SB 122 – Gefangene der SOL
erst ein wenig Zeit verstreichen?«
»Wir haben keine Zeit«, entgegnete Faddon. »Wer weiß, wie schnell das Schiff fliegt und wann es Kran erreicht. Womöglich sind wir innerhalb weniger Stunden dort.«
»Dann los«, bestimmte Scoutie. »Wo sollen wir nach Beweisen suchen? Und nach ...« Sie zögerte einen Augenblick. »... nach Spuren unserer Vorfahren.«
Sie dachte an das Wrack auf Kranenfalle. In der Zentrale, für die Ewigkeit konserviert, hatten sie den Körper eines Mannes gefunden, dessen Haut aus einer einzigen kompakten Buhrlonarbe bestand.
»Wir sollen das technische Personal nicht sehen«, erinnerte Scoutie. »Mein Vorschlag: Wir suchen genau dort nach Spuren, wo sich das technische Personal aufhalten kann.«
»Wenn dies die SOL ist, was haben wir dann auf Kranenfalle gefunden?«, überlegte Faddon.
»Das wird sich herausstellen.«
In dem Wrack – soweit sie es hatten untersuchen können – hatten die Maschinenanlagen unterhalb der Zentrale gelegen. Die Richtung, in der die Betschiden vordringen mussten, war damit vorgegeben.
In einem Antigravschacht sanken sie mindestens einhundert Meter abwärts. Niemand begegnete ihnen.
In den Korridoren hatte es einmal Laufbänder gegeben, doch waren diese inzwischen außer Funktion.
»Es ist seltsam still«, bemerkte Faddon. »Und unglaublich leer.«
Ihre Schritte hallten von den Wänden wider. Es gab Sauerstoff und Licht, und es war angenehm warm – dennoch fröstelte Scoutie. Weil sie sich davor fürchtete, tatsächlich die SOL gefunden zu haben, aber auch davor, womöglich den Gegenbeweis zu finden.
Die Räume zu beiden Seiten des Korridors waren nicht verschlossen. Leere Kammern ohne Mobiliar und ohne erkennbaren Zweck.
»Irgendwie gespenstisch«, meinte Scoutie. »Ein Riesenschiff mit sehr wenig Besatzung. Ob das so sein muss?«
»Vielleicht liegt es daran, dass die Ernte der Spoodies möglichst wenig Zuschauer haben soll. Was weiß ich.«
Es dauerte lang, bis sie endlich etwas fanden. Es war eine Kritzelei an der Wand.
»Sieht aus wie eine Zeichnung des Schiffes, sehr grob, aber noch einigermaßen deutlich«, sagte Scoutie. »Kannst du lesen, was daneben steht?«
Die Buchstaben waren verwischt. »Es könnte SOL heißen«, sagte Brether Faddon. »Sicher bin ich mir jedoch nicht.«
In einem anderen Raum fanden sie Kleidungsstücke, deren Besitzer eine ähnliche Statur gehabt haben musste wie Faddon. Festzustellen, ob die Kleidung erst seit Jahren oder schon seit Jahrhunderten da lag, war unmöglich.
Sie gingen weiter. Nach ein paar Metern stieß Scoutie einen unterdrückten Schmerzenslaut aus. »Ich habe mir den Knöchel verstaucht.«
»Lass mich sehen!«, bat Faddon. Er kniete neben Scoutie nieder. Vorsichtig betastete er den rechten Knöchel. »Sieht harmlos aus«, stellte er fest.
Aus einem Seitengang kam ein Mann. Er grüßte gedankenverloren und ging weiter.
»Heiliges All«, stieß Faddon hervor und stand auf. »Hast du das gesehen?«
»Also doch«, murmelte Scoutie. »Wir haben sie gefunden. Wenn der Mann kein Betschide ist, dann will ich nicht länger Scoutie heißen.«
»Es scheint etliche Betschiden an Bord zu geben. Sonst wäre er nicht einfach an uns vorbeigegangen.«
»Wir sehen dort nach, wo er hergekommen ist.« Scoutie trat probeweise auf. Ein wenig verzog sie das Gesicht dabei. »Nicht sehr gut, aber ich werde laufen können.«
Der Mann schien aus der Richtung gekommen zu sein, die Scoutie und Faddon ohnehin eingeschlagen hatten. Vor einem schweren Stahlschott blieben beide stehen.
Scoutie streckte die Hand nach dem Impulsgeber aus, der das Schott auf Handdruck öffnete. Sie zögerte einen Moment, dann legte sie die Hand auf die vorgezeichnete Fläche.
Geräuschlos glitt das Schott zur Seite.
An Bord eines so gewaltigen Schiffes musste es Hunderte Räume geben, die mit Maschinen vollgepackt waren. Um was für Anlagen es sich in diesem Fall handelte, vermochten Scoutie und ihr Begleiter nicht abzuschätzen. Sie standen auf einer Brüstung. Auf der Seite ihnen gegenüber führte eine Treppe zum Boden der Halle hinab.
Mehr als ein Dutzend Männer und Frauen hantierten an einem Aggregat, dessen Verkleidung entfernt worden war.
»Betschiden!« Scoutie lächelte Faddon an. So glücklich wie in diesem Augenblick hatte sie sich nie zuvor gefühlt. Endlich war die Verbindung zwischen den Bewohnern von Chircool und der Heimat ihrer Vorfahren, dem Generationenschiff SOL, wiederhergestellt.
»Das kann nur das
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