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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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einschätzen, ob es für sie einen Unterschied machte. Ohne sich zu regen, starrte er die Kreatur an. Sein Herz hämmerte laut in seiner Brust.
    Zischend holte die Echse Luft. Dabei öffneten sich die Schlitze über ihrer Schnauze und sie stieß heißen, stinkenden Atem aus, dann schlossen sich die Nasenschlitze wieder und sie stand völlig reglos da. Nur eine dünne lange Zunge schnellte aus dem lippenlosen Maul hervor und strich über die Haut, die hart wie Knochen zu sein schien. Träge streckte sie sich und gähnte.
    Kiyoshi schluckte, als er die spitzen Zähne sah, von denen ein gelbes Sekret tropfte.
    Mit einem Peitschenknall wurde die Echse angetrieben und lief flink auf ihren vier Beinen weiter.
    Erst jetzt wagte Kiyoshi, die Augen wieder ganz zu öffnen, und bemerkte, dass seine Mitinsassen einen Wasserkrug in den Händen hielten. Einer der Jungen setzte ihn an die Lippen und begann gierig zu trinken.
    »Lass mir was übrig!«, verlangte der andere.
    »Ist doch genug für alle da«, gab der Trinkende zurück. Auf seiner nackten Schulter konnte Kiyoshi einen eingebrannten Kreis erkennen, der in drei gleich große Teile geteilt war.
    Und da begriff er.
    Sie waren unter den Sechzehnjährigen gewesen, die von den Soldaten aus der Stadt gejagt worden waren! Und sie hatten ihn erkannt. Er versuchte das ungute Gefühl, das in ihm aufstieg, zu ignorieren.
    Der zweite Junge trank und reichte den Krug dann dem Mädchen namens Jailyn. Dankend nahm sie ihn, hob ihn aber nicht an die Lippen. Stattdessen rutschte sie wieder zu ihm. »Das schmeckt viel besser«, sagte sie aufmunternd.
    »Was soll das, Jailyn? Du willst dem nicht wirklich was von unserem Wasser abgeben. Wahrscheinlich stirbt er ohnehin!«, stieß einer der Jungen hervor.
    »Wär’s da denn schade drum?« Sein Freund grinste. Sein rötliches Haar war stumpf von dem Wüstenstaub.
    »Wahrscheinlich nicht«, gab Kiyoshi zu. Seine Stimme klang rau und kraftlos.
    »Er ist wach!« Jailyn konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, doch die beiden Jungen tauschten einen Blick, der verriet, dass sie alles andere als begeistert waren.
    Kiyoshi drehte den Kopf zur anderen Seite. Hatte er eben noch die Wüste an sich vorbeiziehen sehen, so drückte der Käfig auf dieser Seite gegen den Pelz einer Kreatur, die er nicht identifizieren konnte. Vor und hinter dem Käfig konnte er die langen Beine des Wesens und breite Füße mit verhornten Zehen erkennen. Der Käfig war mit vielen Seilen gesichert, die über dem Rücken des Tieres festgezurrt waren. Noch stand das Geschöpf still, nachdem es auf das Signal zum Mittag hin angehalten hatte. Wie die Gefangenen erhielten auch die Tiere Wasser zur Stärkung.
    Peitschenschläge und der lang gezogene Ton eines Horns verkündeten den Aufbruch. Ein Ruck ging durch den Käfig und das Lasttier setzte schwerfällig einen Fuß vor den anderen. »Wir sind wohl bald da«, stellte der Junge fest, der ihn zuerst angesprochen hatte. Er war etwas kleiner als der andere, die zusammengekauerte Haltung fiel ihm leichter.
    Der Rothaarige nickte zustimmend. »Die haben es ganz schön eilig. Keine Pausen mehr und statt einer langen Rast zum Mittag nur ein kurzes Luftholen.«
    »Wie lange seid ihr schon gefangen?«, fragte Kiyoshi und räusperte sich, um das unangenehm kratzige Gefühl im Hals loszuwerden.
    »Seit drei Tagen«, kam die Antwort mit düsterer Stimme.
    »Wohin …?« Wieder versagte ihm die Stimme.
    »Trink erst mal«, schlug das Mädchen vor und hielt ihm den Krug hin. Kiyoshi schaffte es, sich ein kleines Stück aufzurichten, und stillte seinen Durst mit dem klaren Wasser, das frischer schmeckte und die Schmerzen in seiner Kehle linderte.
    »Wohin wir reisen?«, griff der Kleine seine Frage grimmig auf. Kiyoshi brachte ein mattes Nicken zustande.
    »In die Minen«, antwortete der Junge.
    Die Worte schienen ihm wieder alle Luft zum Atmen zu nehmen. Er wusste nicht viel über die Minen, nur dass man dort nicht lange überlebte, wenn man einmal zur Zwangsarbeit hingebracht wurde. Die Minen waren zu weit von der Stadt entfernt, als dass der Kaiser seine Krieger ausgesandt hätte, um die Söldnerclans unter Kontrolle zu bringen. Und gerade jetzt, wo so viele Jugendliche aus der Stadt verbannt wurden, schienen die Söldner Beute gewittert zu haben. Keiner würde nach den Jugendlichen fragen, keiner sie vermissen – sie waren die idealen Arbeiter für den Mouranclan, der die meisten der Minen beherrschte.
    »Und? Wie kommt der Prinz der

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