SB 122 – Gefangene der SOL
gab es keine tätliche Auseinandersetzung.«
»Ach!«, machte der Grünschuppige. »Und wie erklärst du dir, dass Wyskynen tot ist und Cylam möglicherweise ebenfalls sterben wird?«
»Ich weiß nicht, was vorgefallen ist«, sagte der Vierbeiner nachdenklich. »Aber etwas ist faul an dieser Angelegenheit.« Er sah die Betschiden aufmerksam an. »Wir werden uns darum kümmern. Jeder von uns hat die beiden gekannt, und viele haben Cylam verehrt.«
Die Eröffnungszeremonie würde in einer Stunde beginnen. Längst drängten sich die Schaulustigen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt.
Das Gebäude, auf dessen unterstem Balkon Herzog Gu erscheinen sollte, wurde streng bewacht. Der Saal, in den der Herzog und seine Begleiter geführt wurden, war zusätzlich abgesichert. Gu konnte sich dem Stadtverwalter Tarnis gegenüber eine spöttische Bemerkung nicht verkneifen. Tarnis sah den Herzog nur verwundert an. Hargamäis und Marnz, die beiden anderen, ebenfalls von Kran aus eingesetzten Stadtverwalter, wandten sich hastig den kalten Platten zu.
Gu fragte sich, ob seine Maskerade tatsächlich so wirksam war oder ob alle, die in Couhrs-Yot das Sagen hatten, ihr rechtes Augenmaß vermissten. Wie konnten diese Leute nur annehmen, dass er sich über die offensichtlichen Missstände hinwegtäuschen ließ?
»Wo sind die Betschiden?«, fragte er ungeduldig. »Ich habe von ihnen gehört und will sie sehen!«
»Sie sind einfache Rekruten«, sagte Tarnis abwehrend.
Auch Grofler, der Chef der Schutzgarde, war plötzlich zur Stelle. »Warum willst du gerade diese drei sehen? Sie werden bei der Lugosiade kaum eine besondere Rolle spielen.«
»Diese einfachen Rekruten haben für beträchtlichen Wirbel gesorgt«, bemerkte Herzog Gu spöttisch. »Sie haben allem Anschein nach eine besondere Begabung dafür, verdeckte Missstände urplötzlich ans Licht zu befördern.«
Grofler sträubte sich vor Schreck das Fell, und Tarnis erweckte den Anschein, als würde er gleich ohnmächtig in sich zusammensinken.
»Gehen wir!« Gu gab seinem Gefolge einen Wink.
Die Betschiden standen nicht weit entfernt. Obwohl viele Leute um sie herumwimmelten und auf sie einredeten, erweckten sie den Anschein, als fühlten sie sich einsam. Langsam ging Herzog Gu auf die drei zu.
Scoutie, Surfo Mallagan und Brether Faddon wussten nicht recht, was sie davon halten sollten, dass Herzog Gu mit ihnen reden wollte. Jedenfalls waren sie überraschend im Haus der Kämpfer abgeholt worden. Nun standen sie in einem großen Saal, in dem sich Hunderte drängten, und Op und ein paar andere redeten aufgeregt auf sie ein.
Offenbar ging es diesen Leuten darum, dass die Betschiden dem Herzog nichts von der Entführung erzählten. Am besten wäre es, hatte man sie aufgefordert, wenn sie überhaupt den Mund hielten und auf Fragen möglichst kurz antworteten. Den Verantwortlichen von Couhrs schien es peinlich zu sein, dass die Bruderschaft sich bemerkbar gemacht hatte.
Schließlich kam Herzog Gu. Infolge der Warnungen und Ratschläge hatten die Betschiden schon eine bestimmte Vorstellung von diesem Mann. Nun aber sahen sie sich einem kleinwüchsigen, bunt herausgeputzten Kranen gegenüber, der sich recht affektiert benahm. Sie waren enttäuscht.
»Das sind die Betschiden«, stellte Grofler sie überschwänglich vor. »Sie werden gern all deine Fragen beantworten, Herzog.«
Gu bedachte den Chef der Schutzgarde mit einem seltsamen Blick und musterte dann die Menge ringsum.
Vielleicht wäre es ihm lieber, wenn er ohne Beobachter mit uns reden könnte, ging es Scoutie durch den Kopf.
Der Herzog wandte sich ihr zu. »Hat man euch gut untergebracht?«, fragte er.
»O ja«, erwiderte Scoutie.
Gu blickte Mallagan an. »Ihr fühlt euch wohl in dieser Stadt?«
»Wir haben bislang nicht viel von Couhrs-Yot gesehen.«
»Das kann ich mir denken.« Mit einem Seitenblick auf Grofler setzte der Herzog hinzu: »Schließlich musstet ihr euch auf die Lugosiade vorbereiten, nicht wahr?«
»So ist es«, bestätigte Mallagan.
»Was werdet ihr bei der Lugosiade tun?«
»Ich werde als Orakel auftreten!«, verkündete Mallagan.
Grofler, Op, Tarnis und einige weitere zuckten merklich zusammen. Nur Gu blieb ungerührt. Er betrachtete Mallagan mit offensichtlichem Interesse.
»Als Orakel«, wiederholte der Herzog. »Es ist meines Wissens das erste Mal, dass jemand sich eine solche Rolle anmaßt.«
»Ich will mich in keiner Weise mit dem Orakel von Krandhor vergleichen«,
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