ihr und sanftes Licht erfüllte die Höhle aus Sandstein.
Erleichtert atmete sie auf, als Shio auf sie zuschwebte und sich auf ihrem Schoß niederließ. Beruhigend summte das Irrlicht, während es den Raum mit wärmendem Licht erfüllte.
Langsam fand ihr hämmerndes Herz zu einem ruhigeren Rhythmus zurück, dafür stiegen Tränen in ihren Augen auf. Marje, wiederholte sie leise in Gedanken.
Ein dunkler Schatten erhob sich an der Wand in der anderen Ecke der Höhle und Suieen blinzelte sie verschlafen an. Als er den Mund zu einem Gähnen öffnete, konnte sie im Dämmerlicht seine spitzen Eckzähne erkennen.
Schon wach?, fragte er und seine Gedankenstimme wirkte genauso müde wie sein Blick aus den goldschimmernden Augen.
Sayuri lächelte scheu. Irgendetwas hat mich geweckt, erklärte sie.
Seine Stirn zog sich in Falten und gleich darauf richtete Yuuka sich auf, an deren Rücken er sich in die Decke gerollt hatte.
Die Katze stieg über ihren Freund hinweg und tappte zum niedrigen Höhleneingang, den Suieen mit dem Fell eines Grions verhängt hatte. Den Stoff hatte er zum Schutz vor Sandstürmen vor das Loch gespannt und mit Steinen beschwert. Nun rollte Yuuka die Gesteinsbrocken in die Höhle und riss den Vorhang beiseite. Geschickt zwängte sie sich durch das Loch nach draußen, wobei sie den Sand, den der Wind vor der Höhle angetürmt hatte, vor sich herschob. Shio folgte ihr, hielt dann aber im Durchgang inne, um auf Sayuri zu warten.
Hastig schälte sie sich aus der Decke, griff nach ihrem Mantel und huschte hinaus, noch bevor Suieen aufgestanden war. Als der kalte Wind ihr ins Gesicht fuhr und sie die Enge der Höhle hinter sich ließ, spürte sie, wie die unerklärliche Angst von ihr wich.
Draußen war es noch dunkel, aber die Monde standen schon tief am Horizont und im Osten begann es bereits zu dämmern. Sayuri war dankbar für Shios Licht und die Wärme, die das kleine Irrlicht abstrahlte. Endlich nahm sie auch seine sirrenden Worte wahr, und als sie den Namen Marjes hörte, krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen.
Yuukas Knurren riss sie aus ihren Gedanken. Die Raubkatze hatte die neun Schwänze spitz nach oben aufgestellt und das Fell
Weitere Kostenlose Bücher