Sayuri
gesträubt. Mit einem Satz sprang sie auf einen der hohen Felsen und ließ den Blick ihrer leuchtend gelben Augen über die Wüste und die Steine schweifen, die wie Zähne aus der Erde ragten. Erneut stieß sie ein grollendes Knurren aus. Als sie wieder vor ihr landete, vibrierten ihre Schnurrbarthaare. »Essjiar«, stieß sie hervor und scharrte unruhig mit einer Pfote im Sand. »Wir sollten das Land verlassen.«
Die letzten Worte richtete sie an Suieen, der gerade mit seiner und Sayuris Tasche aus dem Versteck kletterte. Stumm reichte er Sayuri ihre Sachen. Yuukas Aussage ließ er unbeantwortet. Sayuri konnte beobachten, wie sich eine Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete und sein Blick nach Norden schweifte. »Sie sind fort«, sagte er schließlich.
»Aber noch nicht lange«, knurrte Yuuka. Die Nachtluft strich ihr durchs Fell und malte Schattierungen in den wandernden Wüstensand.
Sayuri wich dem Blick der Katze aus. Gedankenverloren hatte sie eine Hand zu Shio gehoben und wärmte sich an seinem rötlichen Licht. Marje, murmelte sie leise.
Suieen warf ihr einen nachdenklichen Blick zu.
Ich will zu Marje. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie fühlte sich einsam und spürte, wie die Kälte der Nacht mit eisigen Klauen nach ihr griff.
»Marje ist deine Freundin?«, fragte Suieen.
Sayuri nickte stumm.
Yuuka schüttelte sich mürrisch, sodass ihr Fell zerzaust in alle Richtungen abstand.
»Wir haben keine Zeit …«, setzte Suieen an und wich ihrem Blick aus. »Komm mit uns durch die Wüste«, bat er.
Yuuka fauchte empört. »Sie ist ein Mensch!«, protestierte sie. »Die Shaouran werden sie nicht akzeptieren.«
Unschlüssig biss Suieen sich auf die Unterlippe und senkte den Blick auf den Boden. Die blonden Haare fielen ihm wie ein Vorhang ins Gesicht und verdeckten seinen unsicheren Blick. »Sie werden sie gar nicht wahrnehmen«, widersprach er, aber seine Stimme klang nicht gerade überzeugend. »Wenn wir zu einem ihrer riesigen Feste gehen … schließlich tummeln sich dort so viele unterschiedliche Wesen …«
»Aber keine Menschen!«, unterbrach Yuuka ihn.
Sayuri wandte sich von den beiden ab. Ein Flackern am Rande ihres Blickfelds hatte ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen und sie ging ein paar vorsichtige Schritte in die Dunkelheit. Shios Sirren auf ihrer Schulter hörte sie kaum. Der Sand knirschte unter ihren Schuhen unwirklich laut in der Stille, die nur von Yuukas Fauchen und Suieens Stimme durchbrochen wurde. Sayuri strich sich eine weiße Strähne hinters Ohr und ließ ihren Blick zwischen den Steinen über den Boden schweifen. Vor dem Felsen, an dem sie das Flackern gesehen hatte, blieb sie stehen.
Wieder blitzte etwas auf, verschwand und begann von Neuem zu leuchten. Es war ein kleiner Skorpion, dessen Schwanzstachel das Licht der Monde reflektierte, wenn er seinen Hinterleib leicht zur Seite schwenkte.
Auf Sayuris Lippen breitete sich ein Lächeln aus. Behutsam streckte sie die Hand nach dem Tier aus, hielt dann aber auf halbem Weg inne und beobachtete es nur aus blassblauen Augen. Der braune Körper schimmerte, als wäre er poliert, und die Scheren klappten immer wieder auf und zu, als wollte er etwas festhalten.
Shio sirrte unruhig um ihren Kopf, als er aber merkte, dass sie ihn kaum wahrnahm, stieg er höher in den Himmel, der den nahenden Tag ankündigte.
Sayuri stand auf, als die ersten Sonnenstrahlen auf den Wüstensand fielen. Schutzsuchend sah sie sich nach Suieen um, aber sie musste sich weiter von ihrem Nachtlager entfernt haben, als sie gedacht hatte. Niemand war zu sehen und die Felsen, die hinter ihr lagen, kamen ihr völlig fremd vor.
Suieen!, rief sie den Halbmenschen. Seine Stimme, die sie gerade noch laut zu hören geglaubt hatte, war verstummt. Ihr Rufen blieb ohne Antwort. Panik stieg in ihr auf. Ihr Blick suchte nach Shio und sie entdeckte das Irrlicht über einigen Felsen und lief los. Noch wusste sie nicht, wie sie ihn rufen konnte, auch wenn Suieen ihr versichert hatte, dass sie es lernen könnte.
Den Umhang fest um sich geschlungen und die Arme an den Leib gepresst, folgte sie dem Licht, das immer schneller über die Felsen hinwegzischte. Shio … Sie stolperte, als sie nicht mehr auf den Weg achtete, sondern nur noch zu dem schwach glimmenden Punkt hinaufsah.
Eine Hand fing sie auf und kräftige Arme hinderten sie am Fallen. Überrascht blinzelte sie zu Suieen auf. »Dich kann man wirklich nicht aus den Augen lassen«, stellte er fest, aber er klang
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