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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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viel Zeit verstrichen war, als er schließlich doch die Augen aufschlug. Ein Schatten beugte sich über ihn und es dauerte einige Momente, bis er die Gestalt erkennen konnte.
    »Ich wusste es!«, presste jemand hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. »Er ist es!«
    »Lass ihn, Jailyn, er ist die Mühe nicht wert!«, fügte eine zweite Stimme hinzu.
    Kiyoshi versuchte, das Mädchengesicht, das sich über ihn gebeugt hatte, genauer zu erkennen. Sie konnte nicht älter sein als er, aber in ihren Augen stand etwas Schwermütiges. »Er ist verletzt«, sagte sie leise.
    »Seine eigene Schuld«, sagte eine dritte Stimme und Kiyoshi drehte vorsichtig den Kopf.
    Neben dem Mädchen kauerten zwei Jungen auf dem Boden. Aufrichten konnten sie sich nicht, direkt über ihren Köpfen befand sich ein Gitter, ebenso wie in ihren Rücken.
    Erst jetzt nahm er das gleichmäßige Schaukeln wahr und er sah, wie hinter den Gitterstäben die Wüste vorbeizog.
    Sie bewegten sich. Kiyoshi spürte, wie Panik in ihm aufstieg. Wo war er? Was war geschehen?
    Er versuchte, sich aufzurichten, sank aber stöhnend wieder auf den Boden, der ebenfalls aus gekreuzten Stäben bestand. Sie befanden sich in einem Käfig, einem hängenden Käfig, der etwa einen Meter über dem Wüstenboden getragen wurde.
    Die Jungen ließen ihn nicht aus den Augen. Ihre Blicke waren finster, ihre Kleidung wirkte abgerissen. Einer kam ihm bekannt vor, als hätte er ihn irgendwann schon einmal gesehen. Irgendwo. Aber ihm fehlte die Kraft, sich darauf zu konzentrieren. Seine Lider waren so schwer.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte das Mädchen. Zögernd hatte sie eine Hand ausgestreckt und strich ihm die schwarzen Haare aus der Stirn. Ihre Hände waren angenehm kühl. Müde schloss er wieder die Augen. Seine Zunge fühlte sich schwer und aufgequollen an, sein Hals war rau vor Durst. Kein Wort kam über seine aufgesprungenen Lippen.
    »Hey, Jailyn!«, brauste einer der Jungen auf.
    »Du musst trinken«, flüsterte das Mädchen und schob ihre Hand unter seinen Kopf, um ihn zu stützen. Vorsichtig richtete sie ihn auf und setzte ihm einen Becher mit lauwarmem Wasser an die Lippen.
    »Ach, dafür hast du das Wasser aufgehoben«, stöhnte der andere Junge. »Ausgerechnet für den!«
    Das Schlucken kostete Mühe. Kiyoshi versuchte, den Hustenreiz zu unterdrücken, und trank, ohne auf den abgestandenen Geschmack zu achten. Das Wasser tat gut. Fast augenblicklich fühlte er sich besser.
    »Das wäre jetzt aber nicht nötig gewesen«, stellte einer der Jungen fest.
    Das Mädchen ließ Kiyoshis Kopf sanft wieder auf das Gitter sinken. »Er ist auch nur ein Mensch«, verteidigte sie ihn. »Und jetzt braucht er unsere Hilfe.«
    »Und was hat er gemacht, als wir seine Hilfe brauchten?« Seine zornige Stimme dröhnte in Kiyoshis Kopf, als würde jemand auf ihn einhämmern. Er hörte nicht, was das Mädchen erwiderte. Ihre Worte gingen in einem lang gezogenen, klagenden Ton unter, der gleich darauf erneut erklang.
    »Mittagspause«, stellte ein Junge fest.
    Kiyoshi versuchte erneut, sich aufzurichten, aber er wurde grob auf den Gitterboden zurückgestoßen. »Bleib liegen«, zischte der Junge. »Solange du verletzt bist, ist die Wasserration größer!«
    Kiyoshi gehorchte. Erschöpft schloss er die Augen und langsam begriff er, wo er sich befand. Seine Flucht aus der Stadt kam ihm wieder in Erinnerung. »Marje …« Es war eher ein Gedanke als etwas, das er tatsächlich aussprach. Hoffentlich hatte sie es geschafft, den Echsenreitern zu entkommen.
    Stöhnend ließ er den Kopf zur Seite rollen und spürte gleich darauf einen heftigen Schmerz, als seine Wange auf einen Gitterstab traf. Der Faustschlag des einen Söldners fiel ihm wieder ein, danach waren alle Erinnerungen wie ausgelöscht.
    Schwere Schritte, die von einem gleichmäßigen Rasseln von Ketten und einem intensiven Geruch nach fauligem Fleisch begleitet wurden, rissen ihn aus seinen Gedanken.
    Blinzelnd öffnete er die Augen und spähte unter den Wimpern hervor. Direkt neben ihm am Gitter war ein riesiges Auge erschienen, das zu einer großen Echse gehörte. Ihr Kopf war flach, die hellgrünen Augen mit den roten und stechend gelben Flecken um die schwarze Pupille befanden sich an den Seiten und wurden von einem dünnen, durchsichtigen Lid gegen den Sand geschützt. Die sichelförmige Pupille richtete ihren Blick auf ihn.
    Kiyoshi war sich nicht sicher, ob die Essjiar sah, dass er wach war, und noch weniger konnte er

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